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Steuern & Recht
16. Februar 2018
Wahlleistungsvereinbarung nicht eingehalten: Behandlung rechtswidrig?

Wahlleistungsvereinbarung nicht eingehalten: Behandlung rechtswidrig?

Im Falle der Wahlleistungsvereinbarung mit dem Chefarzt muss dieser – mit Ausnahme seiner Verhinderung – den Eingriff selbst durchführen. Allein mit seiner Anwesenheit werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.

Eine ärztliche Behandlung ist rechtswidrig, wenn ein Patient nicht einwilligt. Doch was ist mit der Einwilligung, wenn ein Patient Wahlleistungen mit dem Chefarzt vereinbart hat? Dann liegt keine Einwilligung vor und die Behandlung ist rechtswidrig. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.

Der betroffene Krankenversicherer klagte in einem aktuellen Fall gegen die Krankenhausgesellschaft sowie gegen zwei Ärzte auf Ersatz von Aufwendungen in Höhe von 30.000 Euro. Die 93-jährige versicherte Patientin befand sich in stationärer Behandlung. Neben dem Krankenhausaufnahmevertrag bestand eine Wahlleistungsvereinbarung, die die zusatzversicherte Patientin abgeschlossen hatte. Nach dieser war eine Chefarztbehandlung vorgesehen, der im Verhinderungsfall vom zweiten beklagten Arzt vertreten werden sollte. Nach Abschluss der Zusatzvereinbarung führte der zweite beklagte Arzt eine Koloskopie durch, bei der es zu Zwischenfall kam. Der Chefarzt war bei dem Eingriff in der Funktion eines Anästhesisten anwesend. Postoperativ wurde eine intensiv medizinische Behandlung der Patientin mit Beatmung erforderlich. Es trat eine Sepsis auf. Wenige Tage später verstarb die Patientin.

Wahlleistungen muss entsprochen werden

Die Klägerin ist der Ansicht, der Chefarzt habe den Eingriff persönlich vornehmen müssen, ein Vertretungsfall habe nicht vorgelegen. Die beiden Ärzte hingegen vertreten die Ansicht, die ärztliche Aufgabenverteilung bei der Koloskopie habe den Anforderungen der Wahlleistung entsprochen. Zudem sei der Chefarzt bei der Operation persönlich anwesend gewesen und habe diese ständig beobachtet und überwacht.

Das Gericht hat der Klage stattgegeben. Die Behandlung der Patientin sei mangels wirksamer Einwilligung insgesamt rechtswidrig gewesen. Wenn der Eingriff durch einen bestimmten Arzt vereinbart oder konkret zugesagt ist, müsse der Patient rechtzeitig aufgeklärt werden und zustimmen, wenn ein anderer Arzt an seine Stelle treten solle. Diese Einwilligung fehlte aber im konkreten Fall.

Chefarzt muss Eingriff persönlich vornehmen

Nach der von der Patientin abgeschlossenen Wahlleistungsvereinbarung habe der Zweitbeklagte den Eingriff vornehmen müssen und sich nur im Falle einer unvorhergesehenen Verhinderung durch einen anderen Arzt vertreten lassen können. Einen solchen Vertrag schließe der Patient im Vertrauen auf die medizinische Kompetenz des von ihm gewählten Arztes ab. Demzufolge müsse der Wahlarzt die seine Disziplin prägende Kernleistung persönlich und eigenhändig erbringen. Bei der Koloskopie handle es sich um eine die Innere Medizin prägende Kernleistung. Sie sei ein operativer Eingriff mit nicht unerheblichen Risiken, bei der es maßgeblich auf die Fähigkeiten des Operateurs ankomme. Der Chefarzt habe die Koloskopie deswegen grundsätzlich selbst durchführen müssen.

Ein zulässiger Vertretungsfall habe nicht vorgelegen. Durch seine Anwesenheit beim Eingriff der Drittbeklagten habe der Chefarzt keine persönliche Leistung im Sinne der Wahlleistungsvereinbarung erbracht. Er sei für den Bereich der Anästhesie und nicht für den der Chirurgie zuständig gewesen. (tos)

OLG Hamm, Urteil vom 15.12.2017; Az.: 26 U 74/17