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17. Juni 2023
Kundenzentrierung und -bindung mittels Assistance-Leistungen

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Kundenzentrierung und -bindung mittels Assistance-Leistungen

Wie das jährlich erscheinende Assistance Barometer zeigt, bleibt der Wunsch von Versicherungskunden nach ergänzenden Serviceleistungen auf konstant hohem Niveau. Im Jahr 2023 liegt der Fokus auf Kundenzentrierung und Kundenbindung als Grundlage erfolgreicher Geschäftsmodelle der Versicherungswirtschaft.

Artikel von Prof. Dr. rer. pol. Matthias Müller-Reichart, Studiengangleitung Insurance and Banking, und Kim Vanessa Graumann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Risiko­management der Wiesbaden Business School, sowie Daniel Haisch, Director Marketing & Customer Experience Management der Europ Assistance Services GmbH

Die Versicherungswirtschaft in Deutschland ist angesichts ihrer umfassenden Abdeckung gewerblicher, beruflicher und privater Risiken ein Wirtschaftsfaktor mit millionenfachen Kundenkontaktpunkten. Laut Statistischem Bundesamt unterhielten im Jahre 2021 40,7 Millionen private Haushalte, 3,03 Millionen steuerpflichtige Unternehmen und 83,2 Millionen Bundesbürger immerhin 464,8 Millionen Versicherungsverträge (vgl. de.statista.com/statistik/daten). Jeder Bundesbürger besaß somit im Durchschnitt knapp sechs Versicherungsverträge und befand sich der­gestalt in einer engen Kundenbe­ziehung zu einem oder mehreren Versicherungsunternehmen. Ange­sichts der quantitativen Bedeutung dieser vertraglichen Beziehungen vermag es immer wieder zu überraschen, dass Versicherungsnehmer keinerlei Bindung oder Beziehung zu ihrem Versicherungsunternehmen aufbauen – wenn überhaupt, besteht diese zum betreuenden Versicherungsvermittler. Zumal Versicherungsprodukte wahrlich keine „Pull-Produkte“ sind (für den Erwerb eines Versicherungsproduktes reihen sich die Menschen nicht am Vorabend des Verkaufs in lange Schlangen ein), müssen sie als „Push-Produkte“ aktiv, teilweise aggressiv verkauft werden, womit die Voraussetzungen zur Schaffung einer emotionalen Kundenbindung denkbar schlecht sind. Diese Schwäche in der Kundenbeziehung ermöglicht externen Anbietern ohne Hürden einen kurzfristigen, erfolgreichen Markteintritt – bestes Beispiel sind die respektablen Stückzahlen der Kfz-Versicherungsverträge von Tesla Insurance.

Kundenbindung kann nur durch eine wahrnehmbare, nachhaltige Kundenorientierung, im Idealfall durch eine Kundenzentrierung geschaffen werden. Ein kundenzentrierter Ansatz stellt sicher, dass die Bedürfnisse und Erwartungen der Versicherungsnehmer nicht nur erfüllt, sondern übertroffen werden. Hierzu muss der Versicherungsnehmer im Mittelpunkt einer durch das Versicherungsvertragsverhältnis ermöglichten, dauerhaften Problemlösungsbeziehung stehen. Angesichts eines für den Kunden schwer nachvollziehbaren Rechtsverhältnisses eines „abstrakten Dauerschutzversprechens“ (juristische Umschreibung eines Versicherungsvertrags) kann der Versicherungsvertrag diese Kundenzentrierung leider nicht bieten – demgegenüber können die mit dem Vertrag einhergehenden Assistance- und Serviceleistungen sehr wohl die individuelle Kundenzentrierung und damit eine Kundenbindung ermöglichen. Versicherungsunternehmen, die den Kunden mittels Assistance- und Serviceleistungen in den Mittelpunkt stellen, verstehen nicht nur die Bedürfnisse ihrer Kunden, sondern bieten individuelle Lösungen und einen außergewöhnlichen Service an, um Erwartungen zu übertreffen. Wenn Versicherungsnehmer sich in ihren individuellen Problemen verstanden, wertgeschätzt und angehört fühlen, bleiben sie dem Versicherungsunternehmen eher treu (Bildung eines akquisitorischen Potenzials) und empfehlen es an ihr Netzwerk weiter.