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11. Juni 2023
„Multi-Asset-Fonds scheinen eine zeitgemäße Antwort zu sein“

„Multi-Asset-Fonds scheinen eine zeitgemäße Antwort zu sein“

Die DJE Kapital AG stützt sich auf rund 50 Jahre Erfahrung in der Vermögensverwaltung. Mit Solidvest bietet sie seit einigen Jahren auch eine Online-Vermögensverwaltung an, zudem managt sie über 25 Fonds. Für dieses Jahr rechnet DJE wieder mit einem positiven Mittelzufluss.

Ein Interview mit Thorsten Schrieber, Vorstand der DJE Kapital AG
Herr Schrieber, darf man die DJE als mittelständisches Unternehmen bezeichnen und welche Wirkung hat das für die Zusammenarbeit mit Ihren Vertriebs- und Kooperationspartnern?

Mittelständische Unternehmen in Deutschland sind zu über 90% Familienunternehmen. So wie DJE: Die DJE Kapital AG wird im kommenden Jahr das 50. Jahr ihres Bestehens feiern. In der Zusammenarbeit mit unseren Vertriebs- und Kooperationspartnern bedeutet es eine entsprechende Nähe zum Kunden, und die Problemstellungen sind auf beiden Seiten häufig deckungsgleich, sei es in regulatorischer Hinsicht oder der Performance-Erwartung, die sich aus der Zusammenarbeit ableitet.

Die DJE ist für den sogenannten FMM-Ansatz bekannt. Was bedeutet das und welche Rolle spielt er in einem Umfeld der Zinswende?

Der FMM-Fonds (ISIN DE0008478116), der seit 36 Jahren von demselben Manager gemanagt wird, hat als Benchmark den MSCI-World-Index (EUR), folgt aber in seiner Allokationsentscheidung der Maxime, für die Kunden ein optimales Risk-Reward-Ergebnis zu erzielen. Das geht nur dann, wenn man Renten und Cash als taktische Komponente einsetzt.

Dadurch konnte Dr. Jens Ehrhardt unter Berücksichtigung fundamentaler, monetärer und markttechnischer Komponenten über mehr als drei Jahrzehnte mit diesem aktiven Investmentansatz den „passiven“ Index MSCI-World (EUR) nachhaltig ausperformen. In einer Zinswende kann der Fonds selektiv Chancen auf der Rentenseite wahrnehmen, zum Beispiel bei Corporate Bonds, die wir aus der Aktienanalyse der Unternehmen sehr gut kennen und die mittlerweile attraktive Renditen abwerfen.

Welche Anlagethemen stehen demnach im laufenden Jahr im Fokus?

Dass auch Kapital einen Preis hat, ist fast in Vergessenheit geraten. Zum Glück nicht so bei uns: Wir haben bereits im Jahr 2011 den DJE – Zins & Dividende aufgelegt, der immer zu mindestens 50% auf der Rentenseite investiert. Bis Ende 2021 kam der wesentliche Return aus der Aktienselektion, mittlerweile verdient die Rentenseite über die Coupons fast 5% bei kurzer Duration. Die Aktienkomponente sollte ebenso einen Beitrag leisten, da die im Portfolio enthaltenen Titel rund 3,5% Dividendenrendite beisteuern und über eine Free-Cashflow-Rendite von rund 7,6% abgesichert sind.

Fazit: Multi-Asset-Fonds, ausgewogen wie der DJE – Zins & Dividende oder mit etwas mehr Esprit wie der dynamische DJE – Multi Asset & Trends, scheinen eine zeitgemäße Antwort für den Anleger zu sein.

Im Fondsvertrieb gab es in der Vergangenheit einige Veränderungen, vor allem getrieben durch regulatorische Eingriffe. Haben diese – zum Beispiel MiFID und ESG – zu einer besseren Beratung geführt?

MiFID, aber auch die ESG-Umsetzung haben zu einem Bürokratie-Aufbau bei Produzenten, Vertrieben und Kunden geführt. Sicher haben wir heute ein Höchstmaß an Vergleichbarkeit, zum Beispiel bei Kostenquoten, und es hat auch zu leicht sinkenden Gebührenmodellen bei Fonds im Retail-Geschäft geführt. Aber der Aufwand aufseiten der Produzenten und Anbieter von Wertpapierdienstleistungen, egal ob eben 34f-ler oder Vermögensverwalter, ist unverhältnismäßig.

Der Endkunde muss heute Fragen, gerade in Bezug auf ESG, beantworten, die er sich noch nie gestellt hat. Und seien wir mal ehrlich: Am Ende des Tages gehen Anlegergelder dort verloren, wo die Kontrolle auch heute nicht greift, wie uns etwa Container-Leasing-Modelle gezeigt haben oder eben Exzesse wie bei Wirecard.

Neben der Regulierung verändert auch die Digitalisierung die Branche: Wie sieht die Zukunft für den Vertrieb im Asset-Management aus?

Wir gehen davon aus, dass auch in Zukunft der Vertrieb hybrid sein wird. Dort, wo es sinnvoll ist, werden sich digitale Prozesse breitmachen, aber da, wo es die menschliche Komponente benötigt – und Kapitalanlage ist eine Vertrauenssache –, wird es auch weiterhin den persönlichen und direkten Kundenkontakt geben, sei es B2B2C oder eben B2C.

Auch wir sind aktuell dabei, unsere Fonds-Vermögensverwaltung, die wir schon seit über 20 Jahren mit einem entsprechenden Track Record unseren B2B-Partnern anbieten, bis zum Jahresende komplett zu digitalisieren, um den Convenience-Faktor bei Vertrieb und Kunden maximal zu steigern.

Über Neobroker und Robo-Advisor lassen sich junge Menschen für Aktien und Fonds begeistern. Oder ist der Hype schon wieder vorbei?

Neobroker und Robo-Advisor ermöglichen es Finanzdienstleistern, digital Dienstleistungen anzubieten, wie es bis dato nur Banken und Sparkassen konnten. Hier haben sich auch einige Anbieter Anfangserfolge mit hohen Cash Burn Rates erkauft. Ob dies nachhaltig sein wird, ist aktuell schwer zu sagen.

Der Robo-Advisor-Markt in Deutschland teilt sich auf gut zwei Dutzend Anbieter auf. Man schätzt rund 10 bis 20 Mrd. Assets, das ist bei einem Geldvermögen von rund 7,25 Bio. in Deutschland eine eher bescheidene Größe. Und spätestens wenn der Kunde zum Beispiel Immobilien- oder gewerbliche Finanzierungen benötigt, landet er unweigerlich wieder bei der lokalen Bank oder Sparkasse.

Auch unser Haus hat mit Solidvest einen auf Einzeltitel-Basis ausgerichteten Robo-Advisor – eher eine digitalisierte Vermögensverwaltung. Wir betreiben allerdings die klassische Vermögensverwaltung seit knapp 50 Jahren und die digitale Variante ist dazu eine konsequente und erfolgreiche Ergänzung.

Läuft der Vertrieb in anderen Ländern anders als hierzulande? Was könnte Deutschland davon lernen oder gibt es gar Entwicklungen, die man hier lieber nicht sehen will?

Erstaunlicherweise ist der Vertrieb von Fonds in Europa zwar unterschiedlich organisiert – etwa das Promotori-Netzwerk in Italien oder Wrapped Insurance Products in Frankreich – und auch die Provisionierung ist höchst unterschiedlich. Aber alles in allem ist der europäische Markt von rund zehn Fondsgesellschaften dominiert, mit immer wieder erfolgreichen Boutiquen und Nischenfonds in jedem Teilmarkt.

Insgesamt kann man in Deutschland von Ländern wie den Niederlanden oder auch Skandinavien lernen, wenn es darum geht, investmentbezogen im Rahmen staatlich unterstützter betrieblicher Altersvorsorgesysteme zu sparen. Unsere Systeme, ob nun Riester oder Rürup, sind zu komplex und wenig verbreitet, da machen es uns die USA mit 401K vor, wie es auch einfach gehen kann. Daran sollten wir uns auch in Deutschland orientieren.

Welche Folgen hätte ein weiterer Eingriff in die Provisionsvergütung?

Wie das Beispiel UK gezeigt hat, führten das Provisionsverbot und die ausschließliche Hinwendung zur Honorarberatung dazu, dass großen Teilen der Bevölkerung der Zugang zu Kapitalmarktprodukten strukturell verwehrt blieb. Das wird sicher so nicht bei uns passieren, zumal auch Länder wie Italien, Spanien und auch Frankreich sich gegen das Provisionsverbot ausgesprochen haben.

Wir sind auch heute bereits mit entsprechenden Share-Klassen in der Lage, Honorarberater zu bedienen, und würden uns im Falle eines Provisionsverbots mit unseren Produkten und – digitalen – Dienstleistungen sicher anpassen können. Aber das Problem entsteht auf der Ebene Kunde und Vermittler, und hier sollte sich jeder Einzelne, aber auch Verbände wie AfW und BVI darauf einstellen, dass das Thema Provisionsverbot auf der europäischen Tagesordnung bleibt. Gerade der jüngste, 100 Seiten starke Entwurf der EU-Kommission zur EU-Kleinanlegerstrategie beinhaltet die Gefahr, dass über eine geplante „Ermächtigung“ die EU-Kommission per delegiertem Rechtsakt ein solches Provisionsverbot durch die Hintertür den Mitgliedsstaaten aufzwingen könnte.

Das vergangene Jahr war ein schwieriges Anlagejahr. Wie ist es denn bei DJE gelaufen?

Im vergangenen Jahr waren zum ersten Mal seit 1994 Aktien und Renten negativ. Somit waren insbesondere passive Produkte, aber eben auch die so beliebten Mischfonds entsprechend negativ. Viele Produktanbieter haben sich demzufolge auf festverzinsliche Strukturen und Zertifikate ausgerichtet, sodass sich zum Beispiel der Fondsabsatz bei den Sparkassen 2022 laut DSGV halbierte. DJE konnte in diesem anspruchsvollen Umfeld ein durchaus gutes Jahr in Bezug auf das Bruttomittelaufkommen der Fonds von 1,69 Mrd. Euro erzielen.

Und was erwarten Sie für die Mittelzuflüsse für 2023?

Der Eindruck des letzten Jahres ist auch Maßstab in diesem Jahr. Die veränderte Zinslandschaft führte zu einem Absatz-Boom alternativer Anlagen, meistens in Zertifikatsstrukturen. Gegen dieses Momentum versuchen wir mit unseren Klassikern wie FMM-Fonds oder auch DJE – Zins & Dividende dagegen zu halten. Insgesamt gehe ich von einem positiven Zufluss in diesem Jahr aus, aber die enormen Zuwächse aus 2021 und 2022 werden wohl nicht zu erreichen sein, zumal ja der Zinserhöhungszyklus auf der konjunkturellen Seite noch zu Problemen führen kann und auch geostrategische Aspekte sich im Jahresverlauf weiter negativ auswirken könnten.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 06/2023, S. 56 f., und in unserem ePaper.

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