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13. November 2014
Warum Versicherungsvertrieb meist noch männlich ist

Warum Versicherungsvertrieb meist noch männlich ist

Zu wenig Selbstbewusstsein? Keine Unterstützung? Schlechte Rahmenbedingungen? Woran liegt es, dass im Versicherungsvertrieb so wenige Frauen arbeiten und es noch weniger in Führungsfunktionen schaffen? Dieser Frage ging eine Diskussion im Rahmen des VDVM-Kongress auf der DKM 2014 nach.

Mit der politischen Diskussion um die Frauenquote kam auch Bewegung in die Versicherungswirtschaft. An Neubesetzungen auf Vorstandsebene war es deutlich ablesbar, dass Frauen mehr Beachtung fanden. Mit Gründung des VDVM-Frauennetzwerks und des AGV-Beirats „Frauen in Führung“ bekamen Frauen als Unternehmerinnen und Führungskräfte ein Gesicht in der Branche. Immerhin.

Eine Selbstverständlichkeit sind Frauen in Führungspositionen in der Finanz- und Versicherungswirtschaft aber immer noch nicht. Im Vertrieb sind sie sogar immer noch die große Ausnahme. Warum das so ist, hinterfragte eine Diskussion beim VDVM-Kongress auf der Ende Oktober stattfindenden DKM 2014.

Liegt es an den Frauen oder an den Rahmenbedingungen?

Gründe wurden denn auch einige gefunden. Das schlechte Image der Branche und insbesondere der Vermittler sei einer der Hauptgründe, warum Frauen sich nicht für eine Karriere im Vertrieb entscheiden würden. Die gesellschaftliche Anerkennung fehle. Zudem gefielen vielen Frauen der Wettbewerbsgedanke und die Aggressivität im Vertrieb nicht. Die Branche sei auch immer noch zu sexistisch.

Auch die Rahmenbedingungen wurden in der Diskussionsrunde als Hürde genannt. Mit der Familienplanung komme bei jungen Frauen der Wunsch nach Teilzeitarbeit auf – mit Führungsaufgaben lässt sich dies bis heute nach Ansicht vieler Konzerne aber nicht vereinen. Einige Diskussionsteilnehmerinnen stellten aber heraus, dass sich etwa die Arbeit als Maklerin aufgrund der Flexibilität besser mit Familienplanung und Familienbetreuung vereinbaren ließen. Überhaupt stoße man als Maklerin an weniger Grenzen als etwa in einem Konzern. Voraussetzung ist natürlich der Mut zum Unternehmertum und zum Vertrieb.

Die Schuld wird aber auch bei den Frauen selbst gesucht. Frauen hätten zu wenig Selbstbewusstsein, würden Gehälter zu schlecht verhandeln, würden Gelegenheiten nicht beim Schopfe packen. Sie würden oft so lange überlegen, bis sich jemand anderes den Führungsposten geschnappt habe. Der Druck sei vielen Frauen im Vertrieb zu hoch, sie scheuten das Risiko und wollten mehr Planbarkeit als Männer, so weitere Punkte. Ob ein Festgehalt mehr Frauen anziehen würde als die vertriebsüblichen Provisionen, wurde dabei kontrovers diskutiert.

Nur wer selbst will, schafft es

Letztlich bleibt nur ein Ratschlag aus der Runde, denn die Rahmenbedingungen werden sich nur langsam ändern: Frauen müssten ihre Karriere viel mehr selbst in die Hand nehmen. Dazu müsse man netzwerken und sich Unterstützer suchen. Auch ein unabhängiger Coach könne helfen. Je mehr Frauen in den Vertrieb und dort in Führungsaufgaben vordringen würden, umso mehr Vorbilder gebe es. Solange Multiplikatoren, Vertriebstrainer und Führungskräfte männlich seien, fehle jungen Frauen auch die Orientierung für eine eigene Karriere im Vertrieb. Und: Frauen müssten lernen, mit Neid und Kritik umzugehen – insbesondere mit der, die nur für weibliche Führungskräfte reserviert sei. (bh)

Die Teilnehmerinnen der Podiumsdiskussion

v.l.n.r.: Moderatorin Adelheid Marscheider (Versicherungsmaklerin), Alexandra Kallmeier (Versicherungsmaklerin), Julia Böhne (Cash-Redakteurin), Petra Schmidt (Leiterin Maklerservice Gothaer), Dr. Christina Boll (Forschungsdirektorin HWWI)

DKM-Besucher können die Diskussion hier nachhören.