Medienberichten zufolge will die BaFin Versicherern untersagen, mit dem Start-up gonetto, das Provisionen an Kunden weitergibt, zusammenzuarbeiten. Dieses Vorgehen verstößt laut BaFin gegen das Provisionsabgabeverbot. Daraus ist auch eine Diskussion um die Aufsicht von Versicherungsvermittlern entstanden.
Vor etwas mehr als einem Jahr ist die gonetto GmbH als „Vergleichsportal für Versicherungen ohne Provision“ online gegangen. Die Idee: Kunden können entweder direkt eine provisionsfreie Nettoversicherung abschließen und zahlen dafür einen Euro pro Monat und Vertrag als Honorar an das Portal. Oder sie können ihre aktuellen Versicherungsverträge in die gonetto-Betreuung übertragen und erhalten ihre Provision, unter Abzug des gonetto-Honorars, zurückerstattet.
Dieses Geschäftsmodell ist der BaFin nun ein Dorn im Auge. Nach Einschätzung der Versichereraufsicht sei dies ein Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot. Wie etwa der versicherungstip berichtet, geht aus einem Schreiben an die Versicherer hervor, dass die BaFin den Versicherern die Zusammenarbeit mit gonetto und Maklern mit ähnlichen Geschäftsmodellen untersagen will. gonetto-Gründer Dieter Lendle will das so nicht auf sich beruhen lassen, er sieht sein Geschäftsmodell als rechtskonform an.
Über das Provisionsabgabeverbot wurde mit der IDD-Umsetzung und Änderung im Versicherungsaufsichtsgesetz neu entschieden. So ist die Abgabe von Provisionen verboten, mit der Ausnahme, die Weitergabe an den Kunden führe dauerhaft zu einer Prämienreduzierung oder einer Leistungserhöhung des vermittelten Vertrags. Die BaFin interpretiert dies so, dass daran der Versicherer beteiligt sein und sich der Vorgang im Vertrag niederschlagen müsse. Das sei bei gonetto nicht der Fall. Die für gonetto zuständige IHK scheint dies jedoch anders zu sehen. „Aus unserer Sicht können auch Versicherungsvermittler davon Gebrauch machen, sofern die Sondervergütung langfristig dem Versicherungsverhältnis zugutekommt“, bestätigt die IHK gegenüber dem Handelsblatt. Unterstützt wird die Auffassung vom DIHK, der seine Einschätzung gegenüber dem versicherungstip abgab.
So steht die Auffassung der IHK, die die Aufsicht gegenüber Versicherungsmaklern hat (wie auch gonetto einer ist), derjenigen der Versichereraufsicht BaFin entgegen. Welche Auffassung sich durchsetzt, ist noch offen. Wie das Handelsblatt berichtet, hat gonetto beim Verwaltungsgericht Frankfurt einen Eilantrag auf einstweilige Anordnung eingereicht: Die BaFin möge ihre Androhung von Sanktionen gegenüber Versicherern, die an einer Zusammenarbeit festhalten, zurücknehmen.
Mit dem Vorgang verbunden sind nun mehrere Aspekte: Zunächst natürlich, ob gonetto sein Geschäftsmodell beibehalten kann. Dann dürfte sich allgemein die Frage stellen, wie künftig die Ausnahmen vom Provisionsabgabeverbot gelesen werden, zumal auch in Vermittlerverbänden unterschiedliche Auffassungen dazu bestehen. Während sich der AfW an der engen Auslegung der BaFin stört und der Meinung ist, dass auch die Weitergabe von Provision vom Vermittler direkt an den Kunden einer Prämienreduzierung dienen könne, begrüßt der BVK das Vorgehen der Versichereraufsicht. „Wir freuen uns, dass Verbraucher nicht mit falschen Anreizen zum Abschluss von Versicherungsverträgen verleitet werden dürfen und dass die Beratungsqualität durch den Vermittler sichergestellt wurde“, stellt BVK-Präsident Michael H. Heinz fest. Und weiter: „Geschäftsmodelle, die nicht den Fokus auf den Kundenbedarf legen, sondern den Versicherungsnehmer zu Abschlüssen mit möglichst hohen Provisionsrückzahlungen animieren wollen, müssen konsequent sanktioniert werden.“
Nicht zuletzt wird der Vorgang die Diskussion um die Aufsicht von Versicherungsvermittlern neu beflügeln. Nahrung bekam die Debatte bereits in Verbindung mit dem Koalitionsvertrag, der vorsieht, Finanzanlagenvermittler künftig von der BaFin und nicht mehr von der IHK beaufsichtigen zu lassen. Die Frage „Warum dann nicht auch die Versicherungsvermittler?“ liegt diesbezüglich nahe. Wie die Diskussion an dieser Stelle fortgesetzt wird, mag auch davon abhängen, wie der Fall der gonetto GmbH, die um ihr Geschäftsmodell kämpft, ausgeht. (bh)