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7. Juni 2018
So können auch kleine Maklerbüros qualifizierte Ausbildung unterstützen

So können auch kleine Maklerbüros qualifizierte Ausbildung unterstützen

Qualifizierter Nachwuchs bei Versicherungsmaklern ist rar. Oft erschweren Rahmenbedingungen die erfolgreiche Umsetzung der Ausbildung im Maklerbüro. An der Dualen Hochschule Heidenheim gibt es erste Ideen, wie die duale Ausbildung von Studierenden auch in kleineren Maklerbüros unterstützt werden kann. Interview mit Prof. Dr. Jürgen Hilp, Leiter des Studiengangs BWL-Versicherung der Dualen Hochschule Heidenheim.

Herr Professor Hilp, wie schätzen Sie die Ausbildungssituation in Maklerbüros derzeit ein?

Ohne hier eine aktuelle repräsentative Erhebung zugrunde legen zu können, würde ich die Ausbildungssituation in Maklerbüros nicht als homogen bezeichnen. Neben vielen Quereinsteigern, alten Hasen und ausgebildeten Kaufleuten sollten sich Absolventen aus Versicherungs- und Finanzdienstleistungsstudiengängen wohl eher in der Unterzahl befinden.

Wie viele Ihrer Studenten machen die Ausbildung bei einem Makler?

In den letzten Jahren absolvierten weniger als 10% der Studierenden ihre Ausbildung über einen Makler, hinsichtlich entsprechender Maklerunternehmen mit weniger als 20 Mitarbeiten lag die Quote sogar deutlich unter 5%.

Warum entscheiden sich Studenten der Dualen Hochschule eher für die Ausbildung bei einem Versicherer?

Versicherer bieten erheblich mehr Stellen für Studierende an, während von Maklerseite bisher kaum Angebot besteht. Außerdem bieten Versicherer im Gegensatz zu kleineren Maklerunternehmen bessere Entwicklungsmöglichkeiten und die Perspektive, auch in andere Unternehmensfunktionen hineinzuwachsen. So ist zumindest die Aussage vieler Studierender. An der Branche interessierte Studienbewerber mit Potenzial sondieren schon sehr früh, welche Unternehmen diese Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Das heißt aber nicht, dass nicht auch Maklerunternehmen interessante Ausbildungschancen bieten und so neue Mitarbeiter gewinnen können. Dafür muss aber ein Konzept vorhanden sein und vor allem nach außen und gegenüber den Studienbewerbern aktiv kommuniziert und authentisch gelebt werden.

Welche Voraussetzungen muss ein Maklerbüro erfüllen, um als Ausbildungsbetrieb für den dualen Studiengang infrage zu kommen?

Grundsätzlich sollte ein Ausbildungsunternehmen mindestens zehn Mitarbeiter haben. Außerdem muss es einen Mitarbeiter benennen können, der als betrieblicher Betreuer für zukünftige Studierende fungieren kann. Dieser sollte grundsätzlich einen Hochschulabschluss vorweisen können, der aber nicht zwingend berufsspezifisch sein muss. Zudem muss ein Ablaufplan für die Praxisphasen aufgestellt werden, in dem die Stationen der praktischen Ausbildung umrissen werden.

Was muss die Branche tun, damit die Ausbildungssituation auch bei Maklern besser wird?

Mit Sicherheit wird in Maklerunternehmen, sofern überhaupt, bereits jetzt sehr gut ausgebildet. Zunächst muss das Unternehmen für sich abklären, ob es ausbilden will und wenn ja, auf welchem Weg. Neben der klassischen Ausbildung eignet sich ein duales Studium als praxisnaher Weg und ist eine hervorragende Kombination von Ausbildung und Studium. Im Gegensatz zur klassischen Ausbildung können Studierende aufgrund der Studieninhalte auch auf komplexes betriebswirtschaftliches Wissen zurückgreifen, kombiniert mit dem fachspezifischen Know-how aus der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche. In Zeiten der Digitalisierung, Regulierung und damit verbundenen vermehrt strategischen Überlegungen wird es auch im Maklerbüro darauf ankommen, unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Dafür ist ein BWL-Studium eine sehr gute Basis.

Sie verfolgen die Idee, die Ausbildung in Maklerbüros mit der Dualen Hochschule über Dachorganisationen zu ermöglichen. Warum?

Kleineren Maklerunternehmen fehlt oftmals die Möglichkeit, ein duales Hochschulstudium für Studierende anzubieten. Einerseits erfüllen sie häufig nicht die Mindestvoraussetzungen für eine Zulassung. Andererseits ist es oft sehr schwierig, einen Studierenden in die Praxisphasen zu integrieren und ihn so zu fordern und zu fördern, dass eine dauerhafte Beziehung zum Unternehmen aufgebaut wird. Das Ziel soll ja sein, dass die Ausbildung in eine spätere Weiterbeschäftigung münden kann.

Wie lautet Ihre Idee?

Eine Idee könnte sein, dass über eine Dachorganisation der planerische Rahmen für erfolgreiche Praxisphasen entwickelt wird, den angeschlossene kleinere Maklerbüros nutzen können. Eine Möglichkeit wäre auch, dass Studierende innerhalb der Praxisphasen angeschlossene Verbundunternehmen kennenlernen könnten oder Schulungen in den Praxisphasen zentralisiert ablaufen. Gestaltungsmöglichkeiten kann man sich hierzu viele überlegen. Die vorrangige Frage wird aber sein, inwieweit der Markt, also in diesem Fall die Maklerbüros, Interesse an einer Ausbildung von Studierenden haben. In diesem Zusammenhang sind wir dabei, eine Umfrage unter den Marktteilnehmern durchzuführen, um das Potenzial auszuloten. Darin werden wir bereits von Christian Sünderwald vom SdV und Christian Schwalb von der Initiative Zukunft für Finanzberater unterstützt.

Welche Vorteile haben Makler von einer Kooperation mit der Dualen Hochschule?

Der Studiengang BWL-Versicherung an der DHBW Heidenheim ist sehr vertrieblich ausgerichtet, zudem werden auch Themenkomplexe der Finanzberatung behandelt. Infolge der engen Verzahnung mit dem Digitalisierungs-Circle erhalten die Studierenden intensive Einblicke in den Bereich der Digital Finance. Die Erkenntnisse können die Studierenden in den Praxisphasen direkt auch zum Vorteil der Ausbildungsunternehmen umsetzen. Zudem ist die DHBW Heidenheim als staatliche Hochschule frei von hohen Studiengebühren, mit Ausnahme allgemeiner Einschreibe- und Verwaltungsgebühren, aber im Vergleich zum Markt erheblich kostengünstiger und für alle Unternehmen in Deutschland zugänglich.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 06/2018, Seite 114 f.

 
Ein Artikel von
Prof. Dr. Jürgen Hilp