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27. Januar 2016
Doppelte Beitragszahlung auf Direktversicherungen und Versorgungsbezüge: Ende in Sicht?

Doppelte Beitragszahlung auf Direktversicherungen und Versorgungsbezüge: Ende in Sicht?

Gesundheits- und Sozialrechtsexperten plädieren im Gesundheitsausschuss dafür, doppelte Beitragszahlungen zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge möglichst zu verhindern. So wird unter anderem vorgeschlagen, zur alten Regelung von vor 2004 mit der hälftigen Beitragspflicht zurückzukehren.

Die Fraktion Die Linke hatte in einem Antrag (Bt-Drs.: 18/6364 – abrufbar unter www.bundestag.de) gefordert, die doppelte Beitragszahlung auf Direktversicherungen und Versorgungsbezüge zu beenden. Sachverständige haben nun in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses am 27.01.2016 in Berlin bestätigt, dass die sogenannte Doppelverbeitragung für die Stärkung des Drei-Säulen-Modells von gesetzlicher, privater und betrieblicher Altersvorsorge nicht hilfreich sei. Weiter sprachen die angehörten Experten von einem komplexen System mit vielen unterschiedlichen Fallkonstellationen, das hinsichtlich der Sozialbeiträge inkonsistent und intransparent geregelt sei.

Doppelte Krankenversicherungsbeiträge: Betroffene fühlen sich betrogen

In ihrem Antrag schreiben die Abgeordneten, seit einer gesetzlichen Änderung im Jahre 2004 (GKV-Modernisierungsgesetz) unterlägen die aus einer Direktversicherung als Kapitallebensversicherung erbrachten Versorgungsbezüge der vollen Beitragspflicht in der GKV, die von den Rentnern allein zu tragen sei. Die Beiträge fielen oft auch dann an, wenn zuvor auf die erbrachten Versicherungsbeiträge schon GKV-Beiträge abgeführt worden seien. Im Ergebnis müssten Millionen von Versicherungsnehmern auf ihre Lebens- oder Rentenversicherungen doppelte Krankenversicherungsbeiträge zahlen. Die Betroffenen fühlten sich zurecht betrogen.

Überfälliger gesetzgeberischer Korrekturbedarf

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) wies in seiner Stellungnahme auf das „beitragsrechtliche Sonderopfer“ hin, das von Rentnern mit Versorgungsbezügen – zum Beispiel Renten aus einer betrieblichen Altersversorgung oder aus Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen für bestimmte Berufsgruppen – verlangt werde. Hier gebe es „lange überfälligen gesetzgeberischen Korrekturbedarf“. Das grundlegende Problem sei nicht die Doppelverbeitragung der Direktversicherungen und Versorgungsbezüge, sondern die Beitragshöhe und die Frage, wer den Beitrag trägt. Bei der gesetzlichen Rente übernehme die Rentenversicherung die Hälfte des allgemeinen GKV-Beitragssatzes. Eine solche Entlastung gebe es bei den Versorgungsbezügen nicht.

Vorschlag: Rückkehr zur hälftigen Beitragspflicht

Bis 2004 hätten die Rentner nur die Hälfte des Beitragssatzes zahlen müssen, seither jedoch den vollen Satz. Dieses „Sonderopfer“ werde auch nicht durch die Beitragsfreiheit bis zu 4% der Beitragsbemessungsgrenze in der Ansparphase der Versicherung ausgeglichen. Nach Ansicht des SoVD kann der jetzige Missstand durch die Rückkehr zur hälftigen Beitragspflicht aus den Versorgungsbezügen beseitigt werden. Dieser Ansicht schlossen sich gleich mehrere andere Experten in ihren Stellungnahmen an.

Der Arbeitgeberverband BDA hält die Forderung der Linken ebenfalls für richtig und folgerte: „Daher sollten tatsächlich vorliegende Fälle von Doppelverbeitragungen, insbesondere im Rahmen der Riesterförderung bei betrieblicher Altersvorsorge, beseitigt werden.“ So würden derzeit „bei Inanspruchnahme der Riesterförderung innerhalb der betrieblichen Altersvorsorge sowohl die Beiträge als auch die späteren Leistungen mit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen belastet“.

Keine belastbaren Daten vorhanden

Bei Direktversicherungsverträgen und Pensionskassenzusagen, die vor dem Jahresende 2004 begonnen hätten, könne es auch zu einer Doppelverbeitragung kommen, jedoch dürfte dies „eher ausnahmsweise als regelmäßig der Fall sein“. Belastbare Daten, wie viele Verträge von einer doppelten Beitragspflicht betroffen sind, erklärte der Arbeitgeberverband, fehlten allerdings. Eine gesetzliche Korrektur dürfte zudem angesichts der großen Zeiträume, um die es gehe, schwierig werden. Auf dieses Problem machten auch andere Experten aufmerksam.

Wann kommt es zu einer Doppelverbeitragung?

Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes sind Doppelverbeitragungen bei Versorgungsbezügen selten. Sie könnten zwar nicht ausgeschlossen werden, seien aber „atypisch“ und angesichts der geringen Menge „eher zu vernachlässigen“. Zu Doppelverbeitragungen könne es kommen, „wenn Arbeitnehmer über den maximalen Entgeltumwandlungsbetrag hinaus den Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung betreiben“. In der „klassischen“ Konstellation sei dies ausgeschlossen. Würde eine Doppelverbeitragung gesetzlich ausgeschlossen, wäre damit ein nicht unerheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand verbunden, warnte der Spitzenverband.

Ungleichbehandlung wird angeprangert

Mehrere Sachverständige machten auf die Ungleichbehandlung bei privat fortgeführten Direktversicherungen und Leistungen aus Pensionskassen aufmerksam. Während bei den Direktversicherungen nur jener Anteil mit Beiträgen belegt sei, der auf die Beitragszahlung im Beschäftigungsverhältnis zurückgehe, würden bei fortgeführten Pensionskassenverträgen immer Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung fällig. Dieser formalistisch begründete Unterschied sei nicht nachvollziehbar. (kb)

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