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19. November 2018
Digitale Gutachtenerstellung funktioniert schon heute

Digitale Gutachtenerstellung funktioniert schon heute

Aufgrund neuer Technologien wandelt sich auch die Schadenabwicklung. Die virtuelle Fahrzeugbesichtigung ist dabei ein wichtiger Punkt auf dem Weg zu einer Schadenregulierung in Echtzeit. Dass die digitale Gutachtenerstellung keine Zukunftsmusik mehr ist, erläutert Nicolas Witte, Geschäftsführer der ControlExpert GmbH.

Es gibt nur wenige Lebensbereiche, die eine so starke Auswirkung auf unsere Lebenswelt haben wie die Mobilität, autonomes Fahren, das Geschäftsmodell rund um selbstfahrende Autos, Hochgeschwindigkeitszüge usw. Wirft man einen Blick auf den Melde- und Abwicklungsprozess eines Kfz-Schadens, stellt man fest, dass dieser häufig noch der gleiche ist wie vor Jahrzehnten. Dabei bieten neue Technologien wie automatische Bilderkennung, Telematik und künstliche Intelligenz viele Vorteile bei der Schadenabwicklung. ControlExpert arbeitet an der Vision, dass Autofahrer auf der ganzen Welt einen Kfz-Schaden am selben Tag fair abwickeln können – mithilfe von Technologie und Kfz-Sachverstand.

Ein Kfz-Sachverständiger legt im Rahmen der Besichtigung eines Schadens durchschnittlich 28 km zurück. Es vergehen etwa zehn Tage vom Unfall bis zur Gutachtenerstellung. Die Rechnung eines Gutachters setzt sich in der Regel aus dem von der Schadenhöhe abhängigen Grundhonorar sowie Nebenkosten zusammen: Kosten für Fotos, Drucken, Telefon, EDV, Porto, Fahrten und Sonstiges. In Zeiten von Digitalisierung, künstlicher Intelligenz und sich rasant entwickelnder Technologien lässt sich eines feststellen: Der technologische Wandel ist am Gutachtenmarkt bislang komplett vorbeigegangen.

Die Herausforderung

ControlExpert ist der Überzeugung, dass eine persönliche Fahrzeugbesichtigung in Spezialfällen wichtig, aber insbesondere im Volumensegment nicht nötig ist. Seit über 16 Jahren automatisiert ControlExpert die manuellen Prozesse von Versicherungen, Leasinggesellschaften, Autohäusern und OEMs im Kfz-Bereich. Die Erkenntnisse aus über 9 Millionen erfolgreich verarbeiteten Vorgängen pro Jahr werden in Datenbanken standardisiert und das Wissen wird um Herstellerdaten sowie das Know-how von über 350 Kfz-Experten ergänzt. Zusätzlich forscht das Unternehmen mithilfe einer eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung an Lösungsansätzen, die die klassische Gutachten­erstellung revolutionieren.

Drei Technologien verändern die Versicherungsbranche

Die digitale Gutachtenerstellung funktioniert bei ControlExpert schon heute. Auf dem Weg dahin waren drei Schritte zu bewältigen:

1. Virtuelle Fahrzeugbesichtigung

Die erste große Veränderung ist, dass das beschädigte Auto nicht zwingend vor Ort besichtigt werden muss. Bei der virtuellen Variante meldet der Autofahrer seiner Versicherung einen Schaden. Anstatt einen Termin mit der Werkstatt zu vereinbaren oder lange auf einen Gutachter zu warten, kann der Kunde direkt vor Ort Bilder oder Videos in eine Web-App hochladen, die er von seiner Versicherung erhalten hat. Anhand dieser Daten kalkulieren Kfz-Experten von ControlExpert die voraussichtliche Schadenhöhe. Diese digitale Schadenabwicklung ist bereits bei vielen Versicherungsgesellschaften erfolgreich im Einsatz. Sollten die Kfz-Experten zu dem Ergebnis kommen, dass ein Gutachter sich den Schaden ansehen muss, wird die Versicherung sofort informiert. In den meisten Fällen zeigt sich aber, dass eine Besichtigung durch einen Gutachter nicht nötig ist. Der Kunde erhält innerhalb von zwei Stunden eine Kostenkalkulation und kann sich flexibel entscheiden, ob er den Betrag auszahlen oder eine Reparatur veranlassen möchte. Die virtuelle Fahrzeugbesichtigung vereinfacht und beschleunigt also den Prozess und schont nebenbei noch die Umwelt. Pro Jahr werden mehrere Tausend Tonnen CO2 eingespart, da die Fahrtstrecke für eine persönliche Besichtigung des Fahrzeugs vor Ort entfällt.

2. Automatische Bilderkennung

Noch digitaler wird der Prozess, wenn man die Erkenntnisse der Forschung und Entwicklung im Bereich der automatischen Bilderkennung einfließen lässt. Dank Deep Learning und intensiven Trainings mit Millionen von Schadenbildern können beschädigte Ersatzteile sowie der Beschädigungsgrad auf einem Schadenfoto erkannt werden. Darauf basierend ist die Entscheidung möglich, ob das Fahrzeugteil ausgetauscht oder instandgesetzt werden soll. Durch einen zusätzlichen Abgleich mit der Datenbank von ControlExpert lassen sich sofort die zugehörigen Reparaturkosten ermitteln.

3. Auswertung von Telematikdaten

Denkt man noch einen Schritt weiter, dann werden zukünftig selbst Fotos nicht mehr benötigt, um eine Schadenkalkulation zu erstellen. Alle für die Erstellung benötigten Informationen kommen dann vom Fahrzeug selbst, über die Auswertung der Telematikdaten. So wird beispielsweise im Falle eines Parkschadens der Geschädigte unmittelbar beim Entstehen des Schadens direkt über das Display seines Autos informiert, welche Fahrzeugteile beschädigt wurden und wie hoch der entstandene Schaden ist, und zwar über die Daten der Sensoren. Jedes moderne Auto verfügt schon heute über eine ganze Reihe von Sensoren. Diedamit gewonnenen Daten werden aufgezeichnet und stehen bei einem Unfall zur Verfügung. ControlExpert hat verschiedene Unfallszenarien nachgestellt und zusammen mit hieraus abgeleiteten Reparaturkalkulationen eigene Algorithmen trainiert. In diesen Modellversuchen wurden die bei einem Unfall durch Sensoren verfügbaren Daten, zum Beispiel die Vektoren, also Anstoßrichtung und Beschleunigung, an den Algorithmus übertragen. Dieser Algorithmus ermittelte auf Basis von Erfahrungswerten, welche Teile am Fahrzeug wie stark beschädigt waren, – und übergab diese Daten an ein Kalkulationsmodell von ControlExpert. Das Ergebnis: Die zu erwartenden Reparaturkosten lagen in Sekundenbruchteilen vor. In Kürze wird es möglich sein, bei einem Unfall den Schaden zu beziffern, noch bevor das Fahrzeug überhaupt zum Stehen kommt.

Praxiserprobte Vorteile

Insgesamt betrachtet liegen die Vorteile einer digitalen Gutachtenerstellung auf der Hand:

  • Digitaler End-to-End-Prozess
  • Steigerung der Kundenzufriedenheit
  • Klarheit über das Ausmaß des Schadens in Sekunden
  • Realtime-Regulierung
  • Bessere Beratungsmöglichkeiten für den Kunden
  • Transparenz für eine optimale Entscheidungsfindung
  • Erhöhung der Effizienz

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Team von ControlExpert an allen Stellschrauben dreht, um eine faire digitale Schadenabwicklung in Echtzeit umzusetzen. Dabei handelt es sich nicht um theoretische Modelle, sondern um einsetzbare Technologien, die von einigen Versicherungen auch schon genutzt werden.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2018, Seite 100 f.

 
Ein Artikel von
Nicolas Witte