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7. August 2017
Makler-Initiative zu Kfz-Schadenfreiheitsrabatt findet Widerhall bei BiPRO

Makler-Initiative zu Kfz-Schadenfreiheitsrabatt findet Widerhall bei BiPRO

Vor Kurzem hat AssCompact berichtet, dass eine Gruppe von Maklern eine einheitliche Datenbank zu Kfz-Schadenfreiheitsrabatten vorschlägt. Bei der BiPRO stößt dieses Thema auf offene Ohren und hat Dr. Kamil Bieder, zuständig für das Technologie- und Innovationsmanagement bei der BiPRO, zu nachfolgendem Kommentar veranlasst. Darin erklärt er sehr verständlich, warum die Blockchain-Technologie hierfür die Lösung bringen kann.

„Als ich den Beitrag ‘Makler plädieren für Datenbank zu Kfz-Schadenfreiheitsrabatten’ gelesen habe, konnte ich mir das Grinsen nicht verkneifen und dachte nur ‘Wasser auf meine Mühlen’. Ich würde Ihnen einmal gerne erklären, wieso ich mich außerordentlich gefreut habe und sofort darauf reagieren musste.

Wie Sie wissen, ist BiPRO (Brancheninstitut Prozessoptimierung) angetreten, den standardisierten Austausch von versicherungsrelevanten Daten und Dokumenten über das Internet zu ermöglichen. Ob ein Versicherungsvergleich bei einem Online-Portal, eine Schadenmeldungen, die über ein Maklerverwaltungsprogramm dem Versicherer zugespielt werden, oder auch ein Bestandsübertrag zwischen Maklern – überall setzen BiPRO-Normen einen Branchenstandard. BiPRO ist dabei keine Software oder ein zentraler Server, sondern stellt Spezifikationen (Normen) bereit, die Prozess-Schnittstellen (WebServices) beschreiben. Die Unternehmen/Mitglieder setzen gemäß dieser Beschreibungen die entsprechenden IT-Schnittstellen selbstständig um. Via Internet kann man dann mit der „BiPRO-Sprache“ miteinander standardisiert kommunizieren.

In der neueren Zeit wurde seitens der Mitglieder an den Verein herangetragen, sich ebenfalls mit innovativen sowie technologiegetriebenen Themen auseinanderzusetzen. Hier komme nun ich ins Spiel. Meine Aufgabe ist es, diese Themen für unsere Mitglieder aufzubereiten und in sogenannten BiPRO-Labs zusammen zu eruieren. Stellen Sie es sich so vor, dass wir innerhalb von etwa drei Monaten mit interessierten Mitgliedern einen „Proof-of-Concept“ durchführen. Das Ergebnis dieses Labs kann dann in zukünftige Normen einfließen.

Ein derzeitiger Themenschwerpunkt ist Blockchain

Es ist zwar nicht möglich, die Blockchain-Technologie in wenigen Minuten zu erklären, da hier viele IT-Konzepte zusammenfließen, aber ich möchte Ihnen trotzdem ein Gefühl dafür geben, was Blockchain kann und wie sich klassische Geschäftsprozesse in der Assekuranz verändern könnten und meines Erachtens nach auch verändern werden.

Stellen Sie sich Blockchain bitte nicht als eine, sondern als ganz viele verteilte und redundante Datenbanken vor. Alle Beteiligten eines Ökosystems besitzen nun so eine Datenbank, dies könnten zum Beispiel Versicherer sowie Maklerhäuser sein. Aufgrund eines ausgeklügelten Mechanismus synchronisieren sich alle Datenbanken untereinander, das heißt ändert sich nun die Schadenfreiheitsklasse eines Kfz-Vertrages, so bekommen dies alle Datenbanken mit. Selbstverständlich ist es nur autorisierten Teilnehmern möglich, die Schadenfreiheitsklasse zu ändern dies sind in diesem Fall die Versicherer. Der Unterschied zu konventionellen Datenbanken besteht darin, dass diese Änderung nun nicht nur dem Versicherer bekannt ist, der dies veranlasst hat, sondern alle Beteiligten sehen, dass etwas passiert ist.

Gut zu vergleichen ist dieser Prozess etwa mit Überweisungen innerhalb der Mutter aller Blockchains – Bitcoin. Hier ist es ebenfalls für die Öffentlichkeit absolut transparent, dass Geld von einem Konto auf ein anderes Konto verschoben wurde. Wem dieses Konto aber gehört, ist nicht erkennbar. Ebenso darf nur derjenige eine Zahlung veranlassen, der autorisiert ist. Bleibt die Frage, wer darf jemanden autorisieren? Die Antwort ist ziemlich verblüffend, denn es gibt niemanden, der einen autorisieren muss. Durch diese Technologie ist es möglich, sämtliche Intermediäre auszuschalten, das heißt man hat keine zentrale Stelle, die eine Datenbank verwaltet. Dieses System ist in der Lage, sich selber zu verwalten. Für manche mag es sich gespenstisch anhören, aber dies sind ausgeklügelte IT-Konzepte, wie Hashfunktionen und asymmetrische Verschlüsselungsverfahren, um nur zwei davon zu nennen.

Das Notwendige bei einer solchen Technologie, wie Blockchain ist es sich unbedingt auf fachliche und technische Standards (zum Beispiel Use Cases, Datenmodellierung) zu einigen. Deswegen ist es ein BiPRO-Thema. Hält ein Teilnehmer auch nur einen geringfügigen Teil des Standards nicht ein, so werden beispielsweise die Änderungen an der Blockchain per se von dem restlichen Ökosystem nicht akzeptiert. Ob es um fachliche Fragestellungen oder den Einsatz von anderen Technologien, wie WebService, SOA, etc. geht, hat die BiPRO über ein Jahrzehnt umfangreiche Erfahrungen sammeln können.

Aber was hat nun ein Makler von so einem System?

Stellen Sie sich vor, Sie dürfen als Makler Teile dieser Datenbank lesen, für die Sie autorisiert sind. Soll heißen, Sie dürfen sehen, welche Schadenfreiheitsklasse Ihre Kunden haben, wenn Sie ein Maklermandat zu diesem Vertrag des Kunden haben. Sie verbinden sich lediglich mit einem Teilnehmer dieses Ökosystems. Ob Sie nun über den Versicherer Zugriff auf die Blockchain erhalten oder durch Ihr Maklerhaus, spielt keine Rolle, denn diese Datenbanken sind gleich. Sie sehen die Historie eines Vertrages und die jeweiligen Schadenfreiheitsklassen zu einem Kfz. Diese Historie ist nicht zu fälschen, es ist also nicht möglich, im Nachhinein etwas an der Schadenfreiheitsklasse zu verändern, wenn diese einmal in der Blockchain niedergeschrieben wurde. Dies liegt daran, dass alle Teilnehmer diese Datenbank simultan ändern müssten. Will nun jemand die Historie eines Vertrages fälschen, so kann er dies in seiner Datenbank machen, aufgrund der Synchronisation wird diese Änderung aber wieder überschrieben und der originale Zustand stellt sich wieder ein. Auch dies ist ein großer Vorteil gegenüber einer zentralen Stelle, denn Sie müssen dieser Stelle vertrauen. Auch das Szenario, dass diese zentrale Stelle Ziel eines Hackerangriffs wird und Sie den durch den Hacker geänderten Daten vertrauen, ist nicht möglich, da ein Hacker die Systeme aller Teilnehmer des Ökosystems korrumpieren müsste.

Diese Idee weiter zu untersuchen und für die Assekuranz zugänglich zu machen, ist eines der Ziele des BiPRO-Blockchain-Labs. Wir haben bereits bei einer Informationsveranstaltung unsere Mitgliedern auf diese Technologie aufmerksam gemacht. In einem weiteren Workshop am 14.09.2017 werden wir nun über konkrete Use Cases sprechen, einer davon ist die Übertragung der Schadenfreiheitsklasse auf Blockchain-Basis. Nach dem Workshop wird dieser Use Case zusammen mit externen Partnern verprobt, die eine Blockchain-Plattform zur Verfügung stellen. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es eine ähnliche Initiative gibt, nämlich die b3i, die Use Cases in der Rückversicherungswirtschaft untersucht. Mit dieser Initiative stehen wir ebenfalls im Austausch, um uns zu ergänzen und doppelte Arbeit zu vermeiden.“

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