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26. September 2023
HDI Berufe-Studie: 59% spüren Personalmangel

HDI Berufe-Studie: 59% spüren Personalmangel

Erwerbstätige in Deutschland sorgen sich wegen des Personalmangels, viele spüren die Folgen und bemerken eine steigende Arbeitsbelastung. Wer sich gefördert fühlt, dem bedeutet der Beruf aber auch häufiger viel. Das kann die Bindung der Beschäftigten an den Betrieb beeinflussen. Was kann noch helfen?

Seit 2019 untersucht die HDI Berufe-Studie jährlich die Einstellung der deutschen zur Arbeit. In der aktuellen Befragung berichten bereits drei von fünf Erwerbstätigen in Deutschland über Folgen eines Mangels an Personal und Fachkräften in ihren Unternehmen. 31% nennen in diesem Zusammenhang eine steigende Arbeitsbelastung und je 14% sprechen über stockende Arbeitsabläufe und -prozesse sowie eine wachsende Bereitschaft zum Jobwechsel. 44% fühlen sich laut der Studie außerdem im Unternehmen nicht gefördert. Genau die Hälfte kann zudem keine Aufstiegschancen erkennen, konstatiert die Studie. Als Chance werden gezielte Personalstrategien gesehen. Unternehmen, die so etwas haben, können demnach diverse Vorteile bei der Mitarbeiterbindung und Gewinnung neuer Talente erzielen.

Fachkräftemangel im Herzen der deutschen Wirtschaft

„Der Fachkräftemangel ist inzwischen im Herzen der deutschen Wirtschaft angekommen und wird sich in den kommenden Jahren durch das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge noch verstärken“, meint Jens Warkentin, Vorsitzender des Vorstands von HDI Deutschland. Das stelle Unternehmen vor gewaltige Herausforderungen in puncto Leistungsfähigkeit, Prozesssicherheit und Kundenservice.

Förderung durch Arbeitgeber

Auch interessant: Korrelationsanalysen innerhalb der HDI Berufe-Studie 2023 zeigen Zusammenhänge auf, z. B. dass Beschäftigte, die sich von ihrem Arbeitgeber gefördert fühlen, häufiger sagen, dass ihnen „der Beruf viel bedeutet“ (58%) als Beschäftigte, die sich nicht gefördert fühlen (37%). Sie empfinden ihn laut Studie auch deutlich häufiger „als sinnstiftend“ (57% zu 38%).

Diese Mitarbeitenden betrachten den digitalen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft aber beispielsweise auch viel häufiger als hilfreich als die andere Gruppe (63% zu 42%). Darüber hinaus trauen sie auch dem mobilen Arbeiten öfter bessere Ergebnisse zu (48% zu 37%).

Welche strategische Bedeutung Personalarbeit für den Geschäftserfolg hat

Caroline Schlienkamp, Personalvorständin der HDI Group und Vorstandsmitglied der Talanx AG sagt, dass die aktuelle HDI Berufe-Studie zeige, welche strategische Bedeutung Personalarbeit für den Geschäftserfolg habe. „Erst wenn die Menschen spüren, dass ihr Unternehmen auf sie setzt, sie fördert und weiterentwickelt, entstehen starke Bindungen“, so Schlienkamp. „Die Ergebnisse sollten Arbeitgeber als Chance begreifen: Unternehmen mit einer nachhaltigen und gezielten People-and-Culture-Strategie erarbeiten sich Vorteile im Wettbewerb um die besten Talente.“

Gehaltshöhe unwichtig: Jeder zweite Angestellte würde wegen schlechten Vorgesetzten kündigen

Jeder Zweite würde wegen schlechten Vorgesetzten kündigen, lautet ein weiteres Ergebnis der Studie. Bei den unter 40-Jährigen sind es sogar 56%, 45% bei Älteren. Unter den befragten Frauen sind es 53%, unter den männlichen Befragten 48%. Und in Westdeutschland sind mehr zur Kündigung bereit als im Osten, nämlich mit 51% zu 47%. Die Gehaltshöhe hat dabei übrigens keine Auswirkung auf die Kündigungsbereitschaft.

30- bis 44-Jährige mit niedrigster Berufsbindung

In der aktuellen HDI Berufe-Studie sagen zum ersten Mal weniger als die Hälfte aller Erwerbstätigen, dass ihnen der Beruf viel bedeute, und zwar 47%. Allein gegenüber 2022 (58%) ist das ein Rückgang um rund ein Fünftel. Auch bejahen weniger als die Hälfte, dass sie sich „ein Leben ohne Beruf nicht vorstellen können.“ Dabei wird der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen die niedrigste Berufsbindung unter allen Generationen zugeschrieben. Hier sagen z. B. lediglich 37%, „dass einen Beruf auszuüben mir mehr bedeutet, als damit Geld zu verdienen“. In der Generation der 15- bis 29-Jährigen liegt die Zustimmung bei 41%.

Sorgen wegen Personalmangels

Den Personalmangel betreffend ist die größte Sorge der Erwerbstätigen, dass die Gesundheit der Beschäftigten und das Arbeitsklima Schaden nehmen, gefolgt vom sogenannten „Brain Drain“, dem Wissensverlust, der dadurch zustande kommt, dass Mitarbeiter nicht oder nur verzögert ersetzt werden und so ihre Kenntnisse nicht weitergeben können.

Höhere Entlohnung und Vier-Tage-Woche

Doch es gibt auch Lösungsideen, welche Maßnahmen aus Sicht der Befragten gegenwirken könnten. Als beste Maßnahme für Betriebe, sich im Wettbewerb um Personal durchzusetzen, wird eine höhere Entlohnung genannt (46%). Auch die Einführung der Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich (30%) ist beliebt. Jeder Vierte nennt auch mehr Benefits neben dem Gehalt, z. B. Betriebsrenten oder Bonussysteme (25%). Ein Viertel aller Arbeitnehmer schließt grundsätzlich für sich aus, über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. 26% würden dies u. a. für eine höhere Entlohnung tun und für 25% wäre die Vier-Tage-Woche eine Bedingung.

Über die Studie

Die HDI Berufe-Studie wird jährlich bundesweit in Zusammenarbeit mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov Deutschland durchgeführt. In diesem Jahr wurden insgesamt 3.864 Erwerbstätige ab 15 Jahren in den Monaten Mai und Juni 2023 befragt. (lg)

Bild: © engel.ac – stock.adobe.com