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3. August 2023
Führungskrise? Hier nicht – denn Führung geht heute anders!

Führungskrise? Hier nicht – denn Führung geht heute anders!

Überforderte Führungskräfte, Orientierungslosigkeit und Frustration, miese Stimmung am Arbeitsplatz, die Finanzdienstleistungsbranche für den Nachwuchs nicht interessant genug – nach neuesten Umfragen ist Deutschland in der Führungskrise. Clean Leader machen einiges anders – und vieles besser. Wie?

Ein Artikel von Andreas Buhr

„Vertrieb geht heute anders“ – unter diesem Motto (eines meiner Bücher) hat sich in den letzten Jahren viel in der Branche getan, viel Positives.

Epidemische Unzufriedenheit mit Führungskräften

Und es zeigt sich, dass jetzt höchste Zeit ist für „Führung geht heute anders“ in der Finanzdienstleistungsbranche. Denn: Die emotionale Bindung der Mitarbeitenden an ihre Chefs und Unternehmen ist über alle Branchen hinweg auf dem absoluten Zehn-Jahres-Tief: Fast jeder Fünfte hat innerlich schon gekündigt – und fast 70% machen nur noch widerwillig „Dienst nach Vorschrift“, so die neueste Gallup-Studie „Engagement Index“. Die dort angegebenen Gründe: schlechte, überforderte Führungskräfte, schwache Führung, Orientierungslosigkeit im Management, mangelnde Perspek­tive, uninspirierte Unternehmenskultur. Eine Folge: Die Zahl der Profis im Außendienst der Branche sinkt seit Jahren. Gleichzeitig zeigen die AssCompact Trends II/2023: Die Möglichkeiten und die Motivation in der Branche steigen seit Anfang des Jahres stetig. In der Konsequenz bedeutet das: Die Schere zwischen Führungskompetenz und -erfordernissen geht immer weiter auf. Immer mehr Führungskräfte – und das erlebe ich bei meinen Vorträgen und Trainings in den Unternehmen auch – fühlen sich verunsichert, frustriert, überfordert. Sind geschlaucht von den äußeren Krisen der letzten Jahre und dem ständigen Wandlungsdruck und wissen nicht, wie sie mit den inneren Herausforderungen wie Quiet Quitting, Ansprüchen von Mitarbeitenden an Work-Life-Balance oder Konflikten zwischen den Mitarbeitenden-­Generationen im Team umzugehen haben. Oft scheint ein einfacher moralischer Kompass verloren gegangen zu sein; zu oft wurde offensichtlich echte Führung durch zahlenfixiertes Management ersetzt. Dabei ist kompetente, menschliche und ergebnisorientierte Führung einfach. Wenn wir sie auf ihren inneren Kern beschränken.

Die (wenigen, aber wichtigen) Führungsprinzipien erfolg­reicher Clean Leader

Was diese Art von Führung einfacher macht? Ein überschaubares, zwölf Leitlinien umfassendes Set an grundlegenden Clean-Leadership-Führungsprinzipien, die Hebelwirkung haben. Erfolgreiche Clean Leader sind „clean“ in ihrer Führung – auf das Wesentliche fokussiert, klar und entschlossen. Das macht sie berechenbar für ihre Mitarbeitenden. Es macht sie authentisch und zuverlässig! Auf Basis der Clean-­Leader-Prinzipien erleben sie selbst und schaffen sie (eine moralische) Orientierung, wo der Business­alltag immer schneller, fordernder und widersprüchlicher wird. Und genau das macht die Unternehmenskultur, macht die Finanzvertriebe wieder attraktiv für die jungen Nachwuchskräfte der Genera­tion Z – auch „Generation Zoomer“ genannt. Denn seien wir ehrlich: Der Finanzvertrieb steht nicht eben oben auf der Liste der begehrenswerten Jobs des Nachwuchses. Arbeitsintensiv, „all white all men“, umweltfern, hierarchisch – das sind Urteile, mögen es auch Vorurteile sein, mit denen junge Menschen, die auf Sinn, Freiheit, Nachhaltigkeit und Gestaltungsmöglichkeit setzen, den Finanzvertrieb beschreiben. Unattraktiv!

Das Mindset der Clean Leader überzeugt gerade auch den Vertriebsnachwuchs

Das Mindset der Clean Leader hingegen zieht diese jungen Menschen an! Überzeugt sie. Dauerhaft. Denn sie machen Schluss mit dem momentan überall zu lesenden Gemäkel an den Jungen. Sie machen Schluss mit dem unseligen Generationen-Bashing „die Boomer sind verknöchert, die Zoomer sind faul“! Sie schätzen und fördern die Kompetenz von jungen, aber auch von älteren Mitarbeitenden! Denn Fakt ist: Zwei von drei Mitarbeitenden der Generationen Babyboomer und X werden schon in 15 Jahren nicht mehr im Berufsleben aktiv sein. Es folgen wenige junge Bewerber auf viele freie Stellen. Bedeutet: Unternehmen, Makler und Vertriebe müssen sich eher bei den Bewerbern bewerben – und konkurrieren dabei mit anderen Branchen um dieselben Nachwuchskräfte. Daher muss jeder Finanzvertrieb und jede Makleragentur so an der eigenen „Sexyness“ arbeiten, dass die junge Generation gern mittun will. Dabei gilt: Sinn schlägt Status. Beantworten Sie als Arbeitgeber die Frage: Wofür setzen wir uns ein? Wozu ist unser Tagesgeschäft wirklich da? Welchem Stern folgen wir? Ein positives Formulierungsbeispiel: „Wir sorgen mit unserem täglichen Engagement dafür, dass der Lebensstandard der Menschen im Alter abgesichert ist, dass Pensionäre sich nicht wesentlich einschränken müssen, wenn sie aus dem Berufsleben ausscheiden.“ Das sind ethische Arbeitsziele, die Sinn versprechen!

Quantitative und qualitative Vertriebsziele motivieren neu

Clean Leader haben das Potenzial „solch neuer“, ethisch motivierender Arbeitsziele erkannt und setzen zunehmend neben durchaus ambitionierten quantitativen Vertriebszielen wie Abschlusszahlen, Verkaufsvolumina, Anzahl von Kundenbesuchen, Up-/Cross-Selling-Quoten auf qualitative Ziele, die Mitarbeitende auch langfristig begeistern. Beispielsweise: Beiträge zur hervorragenden Arbeitgebermarke, das könnten Maßnahmen der Attraktionserhöhung für die werteorientierte Generation Z sein. Oder: Erhöhte ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit von Produkten und Prozessen. Oder: Maßnahmen hervorragenden Teamings, die Mitarbeitende aller Generationen unterstützend und ergebnisorientiert zusammenbringen, wie Mentoring- und Reverse-Mentoring-Programme: „Markterprobte“ Maklerinnen und Profis der Generation Boomer bringen ihre Erfahrung, ihr Wissen und ihre Stärken ein, um als Mentoren die neuen Leute im Unternehmen, die digital aufgewachsenen Zoomer, zu unterstützen. Und diese bringen ihre digitalen Skills im Reverse Mentoring ein, um ihrerseits ihren Mentoren bei der Einarbeitung zum Beispiel in neue, KI-gestützte Software, ChatGPT etc. zu helfen und neue (Geschäfts-)Modelle zu entwickeln oder neue, junge Zielgruppen zu adressieren.

Führungspersönlichkeit = zuverlässig beweisendes Vorbild

Das verlangt einiges von der Führungskraft als Clean Leader: ständige Selbstreflexion. Und Empathie: Sie sehen in erster Linie den Menschen im Mitarbeiter. Demnach sollte auch für Sie der einzelne Mitarbeitende mit seinen Talenten und Stärken der Fokus Ihres Handelns sein – unabhängig von seinem Alter oder seiner „Generationszugehörigkeit“. Hinterfragen Sie Ihr eigenes Menschenbild. Woran glauben Sie in der Zusammenarbeit und dem Zusammen­leben mit anderen Menschen – und zwar zutiefst im Inneren, wo Sie auch Ihre Vorurteile „verstecken“? Seien Sie dabei ehrlich zu sich selbst! Denken Sie außerdem darüber nach, wie Sie Ihre Haltung in der Kultur Ihres Unternehmens empfinden. Welches Menschenbild wird dort gelebt? Die Klarheit hilft Ihnen, authentisch und kongruent zu sein. Ihre Autorität hängt immer davon ab, ob Sie für Ihre Mitarbeiter ein zuverlässiges Vorbild sind. Vorbild sind Sie aber nur, wenn Ihre Worte und Ihre Taten übereinstimmen. Helfen Sie als Clean Leader Ihren Mitarbeitenden, mehr zu leisten als das, wozu sie sich selbst imstande sehen. So machen Sie bloß Geführte zu freiwillig Folgenden – und Führungskrise wird kein Thema für Sie sein!

Über Andreas Buhr

Der Gründer und Aufsichtsrat der Buhr & Team AG für mehr Unternehmenserfolg ist Unternehmer, Vortragsredner und Buchautor. Sein Ziel ist es, Unternehmen mehr Erfolg im Business zu ermöglichen.

Über das Buch

Das neue Buch „Führungsprinzipien: Führung geht heute anders. Die 12 Leitsätze der Clean Leadership“ von Andreas Buhr ergänzt die Management-Buch-Trilogie um „Vertrieb geht heute anders“ und „Business geht heute anders“. Der Praxisratgeber ist bei Gabal erschienen. Blick ins Buch: andreas-buhr.com/fgha

Clean Leader Masterclass

Interessierte Führungskräfte können zudem die Clean Leader Masterclass besuchen: clean-leadership.com

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © peterschreiber.media – stock.adobe.com bzw. © Claudia di Lucia

 
Ein Artikel von
Andreas Buhr