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EU-Green-Bonds: Wie gelingt die praktische Umsetzung?

Anfang Oktober hat das EU-Parlament die Green-Bonds-Standards besiegelt. Die Hoffnung ist, dass sich diese Bezeichnung für andere grüne Bonds nach und nach zum Marktstandard entwickeln. Doch taugt das neue Regelwerk wirklich zum „Goldstandard“, wo es doch für Emittenten freiwillig ist?

Ein Artikel von Dr. Alexander J. Thomas und Philippe Lorenz, Rechtsanwälte bei GSK Stockmann

Während auf dem Markt schon seit längerer Zeit – insbesondere durch mittelständische Unternehmen – grüne Anleihen bzw. Anleihen, die mit nachhaltigen Merkmalen eng verknüpft sind, (sogenannte „Sustainability-linked Bonds“) emittiert werden, lieferte der Gesetzgeber erst jetzt einen einheitlichen, europaweiten Rechtsrahmen, der eine fundierte Klassifizierung als „Green Bond“ ermöglicht. Bislang orientierten sich Unternehmen an privaten Standards wie dem CBI-Climate Bond oder den ICMA-Green Bond Principles, welche in den letzten Jahren mehr oder minder zum Industriestandard geworden sind.

Das Problem ist jedoch, dass diese privaten Standards uneinheitlich und teils auch undurchsichtig im Hinblick auf die tatsächliche Nachhaltigkeit sind. Dennoch ist vor allem das ICMA-Label international anerkannt und gilt daher bislang als Gütesiegel Nr. 1 für nachhaltige Anleihen.

Was ist der EuGB-Standard?

Der EU Green-Bond-Standard (kurz: „EuGB-Standard“) ist ein gesetzlich definierter Standard, dessen Bezeichnung „europäische grüne Anleihe“ allen Emittenten – sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU –, die eben jene Standards erfüllen, zur Verfügung stehen soll.

Neben dem Label liefert die Verordnung auch fakultative Offenlegungen für als ökologisch nachhaltig vermarktete Anleihen und an Nachhaltigkeitsziele geknüpfte Anleihen, die zwar nicht das Gütesiegel tragen, aber dennoch gewisse Transparenz am Markt schaffen möchten.

Während der erste Entwurf bereits am 06.07.2021 vorgelegt wurde, hat der Rat nun nach langwierigen Verhandlungen mit der EU-Kommission und dem EU-Parlament die Verordnung am 23.10.2023 angenommen. Uneinig war man sich vor allem im Hinblick auf die Freiwilligkeit der Vorgaben. Insbesondere das EU-Parlament forderte verbindliche Offenlegungspflichten, um so alle Emittenten nachhaltiger Anleihen zu mehr Transparenz zu verpflichten. Letzten Endes hat sich die Freiwilligkeit dennoch durchgesetzt.

Welche Anforderungen gelten für EuGBs?

Die Vorgaben des EuGB-Standards weisen einen engen Zusammenhang mit der Taxonomie-Verordnung auf. So dürfen die Emissionserlöse der grünen Anleihen nur für ökologisch nachhaltige Zwecke im Sinne der Taxonomie-Verordnung verwendet werden. Dabei wird allerdings eine Flexibilitätsreserve von 15% eingeräumt. Das bedeutet, dass 15% der Nettoerlöse für Wirtschaftsaktivitäten verwendet werden können, für die es noch keine technischen Bewertungskriterien unter der Taxonomie gibt (oder die Tätigkeiten im Kontext internationaler Unterstützung betreffen). Im Übrigen müssen die Anforderungen der Taxonomie jedoch erfüllt werden. Grund für diese Ausnahme ist, dass bisher lediglich für die ersten beiden Umweltziele Klimaschutz und Klimawandel technische Bewertungskriterien definiert und final verabschiedet wurden.

Vor der Emission müssen EuGB-Emittenten ein Factsheet, das Berichtspflichten zu den Erlösen enthält, erarbeiten. Sollen die Emissionserlöse zur Finanzierung neuer Investitionen bzw. Betriebsausgaben (CapEx/OpEx) verwendet werden, wird zudem ein Investitionsplan erforderlich, der eine Frist festlegt, bis wann jene Investitionen und Betriebsausgaben taxonomiekonform sein müssen. Beide Dokumente sind von einem externen Prüfer zu verifizieren.

Bestandsschutz für technische Bewertungskriterien

Ferner sieht die Verordnung einen Bestandsschutz im Zusammenhang mit den technischen Bewertungskriterien vor: Sollten sich die Bewertungskriterien nach Emission der Anleihe ändern, können Emittenten noch sieben weitere Jahre auf die bereits bestehenden Kriterien zurückgreifen. Voraussetzung ist, dass die Erlöse noch nicht bestimmten Verwendungszwecken zugeordnet wurden, nicht vom Investitionsplan abgedeckt sind und noch nicht den Taxonomieanforderungen entsprechen.

Als zweiten Baustein sieht die Verordnung außerdem neue Vorgaben für externe Bewerter vor, die künftig einer Registrierungspflicht bei der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) unterliegen.

Wie wird der Markt reagieren?

Nachdem es sich bei dem EuGB-Standard nur um einen freiwilligen Standard handelt, können Emittenten auch weiterhin auf die bisherigen privaten Marktstandards wie die ICMA-Green Bond Principles zurückgreifen. Emittenten stehen also vor der Entscheidung, bisherige Verfahren unter Verwendung des ICMA-Labels lediglich ein wenig anzupassen oder sich erhöhten gesetzlichen Anforderungen des EuGB-Standards zu unterwerfen.

Einige Stimmen im Markt blicken dem neuen Standard aufgrund des erhöhten Dokumentationsaufwands jedenfalls kritisch entgegen. Für die Attraktivität der EuGBs wäre es somit wichtig, dass Fondsgesellschaften und andere Investoren die Anlagen in EuGBs umfassend als taxonomiekonform einstufen können, auch wenn der Emittent von der 15%-Flexibilitätsquote Gebrauch macht.

Auf der anderen Seite bietet der gesetzliche EuGB-Standard gegenüber privaten Labeln einen entscheidenden Vorteil: Wenn ein Emittent die gesetzlichen Vorgaben einhält, kann er etwaigen Greenwashingvorwürfen deutlich entschiedener entgegentreten. Und alleine das kann schon ein Wert an sich sein.

Bild: © Tierney – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Philippe Lorenz
Dr. Alexander J. Thomas

MRH Trowe: Investor AnaCap reinvestiert

Der Investor AnaCap gibt den Abschluss seines Continuation Fund bekannt, zu dem auch die Beteiligung an MRH Trowe gehört. Damit verbunden ist die Verlängerung der Haltefrist der Anteile am Makler und eine Synchronisation von Laufzeiten. Im März 2023 hatte AnaCap Anteile an TA Associates verkauft.

<p>Der Private-Equity-Investor AnaCap hat Anfang der Woche die Schließung seines ersten ‚Fortsetzungsfonds‘ mit einem Volumen von rund 300 Mio. Euro bekanntgegeben. Dazu gehören Beteiligungen an dem Maklerkonsolidierer MRH Trowe und an dem SaaS-Anbieter für Steuerdienstleistungen GTT. AnaCap hatte im März 2023 eine Teilausstieg beider Vermögenswerte im Rahmen von M&A Prozessen an TA Associates und Stirling Square Capital vereinbart. </p><p>In dem Zusammenhang bezeichnet AnaCap auch das Investment in MRH Trowe als äußerst erfolgreich. Wie der Investor mitteilt, ermöglicht der Continuation Fund eine Verlängerung der Haltefrist sowohl für MRH Trowe als auch für GTT, und er stellt zusätzliches Wachstumskapital zur Verfügung. Unterstützung für den Fonds bekommt AnaCap von den Investoren HarbourVest Partners und Schroders Capital als Co-Lead für MRH Trowe im Continuation Fund.</p><h5>Mehrheit bei MRH Trowe bleibt beim Management</h5><p>Im März 2023 ist der Private Equity Investor TA Associates (TA) neben AnaCap Financial Partners als zusätzlicher Minderheitsinvestor bei MRH Trowe eingestiegen. Der AnaCap Continuation Funds ermöglicht eine Verlängerung der Haltefrist der Anteile an MRH Trowe und stellt sicher, dass die Anlagehorizonte aufeinander abgestimmt sind. Eine Kapitalerhöhung ist damit nicht verbunden. Das Gründer- und Managementteam bleibt zudem größter Anteilseigner von MRH Trowe und kontrolliert das Unternehmen, wie es vonseiten des Versicherungsmaklers erneut heißt. (bh)</p><p><i class="font-twelve-italic" > Bild: © Elnur – stock.adobe.com</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/8DFDD20C-5164-476A-A8EF-2F7EAC704EEA"></div>

 

Sauren erweitert Multi-Asset-Portfolio

Der Dachfondsmanager Sauren bringt einen neuen Multi-Asset-Fonds auf den Markt. Er soll als Ergänzung zum Sauren Global Defensiv und Sauren Global Balanced fungieren. Startvolumen des Fonds: 8 Mio. Euro.

Multi-Asset-Portfolios geraten angesichts der volatilen Marktlage wieder mehr ins Rampenlicht – das macht sich der Dachfondsmanager Sauren zunutze. Am Montag, 11.12.2023, ist der neue Sauren Global Moderate des Kölner Unternehmens an den Start gegangen. Dieser reihe sich „mit seinem gemäßigten Rendite/Risiko-Profil zwischen den langjährig bewährten Dachfonds Sauren Global Defensiv und Sauren Global Balanced ein“, so die Sauren Fonds-Service AG in einer Pressemitteilung. Laut Vertriebsvorstand Ansgar Schraud vervollständige man so seine Multi-Asset-Fondsfamilie.

Vermögensverwaltung mit Flexibilität

Über den Sauren Global Moderate können Anleger breit gestreut in Aktien-, Anleihen- und Absolute-Return-Strategien investieren. Langfristig bieten diese drei Standbeine moderner Multi-Asset-Fonds, die wieder zu einem wesentlichen strukturellen Vorteil in der Vermögensverwaltung geworden seien, durch die breiteren Anlagemöglichkeiten mehr Flexibilität in der Ausrichtung des Portfolios.

Fondsmanager Eckhard Sauren: „Aufgrund des Renditeanstiegs im Anleihenmarkt finden wir derzeit zahlreiche attraktive Anlageideen in allen drei Bausteinen des Portfolios. Das macht das Fondsmanagement und die breite Streuung unserer Fonds derzeit besonders interessant.“ Der Sauren Global Moderate startet bereits mit einem Volumen von knapp 8 Mio. Euro, welches aus dem Sauren Stable Absolute Return hervorgegangen ist.

Bild: © tadamichi – stock.adobe.com

 

Deutschland größter AIF-Markt in Europa

Die „European Fund and Asset Management Association“ hat eine Analyse zur Marktlage bei Alternativen Investmentfonds in Europa im ersten Halbjahr 2023 veröffentlicht. Fazit: Deutschland liegt mit knapp 30% Anteil am europäischen AIF-Gesamtvolumen vorne.

Der Markt bei Alternativanlagen ist in Europa auf einem guten Wege. Das Gesamtwachstum des AIF-Vermögens seit Ende 2015 liegt bei 41%, so die „European Fund and Asset Management Association“, kurz EFAMA, in ihrer Untersuchung „The AIF market – an overview“, die die Marktlage am AIF-Markt in Europa im ersten Halbjahr 2023 aufzeigt.

7,26 Bio. Euro an verwaltetem Nettovermögen lagen am Ende des ersten Halbjahres 2023 in Europa in Alternativen Investmentfonds. Im Vergleich zu UCITS-zertifizierten Anlagen fluktuieren sowohl das Nettowachstum als auch die Nettoumsätze bei AIFs weniger, heißt es von der EFAMA. Das liege an der geschlossenen Struktur vieler AIFs – und daran, dass diese nur einen kleineren Teil ihres Kapitals in gelistete Aktien investieren würden. Auch würden AIF-Investoren ihre Investments länger halten.

Deutschland an der Spitze

Die fünf größten Domizile am AIF-Markt am Ende des ersten Halbjahres 2023 waren mit 29% Marktanteil, Frankreich (18%), Luxemburg (13,3%), Irland (11,6%) und die Niederlande (10%). Seit Ende 2015 sei der Markt „konzentrierter“ geworden. Die Top 5 teilen sich mittlerweile über 82%, Ende 2015 waren es unter 80%.

Heruntergebrochen auf die Gesamtanlagestrategie vergrößerte sich laut EFAMA insbesondere der Marktanteil von Immobilienfonds und „sonstige“ AIFs. Andere AIFs bringen eine große Bandbreite an Fondstypen mit sich, darunter Private-Equity-Fonds und Hedgefonds. Gemeinsam haben diese Fonds, dass sie hauptsächlich in alternative und oft weniger liquide Vermögensverwerte investieren. Immobilien und alternative Vermögenswerte waren vom Rückgang der Kapitalmärkte im Jahr 2022 deutlich weniger betroffen.

Grenzüberschreitende AIFs gewinnen EFAMA zufolge ebenfalls an Bedeutung. Zwischen 2015 und dem Ende des ersten Halbjahres 2023 ist ihr Marktanteil von 22,4% auf 28,5% gestiegen. Verglichen zum UCITS-Markt ist der AIF-Markt allerdings immer noch stark auf Fonds mit Sitz im Inland ausgerichtet. (mki)

Bild: © Maksym – stock.adobe.com

 

Fondswirtschaft verwaltet das meiste Altersvorsorgekapital

Bereits seit Jahren ist die Fondsbranche der größte Verwalter von Altersvorsorgekapital in Deutschland. Das verwaltete Vermögen ist dabei im Vergleich zu 2022 weiter gestiegen, meldet der BVI. Laut dessen Aussage scheut sich die Versicherungsbranche davor, mit der Fondsbranche in den Wettbewerb zu treten.

Die Fondswirtschaft hält sich stark beim Thema Altersvorsorge: Wie der Fondsverband BVI meldet, wird nach wie vor ein großer Teil des Altersvorsorgekapitals in Deutschland in Fonds verwaltet – um nicht zu sagen der größte Teil. Laut einer Umfrage verwalteten die Verbandsmitglieder zur Jahresmitte 2023 1,78 Bio. Euro für Altersvorsorgezwecke. Das sind 44% des von der Branche insgesamt verwalteten Vermögens von rund 4 Bio. Euro. Zur Jahresmitte lag der Anteil bei 40%. Seitdem ist das Vermögen für Altersvorsorgezwecke um über 600 Mrd. Euro gewachsen.

Im direkten Vergleich zum letzten Jahr 2022 ist der relative Anteil des verwalteten Altersvorsorgekapitals zwar von 45% auf 44% gesunken (Fondswirtschaft verwaltet Billionen für die Altersvorsorge), allerdings ist der absolute Anteil wiederum von 1,73 Bio. Euro auf 1,78 Bio. Euro gestiegen.

Versicherer „scheuen Wettbewerb“

Thomas Richter, der Hauptgeschäftsführer des BVI, verweist in der Verbandsmitteilung auf die Relevanz und Stärke der Fondsbranche im Bereich Altersvorsorge – und äußert auch Kritik an den Versicherern, die durch ihre Vorschläge in der Fokusgruppe private Altersvorsorge den Wettbewerb scheuen würden: „Mit der Forderung, dass eine Leibrente zwingend vorgeschrieben wird, versuchen die Lebensversicherer, die Fonds als Wettbewerber mit Hilfe des Gesetzgebers vom Markt fernzuhalten. Fehlender Wettbewerb aber schadet den Sparern, die von Flexibilität in der Auszahlphase profitieren würden“, so Richter.

So ist das verwaltete Vermögen aufgeteilt

Hinter dem für die Altersvorsorge verwalteten Vermögen der Fondsgesellschaften stehen insbesondere kapitalbildende Lebensversicherungen und die betriebliche Altersvorsorge mit jeweils 540 Mrd. Euro. Zur betrieblichen Altersvorsorge gehören vor allem Direktzusagen (250 Mrd. Euro) und Pensionskassen (170 Mrd. Euro). Für berufsständische Versorgungswerke von zum Beispiel Ärzten, Apothekern und Rechtsanwälten verwalten die Fondsgesellschaften 390 Mrd. Euro. Auf die Zusatzversorgung der Beschäftigten bei Bund, Ländern und Gemeinden sowie den Kirchen entfallen 160 Mrd. Euro. Im Rahmen von konventionellen und staatlich geförderten Fondssparplänen (Riester- und VL-Fondssparpläne) verwalten die Fondsgesellschaften 140 Mrd. Euro. (mki)

Bild: © PhotographyByMK – stock.adobe.com

 

Fokusgruppe im Fokus: Fondspolice vs. Fondsdepot?

Fondspolicen stehen beim Thema private Altersvorsorge gerne und viel im Mittelpunkt. Zu Recht? Darüber und über die Pläne der Fokusgruppe Private Altersvorsorge spricht Dr. Tobias Schmidt, CEO des digitalen Anlageberaters und Plattformbetreibers f-fex, im Interview mit AssCompact.

Interview mit Dr. Tobias Schmidt, CEO der f-fex AG
Herr Schmidt, die Fokusgruppe Private Altersvorsorge hat z. T. weitreichende Vorschläge für die zukünftige Ausgestaltung der privaten Altersvorsorge gemacht. Sie befürworten einen Großteil davon. Wie beurteilen Sie denn die Vielfalt der bereits bestehenden Produktwelt?

In der Tat ist die Produktvielfalt schon heute groß. Der Fokus dieser Vielfalt liegt allerdings auf genau jenen Produkten, für die die Fokusgruppe eine Alternative schaffen will, da diese wegen oftmals teurer Garantieversprechen bei lang laufenden Ansparphasen kritisch gesehen werden. Die Aufgabe bzw. Lockerung von Garantie- und Beitragsversprechen ist daher ein zentraler Aspekt der Überlegungen, um kosteneffizientere Lösungen oder möglicherweise auch ganz neue Formen einer förderfähigen Altersvorsorge hervorbringen zu können.

Was in den Vorschlägen aus meiner Sicht immer noch nicht ausreichend adressiert ist, ist das Thema Rendite bzw. das mit einem Vorsorgeprodukt einhergehende Renditeversprechen. Denn ob eine Altersvorsorge am Ende für den Sparer erfolgreich ist, hängt in erster Linie von der gewählten Anlagestrategie und ihrer laufenden Überprüfung bzw. Anpassung ab. Was in der Geldanlage zentraler Dreh- und Angelpunkt ist – sowohl bzgl. des Wettbewerbs der Angebote untereinander als auch in Bezug auf die Kommunikation des Produktgebers mit dem Kunden –, findet bei den meisten Altersvorsorgeprodukten nur am Rande Beachtung. Die häufig wenig aussagekräftigen Standmitteilungen vieler Lebensversicherer sind nur das offensichtlichste Zeichen dafür, denn sie passen so gar nicht mehr zu den heutigen digitalen Möglichkeiten einer vollwertigen Vermögensmanagementlösung.

Warum ist das Produkt „Fonds­police“ für die Umsetzung der Vorstellungen der Fokusgruppe und die zukünftige Ausgestaltung der privaten Altersvorsorge für Sie ein guter Startpunkt? Wo gibt es mit Blick auf das heutige Fondspolicen-Angebot größeren Veränderungs- bzw. Entwicklungsbedarf?

Die Fondspolice bietet bereits vieles von dem, was nach vorne hin gebraucht wird. Sie lässt sich flexibel, mit oder ohne Garantien und unter Einbeziehung der verschiedensten Anlageklassen gestalten. Gegenüber dem klassischen Fondsdepot genießt sie aktuell noch die steuerliche Bevorzugung, da Dividenden und Veräußerungsgewinne nicht unmittelbar der Abgeltungssteuer unterliegen.

Zu Recht fordert die Fokusgruppe, dass dieses Privileg unabhängig von der „Verpackung“ nach dem eigentlichen Sparzweck, d. h. dem Vorsorgecharakter des Produkts, vergeben werden sollte. Richtig konzipiert können Fondssparpläne oder Fondsdepots mit Einmalzahlung bei geeigneten Regeln für die Auszahlungsphase diese Vorgabe ja grundsätzlich genauso gut erfüllen wie die Lösung im Versicherungsmantel.

Wenn sich die Fokusgruppe mit dieser Forderung durchsetzt, wovon nach derzeitigem Stand wohl auszugehen ist, stehen Fondspolice und Fondsdepot bzw. Fondssparplan im direkten Wettbewerb zueinander und da, so fürchte ich, würde die Fondspolice in der heutigen Form noch nicht gut abschneiden. Die Stichworte sind nicht für alle Produkte zutreffend, aber altbekannt und weit verbreitet: zu teuer, zu intransparent, zu wenig Unterstützung bei der Portfoliozusammenstellung und -betreuung und – last, but not least – zu renditeschwach. Will man gegenüber Lösungen im Anlagedepot mit vergleichbarem Steuerprivileg konkurrenzfähig sein, muss an genau diesen Stellen etwas passieren, sonst wird die Fondspolice schnell ins Hintertreffen geraten.

Versicherer und die beteiligten Vertriebseinheiten kommen daher nicht darum herum, erstens ihre Kostenstrukturen zu überdenken und diese vollständig transparent zu machen, zweitens die Prozesse in der Produktentwicklung, im Portfoliomanagement und in der Kundenbetreuung integriert und effizient zu gestalten und drittens den Fokus auf die Anlagestrategie und deren laufende Optimierung zu legen. Denn Letztere entscheidet, wie hoch die Ablaufleistung bzw. Rente am Ende für den Kunden ausfällt.

Warum ist das Thema Digitalisierung hier so zentral?

Das Anlagevolumen bei Altersvorsorgeprodukten ist bezogen auf den einzelnen Sparer ja eher klein, bezogen auf den Gesamtmarkt hingegen sehr groß. Will man kunden­individuell und dennoch kosten­effizient agieren, geht das nicht ohne weitgehend digital laufende Prozessstrecken. Das gilt auch und vor allem für die Kundenakquise und -betreuung. In allen Prozessschritten des Fondspolicen­managements können intelligente Plattformen sehr viel beisteuern.

Was in der Investmentwelt bereits weitgehend Standard ist, steckt in der Versicherungswirtschaft allerdings häufig noch in den Kinderschuhen. Warum sollten nicht auch hier – vergleichbar mit den Robo-Advisory-Strecken der Banken – digitale Anlagestrategien, automatisch generierte, individuell auf den Kunden zugeschnittene Anlage- und Optimierungsvorschläge und ein vollwertiges, jederzeit abrufbares Reporting Einzug halten können? Zugegeben, das hätte längst passieren können, im Kontext der anstehenden Neuausrichtung der privaten Altersvorsorge wird ein schnelles Aufholen seitens der Versicherer aber nun umso dringlicher.

Wie hilft Ihr digitales Angebot konkret den Maklern? Und wie relevant sind diese für Ihr Geschäft?

Die f-fex Vermögensmanagementplattform unterstützt alle am Management- und Betreuungsprozess beteiligten Akteure, d. h. Versicherer, Vermögensverwalter, Finanzvertriebe, Makler und auch den Endkunden – und das sowohl beim Thema Fondspolicen als auch bei Fondsdepotlösungen. Für den Makler wird der Kundenbetreuungsprozess mit dieser Plattform denkbar einfach, denn sie unterstützt wahlweise hybride oder volldigitale Betreuungskonzepte. Dabei können sowohl von f-fex bereitgestellte als auch maklereigene Anlagestrategien eingesetzt werden.

Sämtliche Prozesse, beginnend beim digitalen Onboarding und der Geeignetheitsprüfung über automatische Anlage- und Optimierungsvorschläge bis hin zum regulatorisch konsistenten Reporting, werden digital von der Plattform gesteuert und entweder auf Initiative des betreuenden Maklers (hybrid) oder direkt (volldigitale Lösung) an den Kunden geliefert. Der Kunde akzeptiert, ändert oder verwirft die Anlagevorschläge direkt in der Plattform über einen Mausklick und erhält automatisch alle erforderlichen Dokumente. Letztere werden auch in der Plattform gespeichert und sind – je nach Berechtigungskonzept – vom Kunden, Makler und Versicherer abrufbar.

Das schafft regulatorische Sicherheit für alle Beteiligten. Sofern die Plattform zur Betreuung von Fondsdepots eingesetzt werden soll, erfolgt auch die Kontoeröffnung bei der Depotbank vollständig digital. Die Integration und die digitale Abbildung der Anlagestrategien stellen dabei sicher, dass das Kundenportfolio auch laufend bzgl. dieser Strategie überprüft wird. Das entlastet Makler und erfreut die Kunden, denn die laufende Optimierung des Portfolios ist der entscheidende Faktor für die Ablaufleistung zum Vertragsende.

Transparenz ist ein wichtiges Thema bei der Auswahl des richtigen Vorsorgeprodukts. Daher schlägt die Fokusgruppe eine zentrale, unabhängige Vergleichsplattform vor. Was halten Sie von diesem Vorschlag?

Eine unabhängige Vergleichsinstanz wäre sicherlich wünschenswert. Allerdings bin ich skeptisch, ob eine solche am Ende mehr Erkenntnisse bringt als die bereits bestehenden Vergleichsplattformen. Denn es gibt viele Wege und Kriterien, nach denen sich Anlage- bzw. Altersvorsorgeprodukte vergleichen lassen. Eine Reduktion der Analyse auf die Kosten eines Produktes – wie es leider immer noch häufig gemacht wird – reicht sicherlich nicht aus. Gerade wenn die für den Kunden zu erzielende Rendite als entscheidender Erfolgsfaktor akzeptiert wird, ist die Frage, welche Anlagestrategie hierfür die richtige ist, alles andere als einfach zu bewerten.

Man sollte sich daher von dem Glauben verabschieden, man könne den Kunden mit einer einfachen Vergleichsplattform ersparen, sich mit den Anlagekonzepten, die hinter den angebotenen Vorsorgeprodukten liegen, zu beschäftigen. Das ist bei klassischen Fonds- oder Geldanlageangeboten auch nicht anders. Daher sind Vielfalt und Wettbewerb auch bei den Bewertungs- und Vergleichsansätzen m. E. für den Kunden besser als ein für alle festgelegter Produktbewertungsstandard – mag er auch noch so unabhängig sein. Denn dieser Standard könnte den Anforderungen, für jeden bzw. jede das richtige Produkt zu finden, vermutlich niemals gerecht werden.

Sie bewerten auch Fonds und nutzen diese Expertise für die Bewertung der Fondspolicenanbieter. Lässt sich etwas über die Entwicklung der Qualität der in den Fondspolicen eingesetzten Fonds sagen?

In der Tat analysieren und bewerten wir einmal im Jahr die Fondspolicenanbieter bzgl. der Fondsqualität ihres Policenbestands und der aktuellen Fondslisten für das Neugeschäft. Basierend auf den Ergebnissen vergeben wir in diesem Kontext gemeinsam mit AssCompact im März 2024 auch wieder die Deutschen Fondspolicen Awards an die jeweils besten Anbieter. Generell ist bei dieser Analyse festzustellen, dass die Fondsqualität im Neugeschäft zwar zunimmt, im Bestandsgeschäft allerdings weiterhin ernüchternd niedrig bleibt. Das liegt in erster Linie daran, dass sich nach der ersten Fondszusammenstellung bei Vertragsabschluss niemand mehr so richtig um den Kunden und sein Portfolio kümmert.

Das ist vermutlich kein böser Wille oder Bequemlichkeit, sondern vor allem der Tatsache geschuldet, dass es weder für den Makler noch für den Versicherer ausreichend digitale Prozesse gibt, die das eigentlich Notwendige, d. h. die Überprüfung und ggf. unmittelbare Anpassung des Portfolios, schnell und effizient erledigen könnten. Und an dieser Stelle sind wir zurück bei der Notwendigkeit, das Fondspolicengeschäft durch den Einsatz intelligenter Plattformen zu digitalisieren und bzgl. der eingesetzten Investmentkompetenz zu stärken.

Welche Kriterien spielen bei Ihren Bewertungen eine besondere Rolle?

Beim f-fex Fondsrating, das wir für solche Qualitätsanalysen und -bewertungen einsetzen, werden sowohl zurückblickende (d. h. historische) als auch mittels Szenariotechnik abgeleitete vorausschauende Rendite- und Risikoindikatoren verwendet. Dabei werden die Fonds in ihrer Vergleichsgruppe jeweils relativ zueinander bewertet. Von den knapp 10.000 Fonds, die in Deutschland zum Publikumsvertrieb zugelassen sind, erfüllt etwas mehr als die Hälfte die erforderlichen Homogenitäts- und Datenvoraussetzungen, um ein Rating zu erhalten. Auf Basis der Einzelfondsratings prüfen wir dann im Kontext der Bewertung und Auszeichnung der Fondspolicenanbieter den gesamten Policenbestand eines Versicherers bzgl. Qualität und Anlageerfolg. Darüber hinaus analysieren wir die effektive Kostenbelastung und die Nachhaltigkeit der aktuellen Neugeschäftstarife.

Apropos Digitalisierung: Verwenden Sie für Ihre Ratings auch künstliche Intelligenz?

In der Tat setzen wir für die Optimierung unseres Ratingansatzes sogenannte „Machine Learning“-­Techniken ein. Die Grenzen zwischen KI und klassischen ökonometrischen bzw. statistischen Verfahren sind allerdings fließend, weshalb wir mit dem KI-Begriff eher vorsichtig umgehen. In jedem Fall kann man aber unsere Rating- und Allokationsverfahren und ihre algorithmische Umsetzung als „intelligent“ bezeichnen, da sie eine Vielzahl von Bewertungs- und Entscheidungsprozessen im Rahmen eines ganzheitlich formulierten Optimierungsproblems mittels komplexer numerischer Verfahren lösen.

Bei den aktuell so hohen Zinsen stellt sich auch gelegentlich die Frage, ob man nicht die Sicherheit von Tages- und Festgeld genießen und die Finger vom Kapitalmarkt (vorerst) lassen könnte. Wie sehen Sie das?

Nun, auch beim aktuellen Zinsniveau bleibt es schwierig, mit Tages- oder Festgeld nach Kosten einen Inflationsausgleich zu erzielen. Selbstverständlich sind beide Instrumente für hochliquide Portfolios und/oder als Beimischung zur Risikoreduktion wichtige Bausteine. Wer allerdings langfristig Vermögen aufbauen oder vermehren will, kommt auch weiterhin nicht um risikoreichere Anlagen wie höherverzinste Anleihen, Aktien, Immobilien oder liquide Alternativen herum, sei es als aktiv gemanagte Fonds, als ETFs bzw. ETPs oder in Form von Einzeltiteln

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 12/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © Dr. Tobias Schmidt, f-fex

 
Ein Interview mit
Dr. Tobias Schmidt

Macht ChatGPT sinnvolle Vorschläge für die Geldanlage?

Ein Forscherteam, an dem Experten mehrerer deutscher Universitäten beteiligt waren, hat die Finanzberatungsqualitäten von ChatGPT untersucht. Tatsache ist den Ergebnissen zufolge: Die KI macht auch im Vergleich zu professionell erstellten Portfolios eine gute Figur.

Künstliche Intelligenz (KI) ist nun wohl auch im Bereich der Finanzberatung weiter auf dem Vormarsch. Denn Forscher um Professor Lars Hornuf, Inhaber der Professur für BWL, insb. Finanzwirtschaft und Finanztechnologie an der Technischen Universität Dresden, haben untersucht, ob und inwieweit KI-Tools wie ChatGPT bei der Anlageentscheidung beraten können. Und die Ergebnisse zeigen laut einer Mitteilung der TU Dresden, dass die Portfoliovorschläge wohl mit denen professioneller Anlageberater vergleichbar seien.

ChatGPT ein verlässlicher Anlageberater?

Mit an der Untersuchung beteiligt waren Forscher der TU Dresden, der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und der Hochschule Bremen. Hintergrund sei, dass Investierende bei ihren Anlageentscheidungen oft kostspielige Fehler machten oder sich auf die Empfehlung eines Anlageberaters verließen – die jedoch häufig Interessenkonflikten unterlägen und Produkte empfehlen würden, an denen sie mehr verdienen, so Prof. Hornuf.

Das Team wollte herausfinden, inwieweit KI-Tools wie GPT-4 zu einer unverzerrten Finanzberatung beitragen, den Informationsstand von Investierenden erhöhen und das Anlageergebnis verbessern können. Grundlage der Forscher war die Annahme, dass wenig informierte Investierende eine einfache, passive Anlagestrategie verfolgen sollten. Das bedeute im Kern, dass die Anleger auf ein breit gefächtertes Marktportfolio setzen und dieses halten sollten. Die Vermutung der Forscher dabei: GPT-4 könnte dabei helfen, die großen Informationsmengen, die Investierende bei ihren Entscheidungen sonst leicht überwältigen können, zu sichten und besser zu verstehen.

Methodik

Um zu untersuchen, ob GPT-4 individuell zugeschnittene Portfolioempfehlungen geben kann, hat das Forscherteam insgesamt 48 hypothetische Anlegerprofile gesammelt. Favorit der KI waren eindeutig Exchange Traded Funds, also ETFs, die von namhaften Vermögensverwaltern geführt werden. Als Vergleichsmaßstab dienten Portfoliovorschläge aus der automatisierten Finanzberatung eines etablierten, nicht näher genannten US-amerikanischen Finanzberatungsunternehmens.

ChatGPT nahe an professioneller Beratung

Die Ergebnisse der Studie zeigen laut TU Dresden, dass GPT-4 Portfoliovorschläge in ähnlichen Regionen und Anlageklassen macht wie professionelle Anlageberater. Und besonders bemerkenswert: GPT-4 ist dabei auch in der Lage, die Risikotoleranz, den Anlagehorizont und das Alter des Anlegerprofils zu berücksichtigen. Zur Verbesserung der Akzeptanz von GPT-4 als Finanzberater könnte zudem beitragen, dass die Software begründet, warum es eine bestimmte Anlage empfiehlt. Prof. Hornuf fügt erläuternd hinzu, dass GPT-4 „sehr vernünftige Ergebnisse“ abliefert, obwohl es nicht spezifisch für die Finanzberatung trainiert wurde. (mki)

Bild: © LAYHONG – stock.adobe.com

 

Goldpreis erreicht Rekordhoch

Die Feinunze Gold ist schon seit Oktober auf dem Vormarsch. In der Nacht zum Montag knackte der Goldpreis seine 2020 aufgestellte Rekordmarke. Hintergrund sind wohl die Spekulationen auf baldige Zinssenkungen in den USA.

Die zu hohe Inflation hatte nun lange einen starken Grip auf die Gesellschaft und die Geldpolitik. Doch zunehmend geht der so in den Mittelpunkt geratene Prozentwert mittlerweile auch im Euroraum wieder auf die angestrebten 2% p. a. zu – und in den USA verweilt er bereits seit Juni 2023 immerhin zwischen 3% und 4%.

Bei wirtschaftlich Bewanderten kommt dann recht schnell die Frage auf, wann die Notenbanken denn die ersten Zinssenkungen in Angriff nehmen – oder zumindest, ob der Zinsgipfel erreicht ist. Und genau das deutete der Chef der US-amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed), Jerome Powell, am vergangenen Freitag in einer Rede in Atlanta an, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten. Man könne sich nun angesichts der im Kampf gegen die Inflation schnell erreichten Fortschritte „vorsichtig vortasten“. Es sei zwar zu früh, über Zinssenkungen nachzudenken und die Fed würde ihre Politik bei Bedarf auch weiter verschärfen, doch die Geldpolitik sei aktuell ohnehin schon restriktiv.

Hoffnung auf Zinssenkung schürt Goldrallye

Wenig Worte, viel Effekt: Derartige Aussagen des Fed-Chefs hinterlassen ihre Spuren am Markt. Bereits seit Oktober spekuliert man auf sinkende Leitzinsen, insbesondere in den USA, wodurch vor allem die Goldpreise immer weiter in die Höhe getrieben werden – und zwar bis zum Rekordniveau, wie das Wochenende zeigte. In der Nacht zum Montag erreichte die Feinunze Gold (31,1 g) auch in Euro ihren bisherigen Rekord von 1.965 Euro.

Die Hintergründe dafür dürften mehrschichtig sein. Zum einen wird ein Nachteil zum Vorteil, denn das güldene Investment wirft keine laufenden Erträge ab, im Gegensatz zu festverzinslichen Wertpapieren. Diese aber sind attraktiver, solange die Zinsen bzw. Zinserwartungen hoch bleiben. Stehen perspektivisch Zinssenkungen an, dann wird der Mangel laufender Erträge weniger relevant. Zum anderen würden niedrigere Leitzinsen eine Schwächung des US-Dollars bedeuten, was die Goldnachfrage weiter anheben dürfte.

Außerdem wird das Aurum nach wie vor von vielen als ein „sicherer Hafen in unruhigen Zeiten“ gehandelt, was in den aktuellen, von geopolitischen Risiken geprägten Zeiten den Goldpreis weiter in die Höhe treiben dürfte.

Experten sehen Goldrallye skeptisch

Die Stimmung in der Finanzbranche sieht den Run auf Gold allerdings nicht ausschließlich als sinnvoll an. „tagesschau.de“ zitiert Sören Hettler, Marktbeobachter bei der DZ Bank damit, dass der sinkende Preisdruck für das unverzinste Gold zwar eine positive Nachricht sei, „die aktuell kursierenden Spekulationen zugunsten zeitnaher US-Leitzinssenkungen“ allerdings überzogen seien. Für den Goldpreis erwarte Hettler daher zunehmenden Gegenwind für den Goldpreis in den nächsten Wochen.

Ähnlich sieht es laut „tagesschau.de“ auch Barbara Lamprecht, Rohstoffexpertin bei der Commerzbank. Die Erwartungen von Fed-Zinssenkungen um 0,5 Prozentpunkte bis Jahresmitte 2024 dürften ihrer Ansicht nach enttäuscht werden, weswegen sie auch mit einer Korrektur am Goldmarkt rechne. (mki)

Bild: © Olivier Le Moal – stock.adobe.com

 

Unabhängige Asset-Manager: Erfolgreich durch Kundenkontakt

Das Institut für Vermögensverwaltung führt jährlich eine Branchenumfrage unter den unabhängigen Vermögensverwaltern in Deutschland durch und hat einen Rückblick auf die letzten zehn Jahre veröffentlicht. Fazit: Die Asset-Manager sind gewachsen – vor allem in unsicheren Zeiten.

Der Verband der unabhängigen Vermögensverwalter (VuV) und das Institut für Vermögensverwaltung (InVV) der Technischen Hochschule Aschaffenburg haben am Dienstag, den 29.11.2023, einen Rückblick auf die Entwicklung der rund 400 unabhängigen Vermögensverwalter in Deutschland vorgestellt. Und erfreut können VuV-Vorstand Thomas Buckard und Prof. Dr. Hartmut Webersinke, der Leiter des InVV, mitteilen, dass die unabhängigen Vermögensverwalter seit der ersten Durchführung der Umfrage 2014 stark gewachsen sind – sowohl bei der Anzahl der betreuten Kunden als auch beim verwalteten Vermögen.

Wachstum in unruhigen Zeiten

Bemerkenswert bei der Entwicklung ist laut Webersinke die Tatsache, dass die Asset-Manager unabhängig von der Lage an den Märkten wachsen. Das klassische Vorurteil sei, dass Vermögensverwalter mit den Märkten mitwachsen – wenn die Aktienmärkte steigen, dann auch die Assets under Management (AuM). Doch bei den unabhängigen Vermögensverwaltern sei genau das Gegenteil der Fall: Wenn die Märkte besonders steigen, wachsen deren Volumina eher unterdurchschnittlich. Neue Kunden, neue Mitarbeiter und neues Volumen werden eher in schlechten Börsenzeiten akquiriert.

Um auf die Zahlen zu blicken: Bei der Erstumfrage 2014 lag das durchschnittliche verwaltete Vermögen bei 183 Mio. Euro, 2023 sind es 481 Mio. Euro. Höher war es nur 2022 mit 498 Mio. Euro. Die durchschnittliche Kundenbasis konnte ein konstantes Wachstum verzeichnen: von 331 im Jahr 2014 zu 578 im laufenden Jahr 2023.

Mehr Kundenkontakt

Doch wie kommt es zu diesem Phänomen des Wachstums in eher schlechteren Marktetappen? Webersinke erklärt, dass in guten Zeiten eher die Online-Broker und ETF-Anbieter profitieren, wogegen in unruhigen und schwierigen Zeiten an der Börse der Bedarf an Beratung steige. Die Menschen seien sich unsicher und wüssten nicht, wie sie ihr Geld anlegen sollen. Und hier würden die Vermögensverwalter etwas bieten, das der ETF-Markt nicht bieten könne: Vertrauen. Denn das persönliche Gespräch mit dem Berater helfe deutlich besser, die Lage zu verstehen und Anlageentscheidungen zu treffen.

Dementsprechend hätten die Asset-Manager auch ihren Kundenkontakt stark nach oben geschraubt. Im Rahmen der Umfrage wurden die Unternehmen auch danach gefragt, wie hoch der Anteil der Arbeitszeit ist, den sie mit dem direkten Kundenkontakt verbringen. 2014 waren dies noch 33%, 2023 stolze 47%. Laut Webersinke sei dies auch deswegen möglich, weil Backoffice-Tätigkeiten aufgrund der Digitalisierung nun nicht mehr so viel Zeit in Anspruch nähmen wie vorher.

Entsprechend steigt auch die Zahl der Angestellten in den Unternehmen. 2014 beschäftigten die unabhängigen Vermögensverwalter im Schnitt 7,4 Mitarbeitende, 2023 sind es 10,7. Und: 63% der Asset-Manager planen, in den nächsten zwölf Monaten weiter Personal aufzubauen. (mki)

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Jahresendrallye zur Adventszeit: Kommt sie oder nicht?

Am Dax ging es im elften Monat des Jahres ordentlich bergauf – viele glauben, dass die Jahresendrallye an der Börse bereits gestartet ist. Woher kommt der Anstieg? Wie wird der Dezember 2023 verlaufen? Und gibt es so etwas wie eine Jahresendrallye überhaupt? Die Geister scheiden sich.

Adventszeit ist… Börsenzeit? Der erste Advent steht vor der Tür und damit auch eine Zeit an der Börse, die für gewöhnlich zu den besseren des Jahres zählt. Doch der Deutsche Aktienindex hat mit den Kurssteigerungen nach dem eher mauen Oktober bereits im gesamten November zugelegt. An Allerheiligen saß der Dax mit 14.923 Punkten noch unter der 15.000er-Marke. Am frühen Nachmittag des 30. Novembers, an dem dieser Artikel entsteht, liegt er dagegen nach kontinuierlichem Wachstum im Bereich zwischen stolzen 16.200 und 16.250 Punkten – etwa 300 Punkte entfernt von seinem Rekordwert, den er im Juli 2023 erreichte.

Und nicht nur in Deutschland geht es seit rund vier Wochen bergauf: Auch die New Yorker Indizes S&P 500 und Dow Jones verzeichnen seit Ende Oktober gehörige Anstiege, genauso der EURO STOXX 50 (mit ein paar Startschwierigkeiten am 07. und 10.11.). Ist das diese „Jahresendrallye“, von der alle sprechen? Was steckt dahinter? Und auch wenn der berühmte Blick in die Glaskugel am Kapitalmarkt keinem vergönnt ist: Geht es im Dezember so weiter oder ist das Gros des Pulvers bereits verfeuert?

Dezember: ein stärkerer Monat des Jahres

Sebastian Dörr, Kapitalmarktanalyst von HQ Trust, hat die Renditen aller Börsenjahre am S&P 500 seit 1872, stattliche 150 an der Zahl, untersucht. Dabei kommt er zunächst zu dem Schluss, dass der Dezember einer der besseren Monate des Jahres ist, denn im Schnitt legte der S&P 500 in den vergangenen 150 Jahren um rund 1,3% zu. Besser waren im Mittel nur Januar, April und Juli. Und auch die Hoffnung, dass der Markt dieses Jahr im Dezember weiter zulegt, kann Dörr befeuern, denn: „Je stärker die Performance in den ersten elf Monaten eines Börsenjahrs, desto besser fiel in der Tendenz auch der letzte Monat des Jahres aus“, so Dörr. Und um diese These noch weiter zu unterstreichen: „Nur in einem Fall endete der Dezember im Schnitt im Minus: Wenn die Aktienkurse von Januar bis November bereits Verluste von mehr als 6,7% eingefahren hatten.“

Im Mittel das beste Ergebnis erreichte der Dezember in Jahren, in denen die Performance in den ersten elf Monaten zwischen 14% und 23% lag. In diesen Dezembermonaten legte der S&P 500 im Schnitt um 2,4% zu – eine Bandbreite, in der er sich auch aktuell befinde, so Dörr. Der Analyst weist allerdings ebenso darauf hin, dass es sich dabei „natürlich trotzdem“ nicht um eine „Jahresendrallyegarantie“ handle. Denn auch hier gebe es eine Bandbreite: Im besten Fall, im Dezember 1991, gewann der Index über 11% hinzu, im Dezember 1899 verlor er allerdings auch mehr als 6%.

Ist die Jahresendrallye ein Mythos?

Doch einmal abseits der Zahlen: Inwiefern ist die Jahresendrallye nur eine selbst erfüllende Prophezeiung? Woher kommt das Phänomen überhaupt? Dieser Frage geht die Volkswirtin und Journalistin Christiane von Hardenberg in ihrer Kolumne für die „Zeit“ auf den Grund. Demnach hieß die Jahresendrallye ursprünglich „Santa Claus Rallye“, nach einer Studie von 1972, in der der US-Wissenschaftler Yale Hirsch die Kursbewegungen an den letzten fünf Handelstagen des Jahres und den ersten zwei Handelstagen des Folgejahres betrachtet hatte – und zwischen 1952 und 1972 hier in 17 von 20 Jahren eine positive Entwicklung wahrgenommen hatte.

Doch um etwas neuere Zahlen zu betrachten, zitiert von Hardenberg auch den Wirtschaftswissenschaftler Jayden Patel, der den S&P 500, den Dow Jones und den Nasdaq zwischen 2000 und 2021 näher beobachtete und in dieser Zeit keine Jahresendrallye feststellte. Dabei war es egal, ob diese Jahre im Ganzen oder getrennt – von 2000 bis 2009 und von 2010 bis 2021 – betrachtet wurden.

Die möglichen Gründe für eine Jahresendrallye, die von Hardenberg in ihrer Kolumne nennt, findet sie selbst zweifelhaft. Der „Tax-Harvesting-Effekt“, bei dem viele Investoren ihre Aktien verkaufen, um Gewinne bzw. Verluste auszugleichen und dadurch Steuern zu sparen, und wodurch die Kurse dann fallen, um anschließend stärker zu steigen, werfe eigentlich nur die Frage auf, warum die Kurse dann, so wie dieses Jahr, schon ab November nach oben gehen.

Und auch die Theorie, dass Arbeitnehmer ihre Boni in der Weihnachtszeit am Markt anlegen, erscheint ihr zweifelhaft. Denn Boni werden in verschiedenen Monaten ausgezahlt – mal abgesehen davon, dass die Anlage des Jahresbonus in Aktien ganz im Gegensatz zum Klischee des gemeinen, risikoaversen Deutschen steht. Vielleicht also, so Hardenberg, steckt auch einfach die Psychologie dahinter: „Weil alle an die Jahresendrallye glauben, kaufen alle Aktien.“

Kommt sie oder kommt sie nicht?

Die Zeit der Besinnlichkeit will genutzt sein – und die noch bevorstehende Rush Hour beim Weihnachtsgeschäft wird dazu wohl kaum einen Teil beitragen. Zur Beruhigung aber: Ob die Jahresendrallye als jährliches Phänomen wirklich existiert oder nicht und woher sie kommt, wird man wohl auch in diesem Jahr nicht herausfinden. Vielleicht aber ist das Christkind großzügig und beschert den Anlegern nicht nur unter dem Baum, sondern auch im Depot ein kleines Präsent. (mki)

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