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25. September 2023
ZuFinG: möglicher Milliardenmarkt für Immobilieninvestoren

ZuFinG: möglicher Milliardenmarkt für Immobilieninvestoren

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz soll unter anderem Investitionen in erneuerbare Energien attraktiver machen. Zum Beispiel bekommen Immobilienfonds künftig mehr Spielraum beim Betrieb von Photovoltaikanlagen. Jedoch fehlt noch eine entscheidende Ergänzung im Steuerrecht.

Ein Beitrag von Ludger Wibbeke, Geschäftsführer Real Assets bei der HANSAINVEST

Es ist kein großes Geheimnis, dass es in Sachen Klimaschutz in Deutschland noch viel zu tun gibt. So ist Deutschland zuletzt im Klimaschutzindex der Umweltschutzorganisationen Germanwatch und Climate Action Network von Platz 13 auf Rang 16 zurückgefallen. Gleichzeitig soll die Bundesrepublik bis 2045 klimaneutral werden. Es ist deshalb zu begrüßen, dass nun mit dem Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen des Bundesfinanzministeriums und des Bundesjustizministeriums – das so genannte Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) – einige wichtige Problemfelder adressiert werden. Denn einerseits stärkt es die Leistungsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts und steigert die Attraktivität des deutschen Finanzstandorts als wichtigen Teil eines starken europäischen Finanzplatzes. Andererseits schafft es neue Möglichkeiten für Investoren, im Bereich erneuerbare Energien zu investieren und dessen Wachstum voranzutreiben. Es wird voraussichtlich am 10.11.2023 im Bundestag verabschiedet. Am 15.12.2023. soll die Zustimmung des Bundesrates erfolgen und bis zum Ende dieses Jahres soll es dann verkündet werden.

Ein wichtiger Faktor ist aus Sicht von Investoren, dass offene Immobilienfonds künftig in Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien investieren, sie selbst betreiben und den so generierten Strom ins öffentliche Netz einspeisen dürfen. Bislang konnten sich Infrastruktur-Sondervermögen und offene Spezialfonds an solchen Anlagen nur mittelbar über Projektgesellschaften beteiligen, die Infrastrukturanlagen im Bereich der erneuerbaren Energien betreiben. Künftig wird das mit dem ZuFinG für diese Fonds auf direkte Art und Weise möglich sein.

PV-Anlagen als neue Immobilie

Aber auch für bestehende und neue offene Immobilien-Sondervermögen ergeben sich neue Möglichkeiten. Zwar durften sie auf und an ihren Gebäuden auch schon bislang Erneuerbare-Energie-Anlagen installieren, allerdings nur für den Bedarf der entsprechenden Immobilie und deren Mieter. Das heißt, der Bau und das Betreiben von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) oder Ladestationen für Elektrofahrzeuge waren nur dann zulässig, wenn diese in einem gewissen baulichen Zusammenhang mit dem Gebäude stehen und der Betrieb zur Bewirtschaftung des Gebäudes diente. Genau das wird im Rahmen des ZuFinG nun deutlich erweitert. Demnach bieten Immobilienfonds künftig sogar zwei Möglichkeiten: Zum einen dürfen diese Fonds PV-Anlagen als sogenannte Aufdachanlagen auch erwerben und betreiben, wenn sie mehr Strom erzeugen, als vom Gebäude oder dessen Mietern benötigt wird. Der überschüssige Strom darf verkauft werden, ohne dass der Fonds seinen vermögensverwaltenden Charakter verliert. Steuerrechtliche Hindernisse hatten dem bislang im Weg gestanden. Die sogenannte Schmutzgrenze bzw. Unschädlichkeitsgrenze wurde im Jahressteuergesetz 2022 von bis dahin 5 auf 10% erhöht. Dies sollte jedoch nur ein weiterer Zwischenschritt sein, damit aufsichtsrechtlich und steuerrechtlich kompatible Regelungen vorliegen und diese von der Branche aktiv genutzt werden können. Diese Ergänzung muss im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens unbedingt umgesetzt werden. Nur damit macht das Gesetz Sinn und erzielt seinen Zweck.

Zum anderen bietet sich für offene Immobilienfonds die Möglichkeit, künftig Investitionen in unbebaute Grundstücke zu tätigen, die für die Errichtung von Anlagen sowie zur Erzeugung, zum Transport und zur Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien bestimmt sind, wobei diese Investitionen auf 15% des Fondsvermögens beschränkt werden. Bei solchen Investitionen in Freiflächenanlagen ist die Bebauung mit einem Gebäude nicht mehr notwendig. Dies ist eine deutliche Änderung gegenüber den bislang für Immobilienfonds geltenden Regeln im Kapitalanlagegesetzbuch, nach denen Investitionen in PV-Anlagen ohne Verbindung zur Immobilie nicht vorgesehen waren. Damit wird eine neue Kategorie erwerbbarer Vermögensgegenstände eingeführt und im Hinblick auf erneuerbare Energien wie auch auf E-Ladestationen, die darin ebenfalls integriert sind, Rechtssicherheit geschaffen. Auch dies steht und fällt jedoch mit der Neuregelung der bereits erwähnten Schmutzgrenze.

Einerseits kann dies den Fonds eine zusätzliche Einnahmequelle bescheren, während andererseits erneuerbare Energien für die entsprechenden Fonds, nach der Anpassung ihrer Anlagebedingungen, in den kommenden zehn bis 15 Jahren zu einer Art „neuer Assetklasse oder Immobilie“ werden könnten, was wiederum der alternativen Energieerzeugung einen Schub verleihen dürfte. In Deutschland gibt es fast 20 Millionen Bestandsimmobilien; schon daraus ergibt sich ein gewaltiges Potenzial für Investoren. Tatsächlich stellen wir eine hohe Bereitschaft bei den Immobilieninvestoren fest, solche Anlagen zu installieren und zu betreiben. Bislang aber haben institutionelle Anleger Investitionen in solchen Anlagen aufgrund aufsichts- und steuerrechtlicher Hindernisse und Unsicherheiten meist unterlassen.

Noch viel Wachstumspotenzial bei PV-Anlagen

Institutionelle Investoren könnten einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende leisten. Schließlich strebt Deutschland Klimaneutralität bis 2045 an und verfolgt Etappenziele hinsichtlich der Einsparung von CO2. Um das zu schaffen, ist ein deutlicher Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig. Laut dem Statistischen Bundesamt Destatis hatte der aus erneuerbaren Energien erzeugte Strom im vergangenen Jahr zwar einen Anteil von 46,3%. Allerdings lag die Stromerzeugung durch Kohle noch auf Platz 1 und damit vor der Windkraft, die mit 24% den weitaus größten Anteil unter den erneuerbaren Energien hatte. Die Photovoltaik kam dagegen nur auf 11%. Zwar wächst die Zahl der PV-Anlagen sowie die installierte Leistung rasant. Dennoch muss deren Kapazität erheblich ausgebaut werden, um die Ziele der Energiewende zu erreichen.

Hierzu könnte das ZuFinG einen Beitrag leisten. So ist denkbar, dass ein Investment in eine PV-Anlage auf einer dafür geeigneten und ausgewiesenen Freifläche eine Art „neuer Assetklasse oder Immobilie“ für langfristig orientierte Investoren wie Versicherungen und Versorgungswerke werden könnte. Bei einem Investitionszeitraum über zehn oder 15 Jahre und der Möglichkeit, den dort erzeugten Strom zu verkaufen, kann dies für manches Versorgungswerk oder manche Pensionskasse eine Überlegung wert sein. Zwar dürfen Investitionen in Erneuerbare-Energie-Anlagen nicht zum Hauptzweck eines Immobilienfonds werden. Vielmehr soll dies nur eine Beimischung mit einer Anlagegrenze von 15% des Fondsvolumens sein. Angesichts der schätzungsweise 4 Bio. Euro, die institutionelle Anleger hierzulande verwalten, und der Zuwächse im dreistelligen Milliardenbereich jedes Jahr, kann daraus dennoch ein Milliardenmarkt werden.

Ergänzung im Steuerrecht fehlt

Zu berücksichtigen ist aber, dass bislang nicht nur aufsichtsrechtliche Hemmnisse Investoren bei Investitionen in Erneuerbare-Energie-Anlagen gebremst haben, sondern auch die bereits erwähnte steuerliche Seite. Trotz der geplanten Änderungen besteht im Investmentsteuerrecht weiterhin ein Mechanismus, der beim Betrieb von Photovoltaikanlagen bei Gebäuden zu erheblichen steuerlichen Risiken führen kann. So haben insbesondere Immobilien-Spezialfonds, die dem Investmentsteuerrecht unterliegen und sich an institutionelle Anleger richten, keine PV-Anlagen installiert und betrieben, da sie befürchten mussten, ihren Status als steuerbefreite Anleger zu verlieren.

Risiko des Statusverlusts ausräumen

Um eine solche Konsequenz zu vermeiden, investieren Spezial-Investmentfonds auf ihren Grundstücken sehr restriktiv in die Erzeugung erneuerbarer Energie. In der Praxis zeigt sich, dass aus diesen Überlegungen heraus oft nur bis zu 10% der sogenannten Schmutzgrenze ausgeschöpft werden. Daher sollte – unabhängig von jeglichen Grenzen – das Risiko des Statusverlustes im Steuerrecht für Spezial-Investmentfonds durch die Erzeugung und Abgabe regenerativer Energie gänzlich ausgeräumt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass die mit dem Gesetz angestrebten Investitionen in erneuerbare Energien nicht in dem gewünschten Maße stattfinden.

Und das gilt für sämtliche steuerliche Hemmnisse, die bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudesektor hemmend wirken. So wäre es auch sinnvoll, die Erzeugung und Abgabe regenerativer Energie im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Immobilie nicht als gewerbliche oder schädliche Tätigkeit anzusehen, sondern als Teil der Vermögensverwaltung und als zwingend notwendigen Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Grundstücksverwaltung und -nutzung.

Die Schmutzgrenze wie im Jahressteuergesetz 2022 von 5 auf 10% zu erhöhen, reicht nicht aus, um die Ziele des Gesetzes zu erreichen. Gleiches gilt für den Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes, der für Investmentfonds die steuerlich zulässige Höhe für Einnahmen aus der Stromerzeugung von 10 auf 20% an den Gesamteinnahmen erhöhen soll, damit sie mehr Solaranlagen auf den von ihnen gehaltenen Gebäuden errichten können. Besser wäre eine komplette Streichung von Obergrenzen.

Ausweitung der Umsatzsteuerbefreiung

In diesem Zusammenhang ist es hilfreich, dass durch das ZuFinG auch die Umsatzsteuerbefreiung ohne spezifische Anforderungen auf die Verwaltung aller Investmentvermögen ausgeweitet wird. Dies stellt zum einen Wettbewerbsgleichheit mit anderen europäischen Mitgliedstaaten her, zum anderen dürfte diese Gesetzesänderung dazu beitragen, Anlegern die Anlage in entsprechende Fonds zu erleichtern. Berücksichtigen muss man dabei aber, dass es in bestimmten Konstellationen zu Vorsteuernachteilen kommen kann. Um diese zu vermeiden, sollte eine Option zur Steuerpflicht eingeräumt werden. Entsprechende Vorschläge werden aktuell mit dem Bundesfinanzministerium diskutiert.

Fazit

Das ZuFinG zeigt, soweit es die neuen Regelungen zu offenen Immobilien- und Infrastruktur-Sondervermögen sowie Spezial-Fonds betrifft, klar in die richtige Richtung. Es bietet nicht nur Fondsmanagern und deren Anlegern zusätzliches Potenzial, sondern auch die Chance, das Segment der erneuerbaren Energien und die Energiewende voranzubringen, vorausgesetzt, wichtige Details etwa in Bezug auf den Statusverlust umsatzsteuerrechtliche Behandlung werden noch geklärt und vor allem tatsächlich ergänzt. Für den Standort Deutschland wäre das ein positives Signal.

Bild: © Ludger Wibbeke, HANSAINVEST