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07/2015
31. Juli 2015
Haftet ein Untervermittler bei Falschberatung selbst?

Haftet ein Untervermittler bei Falschberatung selbst?

Vermittler gehen gegenüber ihren Kunden eine ganze Reihe von Verpflichtungen ein. Geht etwas schief, müssen sie für den Fehler einstehen. Nach Einführung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) war ungeklärt, ob nun ein Untervermittler für eigene Fehler selbst haftet. Die Rechtsprechung hat sich nun zumindest bezüglich Untervermittlern von Versicherungsvertreter-Gesellschaften geäußert und eine persönliche Haftung bestätigt.

Fehler sind menschlich, sagt man. Doch kleine Fehler in der Beratung können große Auswirkungen haben. Beispielsweise können bei einem Versichererwechsel oder auch einem Vertragsabschluss vermeidbare Versicherungslücken entstehen. Für infolge dieser Lücken entstandene und zu vertretende Schäden müssen Versicherungsvermittler grundsätzlich einstehen. Seit dem 22.05.2007 können Untervermittler für eigene Fehler auch persönlich haften, wie der Bundesgerichtshof jüngst für Versicherungsvertreter entschieden hat (BGH, Urteil vom 13.11.2014, Az.: III ZR 544/13).

Ein Versicherungsnehmer hat bei Pflichtverletzungen seines Versicherungsvermittlers im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungen einen Schadenersatzanspruch nach § 63 VVG. Diese Schadenersatzregelung gilt sowohl für Versicherungsmakler als auch für Versicherungsvertreter. Daneben steht die Haftung des Versicherers für Schäden aus einer Fehlberatung nach § 6 Abs. 5 VVG.

Die Haftung bei Falschberatung

Für Schäden des Versicherungsnehmers infolge einer trotz erkennbarem Beratungsbedarf unterlassenen, falschen oder unvollständigen Beratung seiner Mitarbeiter oder Versicherungsvertreter haftet grundsätzlich der Versicherer nach § 6 Abs. 5 VVG. Erfolgt die Vermittlung des Versicherungsvertrages jedoch durch einen Versicherungsmakler, besteht eine Beratungsverpflichtung des Versicherers grundsätzlich nicht. Der Versicherungsmakler haftet dann ausschließlich für sein Beratungsverschulden. Im Unterschied zum Versicherungsvertreter hat der Versicherungsmakler den passenden Versicherungsschutz auf einer ausreichenden Markt- und Informationsgrundlage zu vermitteln. Dabei muss er eine Auswahl aus den am Markt verfügbaren Versicherern und deren Produkten nach den Bedürfnissen des Kunden treffen. Auf eine eingeschränkte Markt- und Informationsgrundlage muss ausdrücklich hingewiesen werden. Der Kunde ist auf dieser Grundlage entsprechend seinem Wunsch und Bedarf zu beraten, ihm ein Rat zu erteilen und dieser entsprechend zu begründen. Die Beratung ist ausreichend und rechtzeitig zu dokumentieren und die Dokumentation dem Kunden rechtzeitig zu übermitteln. Für eine Verletzung seiner Beratungs- und Dokumentationspflichten haftet der Versicherungsmakler dem Kunden als seinem Vertragspartner auf Schadenersatz.

Keine Regel ohne Ausnahme, wie jüngst Urteile des BGH (unter anderem Urteil vom 11.07.2012, Az.: IV ZR 164/11) im Zusammenhang mit der Haftung für falsche Beratung bei Vermittlung von fondsgebundenen Lebensversicherungen einer liechtensteinischen Versicherungsgesellschaft durch Versicherungsmakler zeigen. Ausnahmsweise musste der Versicherer sich hier auch das Verhalten und die Erklärungen von Versicherungsmaklern zurechnen lassen, weil er eigene originäre Versichererpflichten auf die Vermittler abgewälzt hatte. So verzichtete dieser Versicherer auf ein eigenes Vertriebssystem und vertrieb seine Versicherungsprodukte in Deutschland über selbstständige Versicherungsmakler. Im Einzelfall kann demnach ein Versicherer auch für einen Versicherungsmakler haften.

Auch der Versicherungsvermittler selbst haftet dem Versicherungsnehmer bei Verletzung einer Mitteilungs- oder Beratungspflicht auf Schadenersatz. Für den Versicherungsmakler ist dies im Grunde keine neue Entwicklung, bestand für ihn doch diese Verpflichtung aufgrund des Versicherungsmaklervertrages mit dem Kunden schon vor Einführung des VVG 2008. Für Versicherungsvertreter hingegen wurde diese persönliche Haftung im VVG 2008 neu begründet. Lange umstritten war die Frage, wer für die Falschberatung haftet, wenn der Vermittler ein Unternehmen ist. Für den Versicherungsvertreter hat der BGH diese Frage nun entschieden.

Die Haftung des Versicherungsvertreters in der Struktur

Vor Einführung des VVG 2008 haftete der Versicherungsvertreter nicht persönlich, nur ausnahmsweise bei eigenen Beratungsfehlern, wenn er unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse an einer Beratung hatte oder wenn er besonderes persönliches Vertrauen des Kunden in Anspruch genommen hatte. Vielmehr wurde sein Verhalten dem vertretenen Versicherer zugerechnet. Nunmehr haftet der Versicherungsvertreter neben dem Versicherer auch persönlich und mit diesem gemeinsam als Gesamtschuldner. Das bedeutet, dass sich der Versicherungsnehmer aussuchen kann, wen er auf Schadenersatz in Anspruch nehmen möchte.

Untervermittlerhaftung

Der BGH hat in seinem Urteil vom 13.11.2014 (Az.: III ZR 544/13) nun daneben auch unmissverständlich klargestellt, dass auch der Untervermittler des Versicherungsvertreterunternehmens persönlich für eigene Falschberatungen haftet. Das Beratungsverschulden wurde darin erkannt, dass nicht über die Nachteile einer Kündigung bestehender Lebensversicherungsverträge im Zusammenhang mit dem Abschluss neuer Versicherungsverträge aufgeklärt wurde.

Die dort Beklagten waren als selbstständige Versicherungsvertreter für ein Unternehmen als Untervermittler tätig, das selbst am Markt als Versicherungsvertreter auftritt. Der BGH hat nun bestätigt, dass zwar deren Beratungsfehler auch der Versicherungsvermittlungsgesellschaft zuzurechnen sind. Daneben besteht aber eine persönliche Haftung des Untervermittlers. Die persönliche Haftung von Untervermittlern, die für Versicherungsvertreter agieren, ergibt sich ausdrücklich aus dem Wortlaut des Gesetzes, § 59 Abs. 2 VVG. Versicherungsvertreter ist demnach auch derjenige, der nicht vom Versicherer selbst, sondern von einem anderen Versicherungsvertreter als Untervertreter damit betraut ist, gewerblich Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen.

Es ist umstritten, ob bei Versicherungsmaklerunternehmen mit Untervermittlern ebenfalls die persönliche Haftung der Untervermittler begründet wird. Für den Untervertreter eines Versicherungsmaklers fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung im Gesetz. In der Gesetzesbegründung in der BT-Drucksache 16/1935 heißt es zum Untervermittler des Versicherungsmaklers (§ 42a Abs. 3 VVG a. F./§ 59 Abs. 3 VVG 2008): „Auch der Handelsvertreter eines Versicherungsmaklers ist damit Versicherungsmakler im Verhältnis zum Kunden.“

Der Gesetzgeber sah damit eine Klarstellung der Haftung von Untervermittlern von Versicherungsmaklern wohl nicht als notwendig an, da diese ebenfalls als Versicherungsmakler anzusehen sind und somit wohl auch persönlich haften. Die Frage der persönlichen Haftung ist in diesem Zusammenhang jedoch noch nicht abschließend geklärt.

Fazit

Der Wertung des Gesetzgebers folgend dürfte auch der Untervermittler des Versicherungsmaklers im Verhältnis zum Kunden persönlich haften. Tritt er gegenüber dem Kunden selbst als Versicherungsmakler auf, ist seine persönliche Haftung fraglos gegeben. Ist der Vermittler selbstständiger Handelsvertreter, haftet er nach dem Willen des Gesetzgebers wohl ebenfalls persönlich als Versicherungsmakler. Bei der Zusammenarbeit mit anderen Maklern und sonstigen Vermittlern sollte auf eine gute und ausreichende Absicherung möglicher Haftungsrisiken in Berufshaftpflichtversicherungen und vertraglichen Regelungen geachtet werden.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 07/2015 auf Seite 98f.

 
Ein Artikel von
Rechtsanwältin Kathrin Pagel