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Steuern & Recht
26. Juli 2023
Ist ein an eine Pflegeperson geleitetes Pflegegeld pfändbar?

Ist ein an eine Pflegeperson geleitetes Pflegegeld pfändbar?

Eine alleinerziehende Mutter pflegt ihr autistisches Kind. Dafür bekommt sie zusätzlich zum Arbeitseinkommen das Pflegegeld des Kindes weitergeleitet. Im Pfändungsbeschluss wird die Sozialleistung daher zum Pfändungsbetrag hinzugerechnet. Zu Recht?

Im Dezember 2021 – jüngere Zahlen nicht verfügbar – waren in Deutschland laut Statistischem Bundesamt (Destatis) 4,96 Millionen Menschen pflegebedürftig. Etwa fünf von sechs Pflegebedürftigen – also 84% bzw. 4,17 Millionen – wurden zu Hause versorgt. Davon erhielten 2,55 Millionen Pflegebedürftige ausschließlich Pflegegeld und wurden überwiegend durch Angehörige gepflegt. Pflegebedürftige können das Pflegegeld an Angehörige, zumeist die Pflegeperson, weitergeben.

Der Bezug von Pflegegeld betrifft also viele Menschen hierzulande. Daher sind auch rechtliche Fragen rund um den Bezug von Pflegegeld von Bedeutung. Und hier haben die Richter am Bundesgerichtshof (BGH) nun einen weiteren Beschluss gefällt: Pflegegeld ist kein pfändbares Arbeitseinkommen, auch wenn es von der pflegebedürftigen Person an die Pflegeperson weitergeleitet wird.

Pflegegeld wurde zum pfändbaren Betrag hinzugerechnet

Im dem BGH vorgelegten Sachverhalt ging es um das Pflegegeld eines autistischen Kindes. Weil das Kind durch seine alleinerziehende Mutter betreut wurde, wurde der Mutter des Kindes neben ihrem Arbeitseinkommen auch das Pflegegeld weitergeleitet. Da gegen die Mutter aber ein Pfändungsbeschluss vorlag, war beim zuständigen Insolvenzgericht die Zusammenrechnung von Arbeitsentgelt und Pflegegeld zur Berechnung des pfändbaren Betrags beantragt worden. Doch dagegen wehrte sich die Mutter vor Gericht.

Pflegegeld ist Anreiz zur Erhaltung der Pflegebereitschaft

Und die Richter am höchsten deutschen Zivilgericht gaben der Mutter recht. Dabei stellte der BGH zunächst klar, dass es sich in diesem Fall beim Pflegegeld um eine Forderung des Pflegebedürftigen (Gläubiger) an die Pflegeperson (Schuldnerin) handele. Und eine Forderung sei dann nicht übertragbar und damit unpfändbar, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne eine Veränderung ihres Inhaltes erfolgen könne, betonten die BGH-Richter.

Konkret zielte der BGH damit darauf ab, dass das Pflegegeld einen Anreiz zur Erhaltung der Pflegebereitschaft der Angehörigen, Freunde oder Nachbarn darstelle. Doch dieses Ziel würde nach Auffassung der Richter nicht erreicht werden, wenn das Pflegegeld bei der Pflegeperson ein pfändbares Einkommen wäre. „Der Pflegebedürftige will die Pflegeperson für ihren Einsatz belohnen, nicht aber deren Gläubiger befriedigen“, argumentierten nämlich die Richter. (as)

BGH, Beschluss vom 20.10.2022 – Az. IX ZB 12/22

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