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19. März 2018
Cash oder Rente? Der Glaubenskrieg beim Unternehmensverkauf

Cash oder Rente? Der Glaubenskrieg beim Unternehmensverkauf

Eine zunehmende Anzahl potenzieller Unternehmens- und Bestandserwerber tritt heute am Markt mit einer noch größeren Anzahl an Vergütungsmodellen für das Lebenswerk der Makler an. Jedem Veräußerer stellt sich somit die Frage, für welches Vergütungsmodell er sich entscheiden soll. Die folgende Analyse von Dr. Stefan G. Adams, geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Adams & Associates GmbH & Co. KG, will einen Beitrag zur Entscheidungsfindung bringen.

Steht ein Unternehmensverkauf an, müssen viele Entscheidungen getroffen werden. Das Vergütungsmodell für das Lebenswerk des Maklers ist dabei eine der wichtigen Fragen. Im heute gebotenen Vergütungsspektrum lassen sich vier grundsätzliche Differenzierungen erkennen:

  • Kaufpreisvergütung mit dem wirtschaftlichen Übergang vom Unternehmen bzw. Bestand,
  • ratierliche Bezahlung des Kaufpreises über mehrere Jahre,
  • Leibrentenmodelle mit dauerhafter Vergütung bis zum Lebensende,
  • dauerhafte Beteiligung an Bestandsprovisionen.

Welche Vor- und Nachteile haben diese Modelle insbesondere aus Verkäufersicht?

Die unmittelbare Vergütung

Die unmittelbare Vergütung – eingeschlossen sind Modelle mit bis zu drei Kaufpreisraten in einem überschaubaren Zeitrahmen – führt zu einem „sofortigen“ Liquiditätszufluss beim Verkäufer. Die unternehmerische Verantwortung wird mit dem Übergang vollständig abgegeben, und sofern Sicherheiten seitens des Erwerbers für die Restraten zur Verfügung stehen, ist der Preis für das Lebenswerk quasi „inkassiert“. Die Steuerzahlungen sind heute noch erträglich, insbesondere solange die Politik das Teileinkünfteverfahren oder Steuerfreibeträge (ab 55) nicht abschafft. Das Vergütungsmodell greift nur bei bonitätsstarken Erwerbern, die entweder aus dem Cashflow oder mittels einer Bankfinanzierung bzw. anderer Investitionsmittel den Kaufpreis zeitnah bedienen können.

Die ratierliche Bezahlung des Kaufpreises

Die ratierliche Bezahlung des Kaufpreises über fünf oder zehn Jahre beinhaltet de facto ein Verkäuferdarlehen an den Erwerber, der keine Bankfinanzierung möchte oder keine erhält, aber den sofortigen wirtschaftlichen Übergang beabsichtigt. Aus Verkäufersicht ein riskantes Modell mit Kumulrisiko, das auch aus steuerlichen Erwägungen nachteilig für den Verkäufer sein kann, da das Finanzamt leider kein Zuflussprinzip kennt und somit den gesamten Kaufpreis sofort besteuert. Ein Abrieb des Bestandes führt meist linear zu geringerer Kaufpreisvergütung als geplant – ohne echte Handlungsoption für den Verkäufer.

Leibrentenmodelle

Leibrentenmodelle, gerne von branchenfernen Beratern als Option in die Diskussion eingebracht, sind zunächst aus der Distanz betrachtet für Veräußerer wie für Erwerber attraktiv: dauerhafte Zahlungen für den Verkäufer und geringer Liquiditätsabfluss bei voller unternehmerischer Entscheidungsfreiheit für den Erwerber. (Anmerkung: Häufig werden die Leibrentenmodelle von den Finanzbehörden im Nachgang als Umgehungstatbestand bewertet und die Steuern auf den gesamten Kaufpreis werden sofort vom Finanzamt beim Verkäufer eingefordert). Eine scheinbar attraktive Variante, wenn der Erwerber die zur Rentenzahlung notwendigen Gewinne dauerhaft erwirtschaftet und die Leibrente zehn, 20 oder 30 Jahre bezahlen kann. Die Frage, ob das erwerbende klein- oder mittelständische Unternehmen eine Halbwertzeit von mehreren Jahrzehnten hat, müssen sich Erwerber und Verkäufer jeweils selbst stellen. Der Erwerber, weil er eine fixe Zahlungsverpflichtung für meist mehrere Jahrzehnte eingeht, und der Verkäufer, weil er dauerhaft, das heißt bis zu seinem Lebensende, Gläubiger eines nicht institutionellen Kleinunternehmens wird.

Die dauerhafte Beteiligung des Verkäufers an den Courtagen

Die dauerhafte Beteiligung an Courtagen ist das heute am meisten von potenziellen Käufern beworbene Vergütungsmodell. Pools, Dienstleister, Maklerunternehmen und Kapitalinvestoren favorisieren dieses Modell, das häufig mit der Leibrente verwechselt wird. In der Regel beinhaltet es aber keinen fixen Rentenbetrag, sondern eine jährliche Beteiligung an den jeweiligen Bestandsfolgeprovisionen. Als Schlüsselargument wird angeführt, dass der Verkäufer einen Anteil aus den erarbeiteten Bestandscourtagen zeitlich unlimitiert und ohne eigenen Arbeitseinsatz erhält.

In der Praxis zeigt sich, dass Bestände, die nur noch rudimentär betreut werden können – schließlich teilt der Erwerber sich die Courtagen und damit auch den Gewinn dauerhaft mit einem Rentier –, deutlich schneller erodieren als vollumfänglich und serviceorientiert betreute Bestände. Auch die vorsätzliche Erosion des Bestands, beispielsweise durch Umdeckung durch einen Folgebetreuer, kennt und fürchtet jeder erfahrene Makler, der als Verkäufer immer noch voll im Risiko steht. Die dauerhafte Beteiligung am Lebenswerk kann dann schnell gegen null Euro gehen, womit auch Erben leer ausgehen. Bei diesen Modellen sollte jeder Verkäufer konservativ und risikoavers mit spitzem Bleistift nachrechnen und berücksichtigen, dass der „Courtage-Kuchen“ betriebswirtschaftlich sinnvoll leider immer nur einmal verteilt werden kann.

Wie sind die Modelle zu bewerten?

Jedes der angebotenen Vergütungsmodelle hat seine Vor- und Nachteile, die nach der individuellen Risikofreudigkeit bewertet werden sollten. Wer als Veräußerer das Risiko ausbleibender Leibrentenzahlungen infolge von Insolvenz oder Vorsatz nicht scheut, kann, wenn er mit seiner Lebensdauer die aktuellen Mortalitätstabellen „schlägt“, theoretisch einen attraktiven Kaufpreis erzielen. Bedenken hinsichtlich des wie immer begründeten Ausfalls von Rentenzahlungen darf dieser Langzeitgläubiger keinesfalls hegen. Der Erwerber wiederum sollte hoffen, dass die steigende Langlebigkeit nicht sein Kalkula­tionsmodell zunichtemacht – da er alle Reaktionsoptionen bis zur gewollten Insolvenz hat, liegen die Vorteile aber deutlich auf seiner Seite. Ähnliches gilt bei der dauerhaften Beteiligung an Folgecourtagen. Kommt es zu keiner Erosion der Bestandscourtage, etwa durch die oben dargestellten Entwicklungen, und ist der Betreuer des Bestandes, obwohl die ganze Arbeit bei ihm anfällt, dauerhaft mit einem kleineren Anteil an der Courtage zufrieden, so kann die Rechnung für den Verkäufer aufgehen. Für Erwerber geht die Rechnung allemal auf, da diese den unmittelbaren Zugriff auf den Bestand mit allen (auch den zweifelhaften) Handlungsoptionen haben.

Die angesprochenen Risiken und Unwägbarkeiten sind bei der sofortigen Vergütung des Kaufpreises durch einen Erwerber nicht vorhanden. Werden eventuell später zahlbare Kaufpreisraten entsprechend abgesichert, so hat der Verkäufer eine hohe Planungssicherheit.

Fazit: „Cash is King“

Nach der fast zwanzigjährigen Erfahrung des Beratungsunternehmens Dr. Adams in der Nachfolgeberatung gilt heute mehr denn je die Weisheit: „Cash is King“. Bei annähernd 100% der Dr. Adams-Beratungsmandate beabsichtigen die Verkäufer, ihr Lebenswerk sofort zu versilbern und kein weiteres unternehmerisches Risiko zu tragen. Der Tipp lautet meist: Wer für sein Lebenswerk laufende Rentenzahlungen erhalten möchte, sollte auf die Leibrentenverträge bei bonitätsstarken Versicherern setzen, anstatt sein wirtschaftliches Wohlergehen als Rentner in die Hände von Kleinunternehmen oder Dienstleistern zu legen. Die weit überwiegende Mehrheit der Verkäufer berücksichtigt dies allerdings erfahrungsgemäß seit Jahren, minimiert somit das eigene Risiko und schläft deutlich ruhiger.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 03/2018, Seite 92 f.
 
Ein Artikel von
Dr. Stefan G. Adams