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14. Juli 2020
Wohngebäudeversicherung: Mit Prävention aus der Schieflage?

Wohngebäudeversicherung: Mit Prävention aus der Schieflage?

Die Wohngebäudeversicherung schlägt bei etlichen Gesellschaften mit einem Minus zu Buche. Die Ratingagentur Assekurata hat sich genauer mit der Schadenseite befasst und zeigt auf, dass niedrigere Elementarschäden nur punktuell für Entlastung sorgen, denn Leitungswasser- und Feuerschäden bleiben die Kostentreiber. Versicherer sollten stärker auf Prävention setzen.

Obwohl die Branche um Sanierung bemüht ist, zählt die Wohngebäudeversicherung seit Jahren zu den Sorgenkindern der Schaden-/Unfallversicherer hierzulande. Etliche Gesellschaften fahren Verluste ein. So betrug die Schaden-Kosten-Quote des Gesamtmarkts im Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre (2000 bis 2019) rund 106%. Selbst im Zeitraum von 2014 bis 2018, als die Branche vergleichsweise wenig Elementarschäden zu verzeichnen hatte, lag die Quote mit rund 98% noch immer nahe der 100%-Marke und damit an der Verlustgrenze, wie Assekurata unterstreicht.

Die Ratingagentur hat sich im Rahmen einer Analyse mit den Gründen für die wirtschaftliche Schieflage befasst und die Schadenseite näher beleuchtet. Anhand der Ergebnisse zeigen die Analysten auf, dass vergleichsweise niedrige Belastungen durch Elementarschäden nicht bei allen Anbietern für eine Entspannung der Ertragslage sorgen.

Dauerposten Leitungswasserschäden

Denn Elementarschadenereignisse wie etwa Sturm und Hagel würden sich nur punktuell auf die Ertragssituation der Versicherer auswirken, wenn auch Sturmereignisse wie Friederike 2018 zu sehr hohen Leistungsausgaben führten. Auch Überschwemmung oder Starkregen treiben die Ausgaben nach oben.

 

 Mit Prävention aus der Schieflage?

 

Was die Versicherer jedoch seit Jahren kontinuierlich auf hohem Niveau belastet, sind Leitungswasserschäden. Auf diese entfiel 2018 mit 41,5% der Schäden und rund 50% der gezahlten Leistungen der Löwenanteil der schadenbedingten Kosten.

Kostenfaktor Feuer

Daneben stellen Brandschäden für die Versicherer einen weiteren großen Kostenfaktor dar. So schlugen die Zahlungen infolge von Feuerschäden im Jahr 2011 branchenweit bereits mit 750 Mio. Euro zu Buche. Im Jahr 2018 summierten sich diese dann auf 1,16 Mrd. Euro. Auch die durchschnittliche Zahlung pro Schaden nahm im Zeitraum von 2011 bis 2018 um 47% zu, von 4.001 Euro auf zuletzt 5.886 Euro. Als auffallend bezeichnen die Analysten in diesem Zusammenhang, dass Feuerschäden 2018 für rund 19,5% der gezahlten Leistungen verantwortlich waren, obwohl ihr Anteil an den Schäden lediglich knapp 7,7% betrug.

 

 Mit Prävention aus der Schieflage?

 

Weiter stellt Assekurata fest, dass im dargestellten Zeitraum die Häufigkeit sowohl der Leitungswasser- als auch der Feuerschäden stagnierte, die Schadenkosten aber deutlich nach oben schossen. Gründe für diesen dauerhaften Anstieg der Leistungen seien „nicht abschließend zu bestimmen“.

Steigende Handwerkerpreise

Auch die aufgrund der zuletzt guten Konjunkturlage steigenden Handwerkerpreise schlagen sich bei den Versicherern auf die Kosten nieder. Kommen moderne Techniken zum Einsatz wie etwa bei der Trocknung von Gebäuden, oder wird ein Sachverständiger hinzugezogen, treibt dies die zu zahlenden Leistungen weiter in die Höhe. Moderne Anwendungen, wie etwa intelligente Wasseruhren oder vernetzte Feuermelder, eröffnen durchaus Möglichkeiten, langfristig Anzahl und Ausmaß der Schäden zu begrenzen. Doch mit solchen Systemen sind nur wenige Gebäude ausgestattet, da die Versicherten zu einem Großteil die Kosten dafür übernehmen müssen.

Beiträge weiter erhöhen?

Bei der Kostenentwicklung haben die Versicherer also wenig Handlungsspielraum. Deshalb hält es Assekurata für „unabdingbar“, dass die Versicherer auch künftig an der ertragsorientierten Zeichnungs- und Tarifierungspolitik der jüngeren Vergangenheit festhalten. Doch zugleich bezweifeln die Analysten, ob dies reichen wird, um die Wohngebäudeversicherung aus ihrer Schieflage zu manövrieren.

Versicherer sollten stärker auf Prävention setzen

Stattdessen sollten die Versicherer deutlich konsequenter das Thema Prävention in den Blick nehmen. Vor allem die vielfältigen Möglichkeiten der Vernetzung, die das smarte Zuhause bietet, gilt es intensiver zu nutzen. Doch neben der Bereitstellung oder finanziellen Förderung der Technik braucht es auch begleitende Services wie ein Notfallmanagement oder ein Handwerkernetzwerk.

Vom reinen Schadenzahler zum „Notfallkümmerer“

Diese Leistungsbestandteile seien bisher in der Branche wenig verbreitet, wie Assekurata unterstreicht. Die Versicherer würden sich noch zu häufig als reinen Schadenzahler sehen und nicht die Rolle eines serviceorientierten „Notfallkümmerers“ übernehmen. Zwar erfordern technische Präventionsmaßnahmen und weitere Services zunächst Investitionen, doch langfristig könnte damit die Kostendynamik gebremst werden. „Immer neue Sanierungsrunden dürften die Kunden hingegen nicht klaglos hinnehmen“, meint Dennis Wittkamp, Senior-Analyst bei Assekurata. (tk)

Bild: © mbruxelle – stock-adobe.com

Grafiken: GDV, Assekurata