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Fondswirtschaft verbucht 10 Mrd. an Mittelabflüssen

Anleger haben im dritten Quartal 2022 Nettomittel in Höhe von 10,1 Mrd. Euro aus Fonds abgezogen. Besonders drastisch waren die Mittelabflüsse der Privatanleger. Sie zogen netto sogar fast 17 Mrd. Euro ab. Institutionelle Investoren griffen hingegen zu.

Die deutsche Fondsbranche blickt auf ein ernüchterndes drittes Absatzquartal zurück. Das geht aus den Zahlen des Fondsverbands BVI hervor. Demnach verzeichnete die Fondswirtschaft im dritten Quartal 2022 Nettomittelabflüsse in Höhe von 10,1 Mrd. Euro.

Offene Publikumsfonds mit Minus von 17 Mrd. Euro

Betrachtet man allein die Mittelbewegung bei den Publikumsfonds, ergibt sich ein noch drastischeres Bild. Offene Publikumsfonds wiesen im dritten Quartal 2022 netto Mittelabflüsse in Höhe von fast 17 Mrd. Euro auf. Geschlossene Publikumsfonds beendeten das Quartal unverändert.

Immobilienfonds verzeichnen leichte Zuflüsse

Weiter aufgeschlüsselt zeigt sich, dass Privatanleger im dritten Quartal insbesondere aus Rentenfonds (-6,9 Mrd. Euro) und Aktienfonds (-5,8 Mrd. Euro) Gelder abzogen. Mischfonds hingegen mussten nur Nettomittelabflüsse in Höhe von 1,5 Mrd. Euro verkraften. Und Immobilienfonds konnten sogar 0,6 Mrd. Euro hinzugewinnen.

Zuflüsse auf Jahressicht werden von Institutionellen getragen

Mit Blick auf die ersten neun Monate des Jahres 2022 stehen trotz der massiven Mittelabflüsse im dritten Quartal mittlerweile Nettomittelzuflüsse von 41,2 Mrd. Euro zu Buche.

Auch hier lohnt aber ein Blick auf die Auswertung nach Fondstyp. Offene Publikumsfonds mussten im laufenden Jahr nämlich Nettomittelabflüsse von 8,4 Mrd. Euro verkraften. Geschlossene Publikumsfonds hingegen verharrten auf Jahressicht mit einem Plus von 0,2 Mrd. Euro an Nettomitteln fast unverändert. Dementsprechend wird die Statistik von den institutionellen Investoren gerettet: Offene Spezialfonds erreichen in den ersten neun Monaten des Jahres stolze 54,2 Mrd. Euro an Zuflüssen. Geschlossene Spezialfonds sind mit Zuflüssen von immerhin 5,6 Mrd. Euro ebenfalls deutlich im Plus. (tku)

 

Wertpapiernachfrage schwächelt – Sparpläne bleiben gefragt

Die aktuellen Zahlen der Deka zeigen, dass Privatanleger im Vergleich zum Vorjahr bei Wertpapieren deutlich vorsichtiger geworden sind. Ein Lichtblick bleiben Fondssparpläne. In den ersten neun Monaten des Jahres kamen netto bereits 330.000 hinzu.

Die Deka, das Wertpapierhaus der Sparkassen-Gruppe, hat ihre aktuellen Quartalszahlen vorgelegt. Demnach beträgt die Nettovertriebsleistung des Fondshauses von Anfang Januar bis Ende September 2022 19,2 Mrd. Euro. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ging der Absatz um ca.18% zurück. Die Deka verweist aber darauf, dass die Vertriebsleistung des Jahres 2021 außergewöhnlich stark war.

Wertpapiersparpläne weiterhin gefragt

Der weitaus größte Teil der angelegten Gelder stammte von Retailkunden, die weiterhin Wertpapier-Sparpläne nachfragten. In den ersten neun Monaten des Jahres kamen netto rund 330.000 neue Verträge hinzu. Im dritten Quartal flachte die Wachstumsdynamik zwar ab, dennoch schlossen die Sparer netto 50.000 Sparpläne ab. Damit beträgt die Gesamtzahl der Wertpapiersparpläne per Ende September rund 7,4 Millionen. Bei Einmalanlagen hingegen verzeichnet die Deka seit den Sommermonaten eine deutliche Zurückhaltung.

Privatanleger steuern den größten Teil bei

Retailkunden legten in den ersten neun Monaten des Jahres insgesamt 13,9 Mrd. Euro an (Vorjahreszeitraum: 18,1 Mrd. Euro). Bei den institutionellen Kunden summierte sich der Absatz auf 5,3 Mrd. Euro (5,2 Mrd. Euro). Die Zuwächse im Fondsgeschäft lagen mit 11,9 Mrd. Euro unterhalb des Vorjahreszeitraums (16,7 Mrd. Euro). Der Absatz von Zertifikaten belief sich auf 7,3 Mrd. Euro (6,6 Mrd. Euro).

Kapitalmarktlage drückt verwaltetes Vermögen

Die Total Assets lagen marktbedingt Ende September mit 363,3 Mrd. Euro unter dem Jahresendwert 2021 von 395,1 Mrd. Euro. (tku)

Bild: © Watchara – stock.adobe.com

 

AVL Finanzvermittlung feiert 25-jähriges Bestehen

Die Finanzvermittlung AVL, die nun schon seit einem Vierteljahrhundert am Markt ist, sieht eine zunehmende Nachfrage nach Fondssparplänen. Zum Jubiläum lässt das Unternehmen seine Vergangenheit Revue passieren und hat auch ein spezielles Angebot parat.

<p>Die AVL Finanzvermittlung feiert ihr 25-jähriges Bestehen. Mit über 175.000 vermittelten Depots und über 60.000 Kunden zählt sich AVL zu den Marktführern der Fondsdiscounter. Mittlerweile können Anleger über AVL mehr als 23.400 Fonds und 12.000 Fondssparpläne ohne Ausgabeaufschlag bzw. mit einem Rabatt von 100% auf die Abschlussprovision erwerben.</p><h5>Mehr Transparenz für Anleger</h5><p>Die Zeiten, in denen sich der Gründer und Geschäftsführer Uwe Lange mit Fondsanbietern vor Gericht über den faktischen Verzicht auf den Ausgabeaufschlag auseinandersetzen musste, gehören der Vergangenheit an. „Was die Kosten betrifft, sind die Anbieter heute transparenter und Anleger können besser nachvollziehen, wie hoch Weichkosten tatsächlich sind“, sagt Lange. </p><h5>Nachfrage nach Sparplänen zieht an</h5><p>Eine wachsende Nachfrage verzeichnete das Unternehmen in den vergangenen Jahren nach Fondssparplänen und nachhaltigen Anlageprodukten. Während zudem in der Gründungsphase vor allem Männer über AVL investierten, ist der Anteil von Frauen bis heute auf knapp 45% gestiegen. „Finanzanlage ist längst auch Frauensache“, sagt Simon Lange, mit dem die zweite Generation der Unternehmerfamilie in die AVL-Geschäftsführung gerückt ist.</p><h5>Fondsfinder als mächtiges Tool</h5><p>Mit dem Fondsfinder auf der Website bietet AVL Anlegern die Möglichkeit, tausende Fonds zum Beispiel nach Märkten, Regionen, Anlageklassen und Zeiträumen zu filtern und zu vergleichen, um in das Umfeld von Anlageentscheidungen ein hohes Maß an Transparenz und Informationsdichte zu bringen. „In den gegenwärtigen Zeiten von Krieg und Inflation sind vor allem Fondssparpläne beliebt, weil so mit kleineren Beträgen Investments vorgenommen werden können und zugleich ein besserer Durchschnittspreis erzielt werden kann“, sagt Simon Lange.</p><h5>Aktionsangebot: ebase Jubiläumsdepot</h5><p>Anlässlich des Firmenjubiläums übernimmt AVL beim ebase Jubiläumsdepot das Depotführungsentgelt sowie das VL-Vertragsentgelt für die Jahre 2022 und 2023 für alle Anleger, die bis zum 31.12.2022 über AVL eröffnen. (tku)</p><p><i class="font-twelve-italic" >Bild: © Myvisuals – stock.adobe.com</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/5576141C-B4BE-48F5-BF24-ED26692E9E91"></div>

 

Tagesgeldzinsen seit Jahresanfang versechsfacht

Raisin hat sich im Rahmen einer Studie näher mit der Zinswende beschäftigt und insbesondere die Zinsentwicklung in Deutschland seit Jahresanfang unter die Lupe genommen. Ein Ergebnis: Die Zinsen auf Tagesgeld haben sich mehr als versechsfacht.

Die Leitzinsanhebungen der Europäischen Zentralbank (EZB) sind bei den Endverbrauchern angekommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Raisin. Das Unternehmen, das für die Plattformen WeltSparen und Zinspilot bekannt ist, hat sich hierfür die Zinsentwicklung bei Tagesgeld, Festgeld und Sichteinlagen im Euroraum näher angesehen.

Festgeld in Deutschland

Die besten fünf Festgeldangebote mit einjähriger Laufzeit in Deutschland warfen Anfang 2022 im Schnitt noch lediglich 0,75% p. a. ab. Mittlerweile sind die Festgeldzinsen bereits auf 2,65% p. a. angewachsen. Beim Festgeld mit dreijähriger Laufzeit stiegen die Zinsen von knapp über 1% sogar auf über 3% p. a. an.

Tagesgeld in Deutschland

Die Zinsen auf Tagesgeld zogen in Deutschland im gleichen Zeitraum ebenfalls stark an. Hier haben die besten zehn Angebote im Schnitt eine Verzinsung von 1,32% p. a. erreicht. Im Januar lagen sie noch bei 0,20% p. a. – mehr als eine Versechsfachung. Einzig bei den Girokonten tut sich, wenig überraschend, nichts. Hier gibt es weiterhin keine Zinsen. (tku)

Bild: © hobbitfoot – stock.adobe.com

 

Von der Bärenmarktrallye zum Bullenmarkt

Die US-Inflationszahlen fallen. Ist das schon das Ende des Bärenmarkts? Ausgemacht ist das zwar noch nicht, aber einstweilen steigen die Aktienindizes weltweit. Die Hoffnung auf eine weniger strikte Geldpolitik der Fed treibt die Kurse.

Die Leitzinsanhebungen zeigen Wirkung – zumindest in den USA. Nachdem die US-Notenbank die Leitzinsen Monat für Monat stark angehoben hat, reagieren die Inflationswerte nun zum ersten Mal nennenswert. Die US-Inflation lag demnach im Oktober nur noch bei 7,7% und ist damit deutlich niedriger ausgefallen als im Vorfeld erwartet.

Euphorie an den Märkten

Die Reaktion der Märkte auf diese erfreulichen Zahlen: Euphorie. Der US-Leitindex S&P 500 stieg am Donnerstag nach Veröffentlichung der Zahlen um 5,5%. Auch für den Dax ging es nach oben. Er kletterte um 3,5% und übersprang die 14.000-Punktemarke deutlich. Einzelne Titel legten zweistellig zu.

Hoffnung auf Pause bei Zinserhöhungen steigt

Die Zahlen wecken unter den Anlegern die Hoffnung, dass der harte Kurs der Fed bald ein Ende finden könnte. Laut Tiffany Wilding vom Vermögensverwalter PIMCO festige der Inflationsbericht die Erwartung, dass die Fed bei einem Leitzins in der Spanne von 4,50 bis 5,00% zumindest eine Pause bei den Zinserhöhungen einlegen dürfte. Aktuell weist der US-Leitzins eine Spanne von 3,75 bis 4,00% auf.

Wendepunkt an den Märkten

Die Reaktionen des Marktes untermauern auch weiter, dass die Midterm-Wahlen im Vergleich zur Notenbankpolitik der Fed von untergeordneter Bedeutung sind. Während die Wahlen die Märkte eher kalt gelassen hatten, fiel die Reaktion auf die Inflationsdaten heftig aus. „Die eigentlichen Entscheidungen über Wohl und Wehe der Wirtschaft werden nicht von der US-Politik gefällt, sondern von der US-Notenbank“, so Mathias Beil, Leiter Private Banking bei der Hamburger Sutor Bank. Die Preissteigerungen in den USA hatten im September noch 8,2% betragen. Auch wenn der Rückgang noch nicht groß ist, stelle er laut Beil doch einen Wendepunkt dar.

Rallye erfasst auch andere Asset-Klassen

Die durch die Zahlen ausgelöste Rallye erfasste auch andere Asset-Klassen, sodass sogar die zuletzt arg gebeutelten Kryptowährungen zulegen konnten, die für einen zunehmenden Anteil der Deutschen als Investment interessanter werden (AssCompact berichtete).

Insgesamt war es für Aktien der beste Tag seit zwei Jahren. „Was für ein unvergesslicher Tag für alle Asset-Klassen“, so zitiert das Handelsblatt den bekannten Marktexperten, Mohamed El-Erian, der unter anderem die Allianz berät.

Risiko der Rezession ist noch nicht ausgestanden

Aber auch wenn der Bärenmarkt vorerst beendet sein sollte, heißt das nicht, dass eine stärker als erwartet ausfallende Rezession die Märkte nicht wieder auf Talfahrt schicken könnte. Doch Matthias Beil von der Sutor Bank macht den Anlegern Mut: „Die Wahrscheinlichkeit dafür sinkt mehr und mehr und es wird immer klarer, dass auf Sicht die Kurse weiter steigen können. […] Gut möglich, dass wer jetzt an der Seitenlinie stehen bleibt, dies bald bereut und sich dann teurer in den Markt zurückkaufen muss.“ (tku)

Bild: © iamchamp – stock.adobe.com

 

Neuer US-Immobilienfonds für Privatanleger

Der Anbieter von US-Immobilienfonds, Jamestown, hat ein neues Produkt auf den deutschen Markt gebracht. Der Jamestown 32 soll zunächst 2% und ab 2024 sogar 4% an jährlichen Ausschüttungen anstreben. Investiert wird in vermietete Gewerbe- und Mietwohnobjekte.

Der US-Immobilienfondsanbieter Jamestown bringt einen neuen Publikumsfonds auf den deutschen Markt. Der Jamestown 32 hat zum Ziel, qualitativ hochwertige, vermietete Einzelhandels-, Büro- und Mietwohnobjekte in den wichtigsten Metropolen der USA zu erwerben.

Anbieter will Kriegskasse füllen

„Wir sammeln jetzt Kapital bei den Anlegern ein, um bei den zu erwartenden Opportunitäten schnell zuschlagen zu können“, so Jamestown Geschäftsführer Fabian Spindler. „Nach unserer Einschätzung werden spätestens Mitte 2023 die Verkäufer von Immobilien gesunkene Preise akzeptieren. Diese Chance möchten wir nutzen und zu diesem Zeitpunkt mit ausreichend Kapital versorgt sein.“

Jährliche Ausschüttungen

Für die Anleger des Fonds sind jährliche Ausschüttungen von 2% ab Einzahlung und von 4% im Jahr ab 2024 angestrebt, aus Objektverkäufen will Jamestown nach einer geplanten Fondslaufzeit von sieben bis zwölf Jahren weitere 110% ausschütten, jeweils vor Steuern und bezogen auf das investierte Eigenkapital. Den Vorgängerfonds Jamestown 31 hatten mehr als 9.000 Anleger mit 610 Mio. US-Dollar Eigenkapital gezeichnet. Privatanleger können sich ab sofort am Jamestown 32 beteiligen.

Über Jamestown

Jamestown ist ein deutsch-amerikanisches Immobilienunternehmen, das in den letzten 39 Jahren Transaktionen im Wert von über 40 Mrd. US-Dollar durchgeführt. Das Unternehmen ist Marktführer für geschlossene US-Immobilienfonds für Privatanleger in Deutschland und hat bereits 38 Fonds. Zum 01.06.2022 verwaltete Jamestown ein Vermögen von 13,1 Mrd. US-Dollar in den USA und Europa. (tku)

Bild: © Tierney – stock.adobe.com

 

Fondswirtschaft verwaltet Billionen für die Altersvorsorge

Die deutsche Fondswirtschaft verwaltet 1.700 Mrd. Euro an Vermögen zu Altersvorsorgezwecken. Das hat der Branchenverband BVI bekanntgegeben. Damit dient fast die Hälfte aller Assets under Management der deutschen Fondswirtschaft dem Zweck der Altersvorsorge.

Die Fondswirtschaft ist der größte Verwalter von Altersvorsorgekapital in Deutschland. Das geht aus einer Erhebung des deutschen Fondsverbands BVI hervor. Demnach verwalteten die BVI-Mitglieder zur Jahresmitte 1.730 Mrd. Euro für Altersvorsorgezwecke. Das sind 45% des von der Branche insgesamt verwalteten Vermögens von rund 3.900 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Zur Jahresmitte 2017 lag der Anteil bei 40%. Seitdem ist das Vermögen für Altersvorsorgezwecke um 600 Mrd. Euro gewachsen.

Kapital steckt häufig in Fondsprodukten

„Die Menschen haben zwar oft über Kapitallebensversicherungen oder ihre Betriebsrente einen anderen Zugang, aber verwaltet wird letztlich ein großer Teil dieses Kapitals in Fonds“, sagt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI.

Ein Drittel entfällt auf kapitalbildende Lebensversicherungen

Hinter dem für die Altersvorsorge verwalteten Vermögen der Fondsgesellschaften stehen insbesondere kapitalbildende Lebensversicherungen mit 570 Mrd. Euro. Auf die betriebliche Altersvorsorge entfallen 490 Mrd. Euro; dazu gehören vor allem Direktzusagen (240 Mrd. Euro) und Pensionskassen (180 Mrd. Euro).

Für berufsständische Versorgungswerke von zum Beispiel Ärzten, Apothekern und Rechtsanwälten verwalten die Fondsgesellschaften 380 Mrd. Euro. Auf die Zusatzversorgung der Beschäftigten bei Bund, Ländern und Gemeinden sowie den Kirchen entfallen 160 Mrd. Euro. Im Rahmen von konventionellen und staatlich geförderten Fondssparplänen (Riester- und VL-Fondssparpläne) verwalten die Fondsgesellschaften 130 Mrd. Euro. (tku)

Bild: © Khongtham – stock.adobe.com

 

Wir brauchen kluge, expansive Finanzpolitik

Der Top-Ökonom Marcel Fratzscher meint, dass gerade jetzt – in Zeiten hoher Inflation – kluge Finanzpolitik gefragt ist, die den Schwächsten unter die Arme greift. Die Leitzinsanhebungen der EZB hingegen werden seiner Ansicht nach kurzfristig kaum zur Preisstabilität beitragen – richtig seien sie dennoch.

<h5>Interview mit Prof. Marcel Fratzscher, Ph.D., Präsident des DIW Berlin</h5><h5>Herr Fratzscher, der IWF hat die Konjunkturprognose für Deutschland drastisch gesenkt. Für 2023 wird nun davon ausgegangen, dass das deutsche BIP um 0,3% schrumpft. Wie hart wird uns die Rezession treffen?</h5><p>Die Hoffnung – und ich sage bewusst Hoffnung – ist, dass die Rezession, in der wir uns wahrscheinlich jetzt schon befinden, relativ milde bleiben wird. Auch unsere Prognose für nächstes Jahr liegt bei einem Minus von 0,5% für das Gesamtjahr. Das ist erst mal keine sehr tiefe Rezession, aber wir rechnen hier mit einem optimistischen Szenario. Die Risiken sind jedoch klar nach unten gerichtet. Eine negative Abweichung ist sehr viel wahrscheinlicher als eine positive Überraschung. Die Eskalation des Krieges in der Ukraine, weiterhin hohe Energiepreise, ein zu zögerliches Handeln der Finanzpolitik – all das sind Risiken, die dazu führen könnten, dass die Rezession deutlich tiefer ausfallen könnte. Und auch die Gefahr von Unternehmensinsolvenzen steht im Raum. Was der Ausdruck milde Rezession aber verbirgt: Sowohl die Menschen als auch die Unternehmen werden sehr unterschiedlich betroffen sein. Insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen – nicht nur die energieintensiven – und Menschen mit geringem Einkommen werden einen viel höheren Preis zahlen müssen. Die werden wirklich leiden. </p><h5>Und das, obwohl Sie schon ein optimistisches Szenario zugrunde gelegt haben?</h5><p>Ja, das liegt daran, dass die hohen Energiepreise und die Inflation die wichtigsten Gründe für diese wirtschaftliche Schwäche sind – und die treffen Menschen mit geringem Einkommen überproportional härter. Menschen mit geringem Einkommen haben einen drei- bis viermal stärkeren Anstieg ihrer Kosten im Vergleich zu Menschen mit sehr hohem Einkommen zu verkraften. Das heißt, die individuelle Inflation von Menschen mit geringem Einkommen ist ungleich höher – und zusätzlich verfügen sie kaum über nennenswerte Rücklagen. Ähnliches gilt auch für energieintensive Unternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen im Einzelhandel, die jetzt darunter leiden, dass die Menschen weniger konsumieren, während die eigenen gestiegenen Kosten nicht an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden können. Diese Kombination führt dazu, dass die einkommensschwächsten und verletzlichsten Menschen und Unternehmen einen besonders hohen Preis zahlen werden.</p><h5>Was treibt die Inflation außer den steigenden Energiepreisen noch?</h5><p>70 bis 80% der aktuell hohen Inflation sind importiert über hohe Energiepreise und andere Vorleistungen, die auf die weiterhin gestörten globalen Lieferketten zurückzuführen sind. Das sind Faktoren, die außerhalb des Einflusses der Eurozone bzw. von Deutschland liegen. Nur ein sehr geringer Teil ist wirklich selbst gemacht. Das sollte bei genauerer Betrachtung niemanden überraschen: Immerhin sehen wir eine Nachfrageschwäche, keinen Nachfrage-Boom. Der private Konsum geht zurück und wird sich perspektivisch noch einmal deutlich abschwächen. Und auch die Unternehmen investieren weniger. Der Grund für die Inflation kann also nicht auf der Nachfrageseite liegen. </p><!--text-long-pagebreak--><!--sub-title||Wenn die Inflation größtenteils importiert ist, können aber weder Politik noch die Notenbanken viel daran ändern, oder?--><h5>Wenn die Inflation größtenteils importiert ist, können aber weder Politik noch die Notenbanken viel daran ändern, oder?</h5><p>Traditionell sind in erster Linie die Zentralbanken dafür verantwortlich, Preisstabilität zu gewährleisten. Das kann die EZB aber im Augenblick nicht – in den USA ist die Situation übrigens komplett anders gelagert. Gegen eine importierte Inflation kann die Zentralbank nichts machen. Egal, ob die Zinsen jetzt bei 1,25%, bei 5% oder 10% liegen – das wird kaum etwas ändern. Im Augenblick ist es noch wichtiger als sonst, dass die Finanzpolitik und die Geldpolitik eng kooperieren. Und das bedeutet vor allem, dass wir jetzt eine expa­nsive Finanzpolitik brauchen, um eine noch tiefere Rezession zu verhindern. Insbesondere Menschen mit geringem Einkommen benötigen Unterstützung, damit sie ihren Konsum aufrechterhalten können. Unternehmen benötigen Unterstützung, um ihre Investitionen nicht komplett einbrechen zu lassen. Und einzelne Maßnahmen sind auch in der Lage, die Inflation effektiv zu senken. Im Falle des Gaspreisdeckels zum Beispiel rechnen wir beim DIW damit, dass allein diese Maßnahme bis zu zwei Prozentpunkte weniger Inflation bewirken wird. </p><h5>Wie das?</h5><p>Weil die Gaspreise eben auch in vielen anderen Leistungen stecken – vom Bäckerbrötchen bis zum beheizten Ladengeschäft. So gesehen ist es im Augenblick hauptsächlich die Finanzpolitik, die mit klugen Maßnahmen wirtschaftlich stabilisieren und Inflation reduzieren kann. </p><h5>Die EZB hat also keinen Hebel, die importierte Inflation zu begrenzen. Sind die Leitzinsanhebungen dann überhaupt sinnvoll oder ist das nur Symbolik? </h5><p>Nein, das ist nicht nur Symbolik. Es ist richtig, was die EZB macht, denn es geht nicht darum, die Inflation in den nächsten 12 bis 18 Monaten massiv zu verändern. Das kann die EZB gar nicht. Es geht vielmehr darum zu versichern, dass die EZB nach Abklingen dieses Preisschocks möglichst schnell wieder zum Ziel der Preisstabilität zurückkehrt. Es geht also in erster Linie darum, dass die Inflationserwartungen der Unternehmen, der Beschäftigten und der Gewerkschaften niedrig bleiben. Gingen die Menschen davon aus, dass nun jedes Jahr 10% Inflation zu erwarten sind, müssten die Unternehmen ihre Preise stärker anheben und die Gewerkschaften und Beschäftigten würden ihre Lohnforderungen deutlich erhöhen. Und dann wäre es für die EZB viel schwieriger, wieder zur Zielinflationsrate von 2% und somit zur Preisstabilität zurückzukehren. Gleichzeitig will die EZB diese Rezession aber nicht noch weiter verschärfen, indem sie die Zinsen zu schnell und zu stark erhöht. </p><!--text-long-pagebreak--><!--sub-title||Inwiefern würde das die Rezession verschärfen? --><h5>Inwiefern würde das die Rezession verschärfen? </h5><p>Ein plötzliches Anziehen bei den Zinsen führt zu deutlich teureren Krediten. Das wiederum erschwert Investitionen und auch der Konsum bricht ein. Damit würde die Rezession noch tiefer. Die EZB muss also einerseits dafür sorgen, dass die niedrigen Inflationserwartungen verankert bleiben, aber gleichzeitig darf sie die Rezession mit ihren Maßnahmen nicht weiter befeuern – eine Gratwanderung. </p><h5>Sie sagten vorher, die Lage in den USA sei eine andere. Was meinen Sie damit?</h5><p>Die Situation in den USA ist vor allem aus zwei Gründen grundlegend anders: Erstens sind die USA viel weniger stark von dem Energiepreisschock des Krieges betroffen, weil sie weiter weg und, was fossile Energieträger angeht, autonom sind. In Deutschland hingegen importierten wir vor Kriegsbeginn über 50% unseres Erdgases und mehr als 30% unseres Erdöls aus Russland, was natürlich eine immense Abhängigkeit nach sich zog. Zweitens hatten die Amerikaner durch ihre massiv expansive Finanzpolitik in den Jahren 2020 und 2021 – sowohl unter Trump als auch unter Biden – ein viel stärkeres Wirtschaftswachstum, einen viel stärkeren Beschäftigungsanstieg und eine viel stärkere Nachfrage der Konsumentinnen und Konsumenten. In den USA bestand also bereits das Risiko einer Überhitzung, während Europa sich wirtschaftlich noch gar nicht von der Corona-Pandemie erholt hatte. In der Eurozone dürften bis zu 80% der Inflation importiert sein. In den USA hingegen wurden wohl eher 80% der Inflation selbst verursacht. </p><h5>Die US-amerikanische Federal Reserve kann also im Gegensatz zur EZB effektiv etwas gegen die Inflation unternehmen?</h5><p>Ja, aber die Fed ist spät dran. Man kann durchaus sagen, dass die amerikanische Notenbank wahrscheinlich sehr viel früher hätte anfangen müssen, die Leit­zinsen anzuheben – wahrscheinlich schon im letzten Jahr. Für die Eurozone hingegen lasse ich dieses Argument nicht gelten. Letztes Jahr existierte keine seriöse Prognose, die eine Inflationsrate deutlich über 2% vorausgesagt hätte. So gesehen unterscheidet sich die Inflation in den USA von jener im Euroraum fundamental.</p><p>Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 11/2022, S. 66 f., und in unserem <a href="https://epaper.asscompact.de/de/profiles/53e4066999da-asscompact/editio…; target="_blank" >ePaper</a>.</p><p>Lesen Sie auch: <a href="https://www.asscompact.de/nachrichten/marcel-fratzscher-erkl%C3%A4rt-di…; target="_blank" >Marcel Fratzscher erklärt die aktuellen Krisenzeiten</a></p><p><i class="font-twelve-italic" >Bild: © Atlas – stock.adobe.com bzw. Prof. Marcel Fratzscher, Ph. D., DIW Berlin</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/D76819AB-6138-4388-B128-A8F32DDEEF9D"></div>

 
Ein Interview mit
Prof. Marcel Fratzscher, Ph.D

Passive Anleger sollen Stimmrechte aktiv ausüben können

Der Vermögensverwalter BlackRock plant, sein Programm Voting Choice perspektivisch auch auf Privatanleger auszuweiten. Mithilfe dieses Tools sollen Anteilseigner passiver Investmentprodukte dem Vermögensverwalter mitteilen, wie er die Stimmrechte stellvertretend auszuüben hat.

Anbieter von passiven Investmentprodukten wie klassischen Indexfonds oder börsengehandelten Indexfonds (ETFs) wird immer wieder vorgeworfen, die Stimmrechte der jeweiligen Anteilseigner nicht adäquat auszuüben. Gerade für Branchenschwergewichte wie BlackRock, Vanguard oder Amundi ist das Thema Stimmrechtsausübung ein heikles.

Einander widersprechende Interessen

Immerhin sind die Fondsgesellschaften über verschiedene Produkte mit verschiedenen Zielgruppen häufig stellvertretend für die Anteilseigner an demselben Unternehmen beteiligt. Jemand, der sich für einen Impact-Fonds entschieden hat, dürfte aber eine ganz andere Erwartungshaltung bezüglich der Ausübung der eigenen Stimmrechte haben, als der Investor, der sich einen herkömmlichen Artikel-6-Fonds ins Depot gelegt hat.

Vorwurf: (Mangelndes) Engagement

Lange Zeit hatte sich der größte Vermögensverwalter der Welt, BlackRock, auf die Fahnen geschrieben, bei den Unternehmen, an denen man beteiligt ist, grundsätzlich auf mehr Engagement in puncto Umweltschutz und Kampf gegen den Klimawandel hinzuwirken. Mit diesem Versprechen handelte sich der Investmentriese zuletzt jedoch Kritik ein. Während es von aktivistischer Seite hieß, BlackRock zeige nicht genug Engagement im Vergleich zu anderen Vermögensverwaltern, deutete die Kritik verschiedener republikanisch regierter US-Bundesstaaten in die gegensätzliche Richtung. Sie warfen BlackRock vor, zu aktivistisch zu handeln und dadurch die Öl-, Kohle- und Gasindustrie zu schwächen. Die Konsequenz daraus: Die Pensionskassen der Bundesstaaten entzogen dem Vermögensverwalter Gelder.

Konservativ geprägte Staaten ziehen Gelder ab

Zuletzt hatte Missouri ungefähr 500 Mio. US-Dollar abgezogen. Zuvor hatten Louisiana, South Carolina, Utah, Arkansas sowie Texas bereits ähnliche Schritte unternommen, wie das Handelsblatt in einer Zusammenfassung des Konflikts erwähnt. Demnach seien BlackRock auf diesem Wege bereits 1,5 Mrd. US-Dollar an Vermögen entzogen worden.

Voting Choice soll Willen der Anteilseigner berücksichtigen

Nun hat das Unternehmen aber eine elegantere Lösung beim Thema Stimmrechtsausübung in Aussicht gestellt: Die Anteilseigner könnten künftig selbst entscheiden, wie BlackRock stellvertretend für sie abstimmen solle. Ermöglicht werde das durch das Programm Voting Choice. Über dieses Tool können seit einem Jahr bestimmte institutionelle Investoren dem Vermögensverwalter mitteilen, wie die eigenen Stimmrechte ausgeübt werden sollen. BlackRock-CEO Larry Fink kündigte nun an, dass das Tool perspektivisch auch für Privatanleger zur Verfügung stehen solle. Laut Berichten von Bloomberg arbeitet der zweitgrößte Vermögensverwalter der Welt, Vanguard, ebenfalls an einer ähnlichen Lösung zur Stimmrechtsausübung. (tku)

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