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2. August 2023
Duell in der Zinswende: Aktien und Anleihen im Zweikampf

Duell in der Zinswende: Aktien und Anleihen im Zweikampf

Die steigenden Zinsen und die hohe Inflation lassen Anleger zweimal nachdenken, wo das Investment landet. Zwei Klassiker bei der Geldanlage sind Aktien und Anleihen. Die Vermögensverwalter J.P. Morgan AM und PIMCO legen für AssCompact dar, was für die beiden Anlageklassen jeweils spricht.

Unsicheres Umfeld bietet Chancen bei festverzinslichen Wertpapieren
Ein Beitrag von Nicola Mai, Experte für Staatsanleihen bei PIMCO

Die Fiskalpolitik hat die Weltwirtschaft in den letzten Jahren massiv gestützt. Diese Phase neigt sich nun ihrem Ende zu und es scheint, als würde sie sich auf absehbare Zeit nicht wiederholen. Im Zuge der Pandemie ist die Inflation weltweit gestiegen, die durch die Zentralbanken bekämpft wird. Den Zentralbanken wird allmählich bewusst, dass unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen nicht nur Nachteile haben, sondern gleichzeitig auch gewisse Vorteile mit sich bringen. Allerdings lässt die steigende Staatsverschuldung den Spielraum für zukünftige unterstützende Eingriffe bei zukünftigen Krisen deutlich kleiner werden.

Zunehmende Volatilität

Der kleiner werdende Spielraum wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass den Märkten nun eine Phase wirtschaftlicher Unsicherheit und verstärkter Volatilität bevorsteht. Kleinere und größere Nachbeben inklusive. Wir sind der Ansicht, dass das Risiko eines wirtschaftlichen Abschwungs in den kommenden fünf Jahren zunimmt. Aus diesem Grund bleibt unsere Anlagestrategie unverändert. Wir konzentrieren uns auf Investments mit hoher Qualität und Liquidität, während wir in sensibleren Marktbereichen vorsichtig agieren.

Anleihen für unsichere Zeiten: Diversifizierung, Kapitalerhalt und Aufwärtspotenzial

Ein unsicheres Umfeld ist in der Regel gut für festverzinsliche Wertpapiere, vor allem, nachdem die umfassende Neubewertung des Marktes im vergangenen Jahr die aktuellen Zinsniveaus deutlich nach oben getrieben hat. Diese sind historisch gesehen ein aussagekräftiger Indikator für Renditen. Das Renditepotenzial hochwertiger Anleihen liegt jetzt in der Nähe der längerfristigen Durchschnittswerte für Aktienrenditen – bei gleichzeitig deutlich geringerer Volatilität und besserem Schutz vor Kursverlusten im Vergleich zu Aktien. Wir sind der Meinung, dass Anleihen ihre traditionellen Qualitäten der Diversifizierung und des Kapitalerhalts wieder stärker zur Geltung bringen werden. Bei einer weiteren Verschlechterung der Wirtschaftslage besteht das Potenzial für eine positive Kursentwicklung. Anleger können dadurch auch mit widerstandsfähigen und krisenresistenten Portfolios vom Aufwärtspotenzial profitieren.

Risiken bei Aktien

Wir sind der Ansicht, dass die Anleihenmärkte die zu erwartende Volatilität in einer Weise einpreisen, wie es die Aktienmärkte nicht tun. Unserer Ansicht nach sind die Gewinnerwartungen für Unternehmen für die zweite Jahreshälfte 2023 und 2024 immer noch zu optimistisch. Die Aktienbewertungen in allen von uns beobachteten Kennzahlen erscheinen uns zu hoch. Wir denken nicht, dass Aktien in der Lage sind, die Konsenserwartungen zu erfüllen. Derzeit sind Anleihen im Vergleich zu Aktien günstig und erscheinen aufgrund der aktuellen Phase des Wirtschaftszyklus attraktiv.

Fazit: Diversifizierung, Kapitalerhalt und Aufwärtspotenziale von Anleihen

Die Rahmenbedingungen und wirtschaftlichen Aussichten untermauern unsere These, dass Anleger bei Aktien vorsichtig sein sollten, nach Qualität Ausschau halten und die Vorteile der Diversifizierung, des Kapitalerhalts und der Aufwärtspotenziale von Anleihen nutzen sollten.

Ertragsgenerierung im Portfolio durch die Aktienseite
Ein Beitrag von Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan AM

Eine solide Rallye globaler Aktien mit einem Plus von 6% im zweiten Quartal 2023 und ein noch beeindruckenderer Anstieg des Nasdaq um 14% im gleichen Zeitraum widerlegten die im März vorherrschende pessimistische Stimmung für Aktien. Die Märkte befürchteten im Frühjahr eine Ausweitung der Regionalbankkrise in den USA sowie deutlich strengere Kreditbedingungen. Dennoch konnten Aktien die Rentenpapiere hinter sich lassen. Auch wenn die Perspektiven für Anleihen in der Tat wieder sehr viel erfreulicher als in den vergangenen Jahren aussehen, sind wir davon überzeugt, dass der größte Part der Ertragsgenerierung für das Portfolio weiterhin von den Aktien kommen wird.

Rezessionsrisiko dämpft Sentiment

Es bleibt nach der aktuellen Rallye das Gefühl, dass Aktien entweder zu wenig korrigiert haben oder jüngst zu stark angestiegen sind, um heute einen Kauf zu rechtfertigen. So ist trotz größeren Aktienengagements von Euphorie keine Spur. Angesichts des erhöhten Rezessionsrisikos ist das anhaltend vorsichtige Sentiment nachvollziehbar.

Allerdings dürfte ein Teil des Gewinnabwertungszyklus nun hinter uns liegen. Die Prognosen für den weltweiten Gewinn pro Aktie für 2023 sind in den letzten zwölf Monaten um 10% von über 44 auf unter 40 US-Dollar gesunken. Dieser Rückgang entspricht in etwa den historischen Mustern für Gewinnrückgänge außerhalb einer Rezession.

Sollte es zu einer Rezession kommen, ist mit einem weiteren Gewinnrückgang zu rechnen. Wahrscheinlich würde ein Abschwung aber auch eine geldpolitische Reak­tion auslösen, die den Schaden begrenzen könnte. Darüber hinaus liegt das KGV von 17 für globale Aktien nahe dem langfristigen Durchschnitt, sodass die Auswirkungen negativer Gewinnrevisionen möglicherweise abgemildert werden.

In einem Konjunkturszenario mit einem unter dem Trend liegenden Wachstum und einer Abkühlung der Inflation könnten die Gewinnerwartungen und die Gewinne selbst wieder anziehen – wenn auch nur moderat. Aber die Anfänge eines Lageraufstockungszyklus, der Tiefpunkt mehrerer Zyklen, die mit den globalen Gewinnen zusammenfallen (z. B. der Halbleiterzyklus) und die robusten Unternehmens- und Verbraucherbilanzen lassen darauf schließen, dass die Gewinne im Laufe des Jahres für ein positives, wenn auch glanzloses Wachstum sorgen könnten.

Auf zukünftige Gewinn­steigerungen setzen

Auf aggregierter Ebene deutet dies auf ein Szenario der Aktienerträge im mittleren einstelligen Bereich hin – nicht genug, um Anleihen klar in die Schranken zu verweisen. Doch der Umstand, dass die Bewertungsschere zwischen Value-Aktien und Growth-Aktien wieder weit auseinander gegangen ist, bietet den Anlegerinnen und Anlegern innerhalb des Aktienmarktes eine zusätzliche Opportunität, von einer Konvergenz der Bewertungen zu profitieren.

Unter diesem Aspekt erscheint uns gerade eine Orientierung zu Dividendentiteln attraktiv. Die Ausschüttungsquoten haben in den meisten großen Regionen noch nicht wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht, weshalb die Unternehmen einen Spielraum haben, die Dividenden auch bei schwächeren Gewinnen zu halten.

Fazit: Aktio­näre partizipieren an Gewinnsteigerungen mit höheren Dividenden

Auch wenn im Vergleich zur Anleihenrendite die Dividendenrendite nicht mehr so attraktiv erscheint, gilt es nicht zu vergessen, dass Renten nicht umsonst festverzinsliche Papiere genannt werden, denn der Coupon und damit die jährlichen Zahlungen bleiben gleich. Aktio­näre hingegen partizipieren an den zukünftigen Gewinnsteigerungen mit höheren Dividenden und können damit auch der immer noch erhöhten Inflation trotzen.

Diese Beiträge lesen Sie auch in AssCompact 08/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © IRStone – stock.adobe.com

 
Beiträge von
Nicola Mai
Tilmann Galler