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17. November 2017
Deutsche Nachfrage nach D&O-Policen international auf Top-Niveau

Deutsche Nachfrage nach D&O-Policen international auf Top-Niveau

In Deutschland steigt die Nachfrage nach D&O-Versicherungen. Veränderte Rahmenbedingungen vergrößern die Risiken der Führungskräfte. Ulrich Schaller, Leiter Financeal & Speciality Markets bei QBE, Erst- und Rückversicherer mit langjähriger Erfahrung im Bereich D&O, stellt Entwicklungen und Trends dar.

Geschäftsführer und Manager treffen täglich Entscheidungen, die weitreichende Folgen für ihr Unternehmen, ihre Mitarbeiter und externe Stakeholder haben können. Aufgrund von nationalen und internationalen Regulierungen, immer komplexeren Entwicklungen hinsichtlich der rechtlichen Haftungssituation und einer über die Jahre gestiegenen Anspruchsmentalität fragen deutsche Unternehmen D&O-Versicherungen für ihre Manager seit Jahren auf einem sehr hohen Niveau nach. Mittlerweile ist der deutsche D&O-Markt, abgesehen von den USA, einer der größten weltweit. Prominente Schadenfälle, die in Branchen- und Wirtschaftsmedien große Aufmerksamkeit erzeugten, sorgen dafür, dass dieser Trend anhält und die Nachfrage weiter steigt. Auch die zunehmende Vernetzung und Verflechtung der Wirtschaft im Kontext der digitalen Transformation beschleunigt diese Entwicklung.

Die Situation der Unternehmenschefs

Unternehmensleiter finden sich in einer komplexen Situation wieder: Einerseits erwarten Gesellschafter und Aktionäre, dass ihre Entscheidungen für Wachstum und Gewinne sorgen. Auf der anderen Seite sind sie zunehmend dem Risiko ausgesetzt bei Fehlentscheidungen vom eigenen Unternehmen (Innenhaftung), aber auch von Dritten wie beispielsweise Wettbewerbern oder Behörden (Außenhaftung) in Anspruch genommen zu werden und mit ihrem Privatvermögen für den (vermeintlich) ver­ursachten Schaden zu haften. Mit einer Directors-and-Officers-Versicherung (D&O) können sich Manager schützen. Diese deckt die Anwalts- und Gerichtskosten bei unbegründeten Ansprüchen und den Schadenausgleich für den Fall berechtigter Haftungsansprüche ab.

Steigende Risiken für die Führungsebene

Im Zeitalter der Digitalisierung gewinnen Vermögensschadenshaftpflichtversicherungen und somit auch die D&O-Versicherung immer mehr an Bedeutung. Eine zunehmende Automatisierung, Rationalisierungsprozesse, neue Geschäftsfelder und die damit einhergehenden Chancen, aber auch Risiken führen zu einem immer breiteren Verantwortungsbereich für Unternehmensleiter. In bestimmten Branchen wie dem Finanzdienstleistungsbereich haben die regulatorischen Anforderungen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, wobei die Bestimmungen in immer kürzerer Zeit umgesetzt werden müssen. Die Folge: Manager bewegen sich heute in einem deutlich risikoreicheren Umfeld als in der Vergangenheit. So ist es wenig verwunderlich, dass heute nicht mehr nur die großen Dax- oder MDax-Unternehmen D&O-Versicherungen abschließen. Neben solchen Großkunden hat sich die D&O-Versicherung auch im Management von mittelständischen Unternehmen längst etabliert. Dabei geht es bekanntlich nicht mehr nur um die Absicherung des Top-Managements. Der Kreis der versicherten Personen wächst seit Jahren, leitende Angestellte und Mitarbeiter mit Schlüsselfunktionen im Unternehmen werden mittlerweile ebenfalls mit eingeschlossen. Durchaus berechtigte kritische Stimmen hierzu sind jedoch nur vereinzelt zu vernehmen.

Der richtige Schutz ist wichtig

Verstößt die Führungsriege gegen ihre Sorgfaltspflichten und dem Unternehmen entsteht ein Schaden, können Führungskräfte persönlich zur Rechenschaft gezogen werden. Unternehmensleiter werden nicht selten von der eigenen Firma aufgrund von vermeintlichen Pflichtverletzungen zur Verantwortung gezogen. Gründe dafür können beispielsweise fehlerhafte Vertragsgestaltungen oder Kalkulationen sein, eine unkorrekte Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber Dritten oder verspätete Entscheidungen, durch die dem Unternehmen hohe Folgekosten entstehen. Viele Manager sind sich mittlerweile der Konsequenzen möglicher Fehlentscheidungen bewusst und haben sich mit dem Thema D&O-Versicherung auseinandergesetzt. Diese Entwicklung ist an der Anzahl der im Markt abgeschlossenen Verträge und der Zahl der Versicherungsgesellschaften, die dieses Produkt anbieten, deutlich sichtbar. Je nach Definition und Abgrenzung wird das jährliche Prämienvolumen auf 600 bis 700 Mio. Euro geschätzt. Dieses ist auf rund 40 Wettbewerber verteilt, die mit lokalen Büros im deutschen Markt aktiv sind. Hinzu kommen Gesellschaften, die aus dem europäischen Ausland auf FOS-Basis deutsche Risiken zeichnen.

Bei einer solch großen Auswahl ist es für den Kunden umso wichtiger, aus der breiten Masse den richtigen Versicherungsschutz für die individuellen Ansprüche herauszufiltern. Die abzusichernden Risiken sind schließlich sehr vielfältig und hängen von den jeweiligen Unternehmensstrukturen ab. Beispielsweise sind die Anforderungen an das Management einer inhabergeführten GmbH deutlich andere als die an den Vorstand eines Unternehmens, das einen Börsengang plant, oder eines multinationalen Konzerns, der breit diversifiziert und im Ausland aktiv ist. Verantwortungsvolles, nachhaltiges Managementhandeln spielt zweifellos für den Erfolg all dieser Unternehmensformen eine wichtige Rolle. Genauso aber die Freiheit, mutige Entscheidungen zu treffen, Innovationskraft zu entfalten und die Entwicklung des Unternehmens im Wettbewerb positiv zu gestalten. Ein passgenauer Versicherungsschutz ermöglicht es Managern, sich voll auf ihre Kernaufgabe zu konzentrieren: die Führung des Unternehmens nach bestem Wissen und Gewissen.

Um im Schadenfall keine bösen Überraschungen zu erleben, sind bei der Auswahl einer D&O-Versicherung folgende Faktoren ausschlaggebend:

1. eine ausreichend hohe Versicherungssumme

2. die Qualität und Transparenz der Versicherungsbedingungen

3. das lokale Schadenhandling durch den Versicherer

4. die Finanzkraft des Versicherers

Die Kosten für die D&O-Versicherung variieren hierbei abhängig von unterschiedlichen Faktoren wie zum Beispiel von der Größe des Unternehmens, der jeweiligen Branche, der vereinbarten Versicherungssumme oder dem Deckungsumfang der Versicherung.

Von Ausnahmen abgesehen, etwa für Unternehmen aus der Finanzbranche, war der D&O-Markt in den vergangenen Jahren durch sinkende Prämienniveaus geprägt. Zuletzt gab es allerdings vereinzelt gegenläufige Tendenzen. Hierfür sind vor allem die wachsenden Risikopotenziale und hohe Schadensummen bei einzelnen D&O-Fällen verantwortlich. Noch ist nicht abzusehen, ob damit bereits eine Trendwende eingeleitet ist, die langfristig zu einem steigenden Prämienniveau führen wird. Folgende D&O-Trends sind dagegen bereits deutlich zu beobachten:

  • Aufgrund des preislich sehr attraktiven Marktumfelds erhöhten zahlreiche Kunden bereits die Versicherungssummen oder denken aktuell über eine Erhöhung nach.
  • Unter anderem bedingt durch den zunehmenden Kostendruck nehmen Bündelungen von Risiken durch Makler, angefangen beim Gewerbesegment bis hin zum unteren Mittelstand („Facilities“), weiter zu.
  • Ausbau von Maklerportalen hin zu einer digitalen Einbindung der Versicherer, Abwicklung von Underwriting- und Administrationsprozessen über diese Plattformen für Gewerbekunden und das Mittelstandssegment.
  • Ein anhaltender Trend zur Weiterentwicklung von D&O-Versicherungsbedingungen, obgleich der Mehrwert einzelner aktueller Deckungserweiterungen für den Kunden durchaus diskutiert werden kann.

Den Artikel finden Sie auch in AssCompact 11/2017, Seite 34 f.

 
Ein Artikel von
Ulrich Schaller