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29. August 2014
Versicherungsexperten sehen Luft für Prämienerhöhungen

Versicherungsexperten sehen Luft für Prämienerhöhungen

Sparten wie die Kfz- oder Wohngebäudeversicherungen sind aufgrund des bisherigen Preiswettbewerbs und steigender Schadensleistungen unter Druck. Versicherer sollten deshalb Prämienerhöhungen durchsetzen, meint die Beratungsgesellschaft Simon-Kucher & Partners. Die Versicherer haben dies laut einer Kurzstudie auch vor, setzen diese am Markt aber zu selten durch.

Drei Viertel der Versicherer planen für das kommende Jahr, ihre Preise zu erhöhen. Insbesondere in den Bereichen Kfz, Wohngebäude und Rechtsschutz sollen die Prämien deutlich steigen. Das ergab eine Umfrage unter deutschen Versicherern, durchgeführt von der Strategieberatung Simon-Kucher & Partners. Vorsatz und Wirklichkeit klaffen dabei aber weit auseinander: Denn 40% der Befragten gaben an, dass nur in weniger als der Hälfte der Abschlüsse die angesetzte Prämienerhöhung vollständig durchgesetzt wird. Als Ursache vermuten die Versicherer vorrangig die ausbleibende Reaktion des Wettbewerbs und die mangelnde Akzeptanz im Vertrieb.

Alles Ausreden, so die Einschätzung von Dr. Dirk Schmidt-Gallas, Partner bei Simon-Kucher. Er sieht andere Gründe: „Bei Prämienerhöhungen werden oft Zahlungsbereitschaften im Markt nicht bedacht. Außerdem ist die Kommunikation mehr als dürftig. Die Akzeptanz auf Kundenseite ist dann entsprechend gering.“ Der Vertrieb brauche zudem viel mehr Unterstützung bei Preiserhöhungen als bisher.

29,99 Euro besser als 30,02 Euro

Mehr als 80% der von Simon-Kucher & Partners Befragten gaben an, dass sie die Prämie ihrer Wohngebäude-Policen um mehr als 5% erhöhen wollen. Im Bereich Rechtsschutz streben mehr als die Hälfte eine 5%-ige Erhöhung an. Der überwiegende Teil der Versicherer kalkuliert seine Preiserhöhung dabei hauptsächlich nach kundenspezifischen Kriterien wie Schadensquoten und Demografie. Kriterien wie Zahlungsbereitschaften und Abschlusskanäle spielen dabei weniger eine Rolle. Das kritisieren die Strategieberater: Vor allem das Wissen um Zahlungsbereitschaften könne helfen, Prämien erfolgreich und profitabel im Neu- und Bestandsgeschäft zu erhöhen. Zusätzlich sollten preispsychologische Mittel bei der Kommunikation eingesetzt werden. Beispielweise sei die Nutzung des „Schwelleneffekts“ ein wirkungsvolles Mittel. Prämien, die gerade eine 10-er Grenze überschreiten (zum Beispiel 30,02 Euro) ließen sich durch eine Senkung auf 29,99 Euro viel kundenfreundlicher darstellen. „Dann empfindet der Kunde eine Prämienerhöhung oder Vertragsumstellung nicht mehr als negativ“, so Schmidt-Gallas.

Auch die Art der Kommunikation sei noch verbesserungswürdig. Beispielsweise haben Versicherer mit hohen Altbeständen ohne Beitrags-Anpassungsklausel in der Hälfte der Fälle versucht, auf neue Verträge umzustellen. Der Versuch zur Umstellung erfolgte zumeist über den Vermittler oder ein postalisches Anschreiben. Das sei antiquiert, so das Urteil der Studienleiterin Diana Nöcke. Zudem scheitere eine Vertragsumstellung oft daran, dass die prämienseitigen Nachteile für die Kunden zu hoch und die Anreize für den Vertrieb zu gering seien: Das Engagement des Vertriebs müsse deshalb den Versicherern besonders am Herzen liegen. (bh)