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3. August 2018
Recyclinghöfe und Diskotheken: Schwer versicherbar, aber machbar

Recyclinghöfe und Diskotheken: Schwer versicherbar, aber machbar

Die Hübener Versicherungs-AG hat sich auf ungewöhnliche Risiken spezialisiert. Risiken, die häufig von anderen Versicherern nicht mehr abgedeckt werden. Im Interview mit AssCompact erklärt Dietmar Linde, Vorstand der Hübener Versicherungs AG, woran das liegt und wie sein Haus arbeitet.

Herr Linde, Sie wenden sich an exponierte Risikogruppen, für die der Versicherungsmarkt kein oder nur ein eingeschränktes Angebot bietet, wie Diskotheken oder Recyclingbetriebe. Warum sind Spezialrisiken und insbesondere auch Recycling bei den Versicherern unbeliebt?

Beide von Ihnen genannte Branchen zeigen ein stark erhöhtes Feuerrisiko. Dies alleine ist aber noch kein Grund für die Zurückhaltung der Branche.

Bei Diskotheken ist das subjektive Risiko ein Aspekt, der nur mit entsprechender jahrelanger Erfahrung in den Griff bekommen werden kann. Anders ausgedrückt führen ausbleibende Einnahmen und Wettbewerbssituationen – zusätzlich zu den klassischen Ursachen, wie technische Defekte und menschliches Versagen – zu Feuerschäden. Begünstigt durch die teils sehr langen Betriebspausen von Sonntagmorgen bis Freitagabend nimmt ein Schaden in einer Diskothek oder einem Club schnell größere Dimensionen an als in anderen Branchen.

Anders die Situation in der Entsorgungsbranche. In den letzten zehn Jahren hat es allein in Deutschland rund 1.400 nennenswerte Feuerschäden bei Recyclern gegeben. Leicht zu entzündende Stoffe, die eine hohe Brandlast darstellen, kombiniert mit den genutzten Entsorgungstechniken, wie zum Beispiel pressen und schreddern, führen zu einem exponentiell gesteigerten Feuerrisiko. Wenn zusätzliche Risikofaktoren wie geringe Schulung der Arbeiter, mangelnde Wartung und unzureichende Schadenprävention hinzukommen, steigt das Totalschadenrisiko immens. Brandstiftung und Selbstentzündung sind weitere Gefahrenquellen, die nicht unterschätzt werden dürfen.

Mit der steigenden Anzahl an recycelbaren Materialien nimmt auch der Druck für die Branche zu, neue Wege zur Abfallverarbeitung zu finden, was zur Verwendung von Prototyp-Maschinen und zur Automatisierung von Prozessen führt. Die Begleitung der Branche auf Seiten der Versicherer kann damit nur gezielt erfolgen und nicht nebenbei. Bei vielen Versicherern ist die Profitabilität der letzten Jahre zu gering, um sich ganz dem Thema zuzuwenden. Dann kommt es häufig zu einem Zeichnungsverbot für Neugeschäft und im Nachgang zur Beendigung bestehender Verträge.

Welcher Versicherer bietet überhaupt noch Schutz?

Nach unserem Kenntnisstand sind wir der einzige von der BaFin beaufsichtigte Versicherer, der aktiv Versicherungsschutz für Diskotheken und Recycler anbietet. Das schließt natürlich nicht aus, dass der eine oder andere Versicherer auf Druck seiner Ausschließlichkeitsorganisation oder eines großen Maklers ebenfalls Versicherungsschutz gewährt.

Müssten Versicherer flexibler werden in der Risiko- und Prämienkalkulation, etwa aufgrund von Präventionsmaßnahmen, Selbstbehalten, um überhaupt zu bestehen?

Um in den Bereichen risikogerechte Prämien zu definieren, sollte der Versicherer einen unvoreingenommenen und freien Blick auf das Risiko haben. Wir begegnen dem Kunden nicht mit einem festen Anforderungskatalog, sondern mit dem Vorsatz, eine risikoadäquate Lösung für die gegebene Risikolage zu finden. Dies setzt Offenheit und Gesprächsbereitschaft auf beiden Seiten voraus. Bei uns spricht der Kunde mit Entscheidern. Das heißt der direkte Ansprechpartner für Vertrag oder Schaden bei uns im Haus trifft auch die Entscheidung. Das bringt Geschwindigkeit, Klarheit in den Aussagen, flexible Lösungen und zusätzlich auch noch eine persönliche Beziehung.

Unsere Wahrnehmung ist, dass wir damit zunehmend ein Alleinstellungsmerkmal haben. Dem Branchentrend folgend wird der Großteil der Versicherer in den nächsten Jahren nicht flexibler. Digitalisierung und Automatisierung werden auf möglichst große Vertragsstückzahlen ausgerichtet. Für „schwere Risiken“ bleibt da kein Platz.

Wie errechnet man überhaupt Versicherungssummen bei Spezialrisiken oder auch im Recycling-Bereich?

Das ist nicht anders, als bei anderen Branchen. Wichtig ist, dass der Kunde sich bewusst macht, dass die Versicherungssummen für Gebäude, Inventar und Betriebsunterbrechung korrekt zu ermitteln sind und eine fehlerhafte Ermittlung im Schadenfall zu einer Unterversicherung führen kann. Nach unserer Erfahrung können und machen es die Kunden dann gründlich, wenn der Makler neben dem Versicherer auf die Notwendigkeit hinweist oder schon negative Erfahrungen im Schadenfall gesammelt wurden.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Maklern?

Wir haben uns bewusst dafür entschieden, auf einen eigenen Vertrieb zu verzichten und stattdessen mit Versicherungsmaklern zusammenzuarbeiten. Kunden die uns direkt kontaktieren empfehlen wir, sich einen kundigen Versicherungsmakler in der Nähe zu suchen, der sie gesamthaft betreuen kann. Die speziellen Fragen der Feuerversicherung kann der Makler dann für seinen Kunden mit uns erörtern.