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16. Januar 2023
Weltweit 270 Mrd. US-Dollar Schäden durch Naturkatastrophen
hurricane approaching the American continent visible above the Earth, a view from the satellite. Elements of this image furnished by NASA.

Weltweit 270 Mrd. US-Dollar Schäden durch Naturkatastrophen

Munich Re schätzt die im Jahr 2022 durch Naturkatastrophen verursachten Schäden auf rund 270 Mrd. US-Dollar. Vieles ist auf Klimawandel und La Niña zurückzuführen. Die teuerste Katastrophe war Hurrikan Ian. Doch in ärmeren Ländern werden Menschen oft sehr stark getroffen.

Munich Re schätzt in ihrer Bilanz die Schäden, die im Jahr 2022 durch Naturkatastrophen verursacht wurden, auf rund 270 Mrd. US-Dollar weltweit. Dies entspreche dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Mit rund 120 Mrd. US-Dollar liegen die versicherten Schäden allerdings deutlich über dem Durchschnitt von 97 Mrd. US-Dollar (2017–2021).

La-Niña-Bedingungen und Klimawandel

„Bei der Betrachtung der Naturkatastrophenbilanz sind zwei Faktoren wichtig. Erstens: Im dritten Jahr in Folge herrschten La-Niña-Bedingungen. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit für Hurrikane in Nordamerika, für Hochwasser in Australien, Hitze und Trockenheit in China oder stärkere Monsunniederschläge in Teilen Südasiens. Gleichzeitig verstärkt der Klimawandel in der Tendenz Wetterextreme, so dass sich Effekte mitunter ergänzen“, so Ernst Rauch, Chef-Klimatologe von Munich Re.

Das bewirken La Niña und El Niño

„La Niña“ ist eine Ausprägung einer zyklischen Klimaschaukel im Pazifik, die sich auf das Wetter in weit entfernten Regionen der Welt auswirkt. Bei La-Niña-Bedingungen wird das Entstehen von Hurrikanen üblicherweise begünstigt, bei El-Niño-Bedingungen gedämpft. In La-Niña-Jahren treten eher Starkniederschläge auf. Waldbrände und Hitzewellen sind in El-Niño-Jahren, dem Gegenstück zu La Niña, deutlich wahrscheinlicher.

Hurrikan Ian teuerste Naturkatastrophe 2022

Der Bilanz zufolge verursachte Hurrikan Ian mehr als ein Drittel der Gesamtschäden und rund die Hälfte der weltweiten versicherten Schäden. Ian war ein riesiger tropischer Wirbelsturm, der im September mit Windgeschwindigkeiten von fast 250 km/h auf die Westküste Floridas traf. Der dadurch verursachte Gesamtschaden betrug vorläufigen Schätzungen nach rund 100 Mrd. US-Dollar, rund 60 Mrd. US-Dollar waren versichert.

Überschwemmungen in Pakistan zweitteuerste, aber größte humanitäre Katastrophe

Die zweitteuerste, jedoch größte humanitäre Katastrophe waren heftige Überschwemmungen als Folge sehr schwerer Monsunregenfälle in Pakistan. Die Niederschläge im August übertrafen die sonst üblichen um das 5- bis 7-Fache. Hinzu kam eine beschleunigte Gletscherschmelze als Folge der hohen Temperaturen, die das Hochwasser noch verstärkte. Mindestens 1.700 Menschen kamen ums Leben. Der direkte Schaden wird auf mindestens 15 Mrd. US-Dollar geschätzt. Versichert war fast nichts.

Zweitteuerste Naturkatastrophe für Versicherer in Australien

Somit waren für Versicherer Überschwemmungen im Südosten Australiens die zweitteuerste Naturkatastrophe 2022. Dort führten im Februar und März extreme Niederschläge zu zahlreichen Sturzfluten und starken Flusshochwassern. Der Gesamtschaden betrug etwa 6,6 Mrd. US-Dollar, wovon rund 4 Mrd. US-Dollar versichert waren. Insgesamt verursachten Überschwemmungen in Australien im vergangenen Jahr Schäden von 8,1 Mrd. US-Dollar, davon waren 4,7 Mrd. US-Dollar versichert.

USA liegt in weltweiter Schadenstatistik vorne

Insgesamt verursachten Naturkatastrophen in ganz Nordamerika Schäden im Wert von 150 Mrd. US-Dollar., mit versicherten Schäden von 90 Mrd. US-Dollar. Nordamerika dominiert damit erneut die Schadenstatistik. 95% der gesamten und 98% der versicherten Schäden entfielen laut der Statistik auf die USA.

Bilanz für Europa: Waldbrände, Hagel, Stürme

In vielen Ländern Europas herrschte im vergangenen Jahr extreme Hitze und Dürre sowie starke Gewitter mit schwerem Hagel. In Großbritannien kletterten die Temperaturen erstmals über 40°C. Flüsse in Deutschland und Italien führten so wenig Wasser, dass die kommerzielle Schifffahrt beschränkt wurde. Die indirekten wirtschaftlichen Folgen solcher Ereignisse können laut Munich Re schwer beziffert werden.

Die in der EU aufgrund von Waldbränden verbrannte Fläche war mit rund 800.000 Hektar oder 8.000 km² zweieinhalb Mal so groß wie im Schnitt der vorherigen 15 Jahre. Trotzdem sind Waldbrände in Europa mit Abstand nicht so zerstörerisch wie z. B. in den USA.

In Frankreich und im angrenzenden Spanien führten schwere Hagelstürme zu Milliardenschäden. Allein die Hagelschläge in Frankreich verursachten Schäden in Höhe von 7,2 Mrd. US-Dollar (6,8 Mrd. Euro). Die Versicherungswirtschaft trug 5,6 Mrd. US-Dollar (5,3 Mrd. Euro) davon.

Im Frühjahr hatten außerdem Winterstürme zu erheblichen Schäden in Europa geführt. In Nord- und Nordwest-Europa verursachten sie Schäden von 5,6 Mrd. US-Dollar (5 Mrd. Euro), davon waren 4,3 Mrd. US-Dollar (3,9 Mrd. Euro) versichert. In Europa sind oft große Teile des Kontinents von einem einzigen Ereignis betroffen. Dies kann in der Folge zu einer großen Zahl kleinerer Schäden führen, die sich leicht zu einer hohen Milliardensumme addieren.

In vielen Schwellenländern Asiens fast nichts versichert

Die Region Asien/Pazifik verzeichnete Schäden in Höhe von rund 70 Mrd. US-Dollar. Der versicherte Anteil nahm zu und zwar auf rund 10 Mrd. US-Dollar. Hohe versicherte Schäden entfielen auf industrialisierte Länder: Nach den Hochwassern in Australien war ein Erdbeben in Japan die Katastrophe mit den höchsten versicherten Schäden.

In vielen Schwellenländern Asiens sind Katastrophenschäden oft so gut wie gar nicht versichert. In China führte beispielsweise eine langanhaltende Hitzewelle und Dürre mit Temperaturen bis über 44°C zu Wasserknappheit und Ernteausfällen. Nach groben Schätzungen könnten die Schäden unter anderem durch Ernteausfälle in einer mittleren einstelligen Milliardenhöhe liegen. Versichert war allerdings fast nichts.

Rauch fordert daher bessere Prävention und Frühwarnsysteme zum Schutz der Menschen. „Auch können verbindlich geregelte Entschädigungsleistungen dazu beitragen, mehr Menschen gegen die unmittelbaren finanziellen Folgen von Katastrophen abzusichern“, so Rauch.

Afrika von Hochwasser getroffen

Afrika trafen im Jahr 2022 zwei Hochwasserereignisse als folgenschwerste Naturkatastrophen. In Nigeria etwa wurden nach ungewöhnlich starken Regenfällen weite Teile des Landes überschwemmt, mehr als 600 Menschen starben. Im Osten Südafrikas verursachte ein starkes Sturmtief mit extremen Niederschlägen Sturzfluten und Überschwemmungen. In beiden Ländern verursachten die Überschwemmungen Schäden in der Größenordnung von 4 Mrd. US-Dollar. In Südafrika überschritten die versicherten Schäden die Milliardenschwelle.

Südamerika: Dürre führt zu Ernteausfällen

In Südamerika kam es im Süden Brasiliens zu einer Dürre, die laut einem staatlichen landwirtschaftlichen Forschungsinstitut durch Ernteausfälle einen Schaden in Milliardenhöhe nach sich zog.

„Prävention und finanzielle Absicherung, etwa durch Versicherungen, müssen höhere Priorität bekommen“

Thomas Blunck, Mitglied des Vorstands von Munich Re, zu den Naturkatastrophen und deren Hintergründen sowie Folgen: „Der Klimawandel fordert zunehmend Tribut. Die Naturkatastrophenbilanz 2022 ist dominiert von Ereignissen, die nach dem Stand der Forschung stärker oder häufiger werden. Manche auch beides zugleich. Zudem ist erschreckend, was sich immer wieder zeigt: Naturkatastrophen treffen Menschen in ärmeren Ländern besonders stark. Prävention und finanzielle Absicherung, etwa durch Versicherungen, müssen daher höhere Priorität bekommen.“ (lg)

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