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20. März 2019
Sensibles Thema Arbeitskraftsicherung: So individuell wie der Kunde

Sensibles Thema Arbeitskraftsicherung: So individuell wie der Kunde

Entscheidend bei der Arbeitskraftabsicherung sind die Risiko- und die Leistungsprüfung. Mit ihr stehen und fallen u. a. der Abschluss für den Vermittler und der Schutz für den Kunden. Deshalb lohnt sich auf jeden Fall ein Blick hinter das Produkt, sagt Sandra John, Leiterin der Risiko- und Leistungsprüfung bei der LV 1871.

Frau John, innerhalb der Arbeitskraftabsicherung sind Risiko- und Leistungsprüfung entscheidende Faktoren. Was bedeuten sie für Kunden, Vermittler und Versicherer?

Wer sich für die Absicherung seiner Arbeitskraft entscheidet, muss vor allem im Schadenfall sicher sein können, dass die abgeschlossene Versicherung schnell greift. Hinter einem bedarfsgerechten Versicherungsschutz muss immer eine möglichst effiziente Risikoprüfung stehen, die letztlich eine spätere Leistungserbringung bestimmt. Das Schutzversprechen, das Versicherer beim Abschluss geben, betrifft den einzelnen Kunden, aber auch Vermittler und das allgemeine Vertrauen in die Versicherung.

Wir bei der LV 1871 verstehen uns als Schadenmanager und Lebensbegleiter des Kunden zugleich und leisten bei Arbeitsunfähigkeit zeitnah, transparent und unkompliziert. Wir haben eine sehr hohe Anerkennungsquote, und darauf sind wir stolz. Denn: Das stellt für uns im Kern die Erfüllung unseres Vertrags und unseres Versprechens dar und ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Aus diesem Grund investieren wir auch in außergewöhnlich hohem Maß zukunftsweisend in unsere Risiko- und Leistungsprüfung.

Was trägt neben der Leistungsquote noch am stärksten mit zur Vertrauensbildung bei?

Kunden und Vermittler sollten unbedingt auf stabile Beiträge achten. So haben wir die Nettobeiträge für unsere Golden BU Berufsunfähigkeitsversicherung noch nie erhöhen müssen – seit mehr als 20 Jahren. Das Analysehaus MORGEN & MORGEN findet das „hervorragend“; das Infinma-Institut für Finanz-Markt-Analyse attestiert deshalb „maximale Beitragsstabilität“. Neben einer soliden Beitragskalkulation leistet unsere verantwortungsbewusste Risikoprüfung einen wichtigen Beitrag zur langfristigen Beitragsstabilität.

Wie wollen Sie denn gerade beim Abschluss Vertrauen bei Vermittlern und Kunden gewinnen?

Durch Individualität: Unsere Risikoprüfung ist so individuell wie der Kunde selbst. Wir stellen unseren Geschäftspartnern ein Tool zur Verfügung, mit dem sie unkompliziert eine Orientierung bei medizinischen Voranfragen erhalten. Dennoch kann der Vermittler zu jeder Zeit auch die persönliche Einschätzung eines Risikoprüfers in Anspruch nehmen. Zudem prüfen wir auf Wunsch bereits zum Vertragsabschluss, ob die Anzeigepflicht erfüllt wurde, und garantieren somit präventiv, dass der Kunde im Leistungsfall keine Probleme mit der vorvertraglichen Anzeigepflicht bekommt.

Das ist ein eigenes Tool. Was halten Sie von unternehmensübergreifenden Risikoprüfungstools?

Wir bieten beide Wege an. Grundsätzlich ist das die Entscheidung des Vermittlers. Einige bevorzugen den schnellen Prozess, das schnelle Votum unternehmensübergreifender Tools. Anderen wiederum fehlt dabei die Individualität.

Wie gehen Sie denn genau bei der Prüfung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vor – eben um gerade Probleme zu vermeiden?

Üblicherweise wird die vorvertragliche Anzeigepflicht erst im Leistungsfall geprüft. Wir bieten diese Prüfung aber bereits zum Vertragsabschluss an. Damit vermeiden wir im Leistungsfall Ärger und beugen Vertrauensverlust vor. Konkret fragen wir nach Krankenversicherungsauszügen und Arztberichten. Diese werden auf Übereinstimmung mit den beantworteten Gesundheitsfragen geprüft. Anschließend erhält der Versicherte ein Zertifikat. Die Leistungsfallprüfung beschränkt sich dann ausschließlich auf die Prüfung der Berufsunfähigkeit und verkürzt sich so erheblich.

Zwischen Abschluss und möglichem Leistungsfall ist ja meist auch ein langer Zeitraum.

Es ist eine Herausforderung, während der Vertragslaufzeit mit dem Kunden in Kontakt zu bleiben. Genau das haben wir uns auf die Fahnen geschrieben: Wir wollen in Kontakt mit dem Kunden bleiben und ihm in schwierigen Lebenssituationen zur Seite stehen. Wir sind fest davon überzeugt, Leistungsfällen durch entsprechende Prävention vorbeugen zu können. Als Vorbild dienen vor allem die Krankenkassen. So erwägen wir beispielsweise, in vom Kunden als belastend empfundenen Situationen psychologische Beratung anzubieten. Dazu läuft gerade ein Pilotprojekt.

Was passiert also, wenn die Berufsunfähigkeit eintritt?

Sollte es zum Leistungsfall kommen, wollen wir die Prüfung für den Kunden so einfach wie möglich gestalten. In unserem BU-Leistungsportal kann der Kunde seinen Leistungsfall deshalb nicht nur melden, sondern auch alle relevanten Unterlagen einfach hochladen. Demnächst kann er auch den aktuellen Stand seiner Leistungsprüfung sehen und in Echtzeit verfolgen.

Digitales Leistungsportal oder Risikoprüfungstool – ist das der erste Schritt in Richtung Automatisierung und damit der richtige Schritt für mehr Vertrauen?

Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt. Denn die Arbeitskraftabsicherung ist ein sehr sensibles Thema. Deshalb verfahren wir hier weiterhin individuell und persönlich – mit eigenem Ansprechpartner und direktem Austausch. Automatisierung gibt es da, wo es auch sinnvoll ist. Also vor allem in der Prozessoptimierung wie beispielsweise bei der Übermittlung von Berichten oder Anträgen. Dies kann direkt im Leistungsportal geschehen.

Arztberichte möglichst zeitnah zu erhalten, ist ja oft ein Problem. Werden Makler und Kunden da nicht doch noch auf eine Geduldsprobe gestellt?

Das ist richtig. Darauf haben wir allerdings leider nur indirekt Einfluss. Oft sind Ärzte und Gutachter auch einfach noch nicht ausreichend digital ausgerichtet. Unser Portal soll auch hier helfen, Wege zu sparen und Berichte direkt bei uns einzustellen.

Und wo liegt die Zukunft in der Risikobeurteilung?

Einfachheit und Transparenz – das ist die Zukunft. Durch die Digitalisierung beobachten wir ganz neue Trends. Dies sehen wir einerseits im Bereich der medizinischen Entwicklung, andererseits aber auch im gesamten Umfeld unserer Kunden. Dadurch entstehen völlig neue Zielgruppen mit anderen Bedürfnissen. Wir haben deshalb jetzt einen Data Scientist und eine Psychologin im Bereich an Bord, um die Erkenntnisse aus Leistungsfällen für die Risikoprüfung nutzbar zu machen. Daher beteiligen wir uns gerade unter anderem als Forschungspartner an einer EU-unterstützten Langzeitstudie zum AI-based Mental Health Screening, deren Grundlage ein Foto vom menschlichen Gesicht bildet. Das sind Beispiele, wie wir mit aller Seriosität bewerten wollen, wie die Arbeitskraftabsicherung der Zukunft aussehen kann.

Sieht man zukünftig jemandem ins Gesicht und weiß, ob der Kunde berufsunfähig wird?

Wir werden als Versicherer auch zukünftig keine Hellseher sein. Allerdings ist die heutige Methode der Risikobewertung, die alleine darauf abstellt, ob in der Vergangenheit wegen psychischer Beschwerden ärztlich behandelt wurde, unbefriedigend. Wir suchen hier nach zukunftsweisenden Ansätzen.

Wie weit können Versicherer in solchen Zukunftsthemen gehen? Wo sind die Grenzen?

Wichtig ist vor allem, sich heute schon der Zukunft zu stellen. Es kommen viele neue Entwicklungen auf uns zu, aber auch eine neue gesamtgesellschaftliche ethische Diskussion. Unsere Aufgabe dabei ist, die wissenschaftliche und technologische Debatte gut zu kennen. Daraus lässt sich ableiten, was ein gutes Produkt in Zukunft ausmacht und wie sich Risiko- und Leistungsprüfungen entwickeln müssen, um den Schutz im Fall der Fälle zu gewährleisten. Das alles mit größter Sensibilität hinsichtlich ethischer und datenschutzrechtlicher Fragen.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 03/2019, Seite 42 f. und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Sandra John