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8. August 2023
„Kunde braucht jetzt professionellen Immobilienmakler“

„Kunde braucht jetzt professionellen Immobilienmakler“

Steigende Finanzierungszinsen und fallende Immobilienpreise ließen Käufer und Verkäufer zurückhaltend werden. Infolge der gestiegenen Energiekosten rückt zudem das Thema Energieeffizienz stärker in den Fokus. Warum es gerade jetzt auf kompetente Beratung durch einen Immobilienmakler ankommt, erklärt die Immobilienexpertin Samina Julevic.

Interview mit Samina Julevic, CEO von Remax Germany
Frau Julevic, im Mai haben Sie als Nachfolgerin von Kurt Friedl die Geschäftsführung des Immobilienmaklernetzwerks Remax Germany übernommen. Welche Ziele haben Sie für das Unternehmen?

Mein Vorgänger Kurt Friedl und ich haben in den letzten Jahren die Weichen für stabiles Wachstum, ein hohes Ausbildungsniveau und einen substanziellen Digitalisierungsgrad gestellt – unter gleichzeitiger Beibehaltung einer engen persönlichen Beziehung zu unseren Netzwerkpartnern. Diese Linie will ich weiterverfolgen. Neben Kontinuität setze ich auf weiteres Wachstum und die Gewinnung zusätzlicher Marktanteile.

Ferner will ich die Unternehmensstrategie noch stärker in Richtung Innovation ausrichten und weitere Prozesse digitalisieren. Sehr wichtig ist mir darüber hinaus, den Rundum-Service für das Netzwerk und unsere Kunden zu fördern und ihnen auf diese Weise einen Mehrwert zu bieten. Last, but not least ist mir die weitere Festigung des Vertrauens in die Marke Remax bei Franchise­nehmern und Kunden ein großes Anliegen.

Nun waren die Zeiten auf dem Immobilienmarkt schon einmal besser. Wie erleben Sie die Situation derzeit auf Käufer- und Verkäuferseite und wie wirkt sich das auf Ihr Geschäftsmodell aus?

Käufer und Verkäufer warten weiter ab, ob die Zinsen und die Preise wieder steigen, weiter fallen oder sich auf einem neuen Niveau einpendeln. Allerdings stellen wir neuerdings ein Anziehen der Nachfrage auf Käuferseite und eine gewisse Verhandlungsbereitschaft auf Verkäuferseite fest. Der Markt wird spätestens Ende des Jahres zu einer neuen Normalität gefunden haben. Was uns ebenfalls auffällt ist, dass Privatverkäufe weggebrochen sind. Gefragt ist ein Immobilienmakler, der beide Seiten qualitativ hochwertig betreut. Jeder Immobilienmakler hat damit das Potenzial, seine Marktpräsenz auszubauen und weitere Marktanteile zu gewinnen.

Wir merken darüber hinaus, dass sich der Immobilienmarkt weiter professionalisiert. Der Kunde ist durch die Digitalisierung und den hohen Informationsfluss immer aufgeklärter und verlangt nach guter Beratung. Er braucht genau jetzt in dieser Marktveränderungsphase einen professionellen Immobilienmakler an seiner Seite, der ihn eng betreut und ihm einen exzellenten Service und eine qualitativ gute Beratung bietet – und zwar auf beiden Seiten. Dies können nur top ausgebildete Makler mit einem Rundum-Service und Zusatznutzen bieten.

Im Verkäufermarkt der letzten Jahre erhielt diesen Service hauptsächlich der Verkäufer. Der Käufer fiel hinten runter. Dabei bietet die beidseitige Interessenvertretung – Voraussetzung sind gute Standards auf beiden Seiten – in jeder Marktlage viel Potenzial: Der Verkäufer bekommt umgehend einen Termin, eine professionell aufbereitete Broschüre mit Informationen und Empfehlungen für einen erfolgreichen Verkauf, eine Präsentation, einen Marketingplan, einen Aktivitäten­bericht und ein zeitnahes und enges Follow-up. Darüber hinaus spielt die richtige Einpreisung der Immobilie eine große Rolle, damit sie nicht zum Ladenhüter wird. Preissenkungen von 10 bis 30% sind aktuell nicht außergewöhnlich.

Und wie sieht es mit den Services für Käufer aus?

Dasselbe kann man dem Käufer anbieten: eine Käuferpräsentation, einen Aktivitätenplan, ein Terminbuchungstool, einen Besichtigungstermin innerhalb von 48 Stunden bzw. eine Online-Besichtigungstour und die Möglichkeit zur Teilnahme an digitalen Angebotsverfahren wie DAVEit. Sehr wichtig ist momentan auch die Unterstützung bei der Finanzierung: Der Käufer kann sich nicht mehr die Immobilie leisten, die er sich noch vor ein paar Jahren leisten konnte. Immobilienfinanzierer wie MAXXfinance schließen diese Lücke.

Die gestiegenen Energie- und Baustoffkosten sowie die Debatte um das neue Heizungsgesetz haben zu Verunsicherung bei Käufern geführt. Welche Rolle spielt Energieeffizienz inzwischen bei der Vermittlung von Immobilien?

Moderne Heizungen und Energieeffizienz sind die neuen Kaufargumente für Immobilien. Energie­effizienz ist die neue Lage! Nicht mehr nur die geografische Lage eines Objektes entscheidet über den Preis des Gebäudes, sondern auch seine Energieeffizienzklasse.

Lassen sich sanierungsbedürftige Objekte denn noch vermitteln?

Hohe Öl- und Gaspreise und neue Heizungsregeln sorgen für drastische Preisabschläge bei energetisch ineffizienten oder schlecht sanierten Immobilien. Die Bundesregierung und die Europäische Union wollen die Wende vorantreiben.

Für viele Eigentümer bedeutet das: hohe Kosten und hoher Aufwand. Die Preisabschläge für energetisch ineffiziente Mehrfamilienhäuser nehmen zu. Das Ergebnis: Der Trend zu auseinanderklaffenden Preisen beschleunigt sich sogar noch. Energieineffiziente oder schlecht sanierte Gebäude können zum Ladenhüter werden. Gebäude mit schlechten Energieeffizienzklassen (G und H) finden in gewissen Regionen derzeit praktisch keinen Käufer. Wenn überhaupt, gehen diese Gebäude nur mit deutlichen Preisabschlägen über den Ladentisch. Wer jetzt kauft, zieht die absehbaren energetischen Sanierungskosten eins zu eins vom Angebotspreis ab.

Kommt dem Immobilienmakler dadurch immer mehr auch die Rolle eines Energieberaters zu?

Das ist nicht das Kerngeschäft des Immobilienmaklers. Der Makler muss aber informiert sein. Im Rahmen unseres Trainingsprogramms bieten wir unseren Maklern eine Weiterbildung zum sogenannten Modernisierungsmakler an, sodass sie sich anschließend im Bereich energetische Sanierung und Modernisierung bestens auskennen. Energieberater sollten allerdings hinzugezogen werden.

Vor Kurzem haben Sie Ergebnisse einer Umfrage vorgestellt, die einmal mehr belegt, dass Deutschland bei der Wohneigentumsquote europaweit zu den Schlusslichtern gehört. Woran liegt das?

Trotz des Immobilienbooms der letzten zwölf Jahre liegt die deutsche Wohneigentumsquote im europäischen Vergleich mit 41% auf dem zweitniedrigsten Niveau. Nur die Schweizer haben mit 37% eine noch geringere Eigentumsquote. Unser Nachbarland Österreich liegt zwar mit knapp 58% auch nur im Mittelfeld. Dort gibt es aber zumindest in den Metropolen einen deutlich besser funktionierenden kommunalen Wohnungsbau. Dadurch ist der Gesamtmietmarkt entspannter und Normalverdiener können sich, wenn sie nicht im Eigentum wohnen, die Mieten leisten.

Wie lässt sich Ihrer Meinung nach hier Abhilfe schaffen?

Es gibt verschiedene Stellschrauben, um die bestehende Situation zu ändern. Neben einer Vereinfachung der Bauvorschriften, der Aufstockung der Fördermittel und der Senkung der Auflagen bei deren Beantragung wäre vor allem die Einführung von Freibeträgen bei der Grunderwerbsteuer beim Ersterwerb eine wichtige Sofortmaßnahme. Beim Erwerb einer vermieteten Wohnung kann der Vermieter die Kreditzinsen von der Einkommensteuer absetzen, beim Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum nicht – zumindest beim Erstkauf sollte dies ermöglicht werden.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 08/2023 und in unserem ePaper.
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