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Steuern & Recht
18. September 2015
Handschriftliches Testament muss lesbar sein

Handschriftliches Testament muss lesbar sein

Ein eigenhändig geschriebenes Testament muss lesbar sein, um wirksam die Erbfolge zu regeln. In einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht das Schreiben einer alten Dame, das sich auch mithilfe einer Schriftsachverständigen nicht vollständig entziffern ließ, nicht als wirksames Testament angesehen.

Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde: Im Jahr 2012 verstarb die alte Dame. Ihr Ehemann war ein Jahr zuvor verstorben. Die Eheleute hatten lediglich in einem Testament ihre Bestattung geregelt, nicht aber die Erbfolge. Im Verfahren vor dem Nachlassgericht ging es um die Erteilung des Erbscheins, der der Tochter der Verstorbenen als Alleinerbin aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt wurde. Die weitere Beteiligte am Nachlassverfahren hatte als Pflegekraft beruflich und privat Kontakt zu der Verstorbenen. Sie reichte bei Gericht ein Schreiben ein, das die Erblasserin zwei Monate vor ihrem Tod gefertigt haben soll. Sie gab an, dass sie dieses Schreiben von einer anderen Pflegekraft der Verstorbenen erhalten habe und dass in dem Schreiben stehe, dass ihr die Verstorbene alles vermache. Das Nachlassgericht sah dieses Schreiben nicht als ein wirksames Testament an. Gegen die Erteilung des Erbscheins an die Tochter der Verstorbenen legte die Pflegekraft der Verstorbenen Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein ein.

Auch handschriftliches Testament kann wirksam sein

Das Gericht hat die Beschwerde abgelehnt. „Der Tochter der Verstorbenen ist der Erbschein als Alleinerbin zu erteilen, weil diese ihre Mutter aufgrund gesetzlicher Erbfolge beerbt hat“, so das OLG. Die weitere Beteiligte des Verfahrens könne sich nicht darauf berufen, aufgrund Testaments als Erbin eingesetzt zu sein. Das eingereichte Schriftstück genüge nicht den Anforderungen an die Form eines wirksamen Testaments. Ein Testament könne durch eigenhändige und unterschriebene Erklärung errichtet werden. Die Eigenhändigkeit der Errichtung setze voraus, dass der erklärte Wille in vollem Umfang aus dem Geschriebenen hervorgehe. Zwingende Formvoraussetzung sei damit die Lesbarkeit der Niederschrift. Im Streitfall konnte auch ein hinzugezogener Schriftsachverständiger nicht alle Worte des Testaments entziffern. So sei insbesondere unklar, was genau vermacht werden sollte. Damit sei das Testament nicht wirksam. (kb)

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 16.07.2015, Az.: 3 Wx 19/15