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12. November 2020
„Crowdinvesting kommt längst nicht mehr nur bei Start-ups zum Einsatz“

„Crowdinvesting kommt längst nicht mehr nur bei Start-ups zum Einsatz“

Interview mit Jamal El Mallouki, Geschäftsführer der CrowdDesk GmbH und Vorsitzender des Bundesverband Crowdfunding e. V.Crowdinvestments bieten Unternehmen eine alternative Finanzierungsmöglichkeit und Anlegern zugleich eine zusätzliche Investitionsmöglichkeit. Das überzeugt immer mehr Unternehmen und Anleger. Dank Plattformen wie CrowdDesk können auch Finanz- und Versicherungsvermittler mittlerweile von dem Boom profitieren.

Herr El Mallouki, Sie sind nicht nur Geschäftsführer von CrowdDesk, sondern auch Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Crowdfunding. Wie steht der deutsche Crowdinvestmentmarkt im internationalen Vergleich da?

Im Vergleich zu China oder den USA ist der Markt zwar noch relativ klein. Er hat sich aber in den zurückliegenden Jahren in Deutschland definitiv etabliert und knackte im vergangenen Jahr erstmals die Grenze von 1 Mrd. Euro. Im globalen Ranking liegt Deutschland auf Platz 6. Mittlerweile kommt Crowdinvesting längst nicht mehr nur bei Start-ups zum Einsatz. Auch kleine und mittelständischen Unternehmen, Projektentwickler aus dem Energie- und Immobilienbereich oder Konzerne nutzen die Crowd für die Kapitalbeschaffung. Und auch Banken wie etwa die DKB, die GLS Bank oder auch die Volksbank Würzburg entdecken allmählich das Potenzial von Crowdinvesting. Sie bieten ihren Firmenkunden so eine zusätzliche Möglichkeit, um an Kapital zu gelangen. Ihre Privatkunden erhalten hingegen eine neue Investitionsmöglichkeit.

Neben den Unternehmen hat auch die Zahl der Plattformen für Crowdinvestings zugenommen. Was unterscheidet CrowdDesk von anderen Anbietern?

CrowdDesk ist eine Software-as-a-Service-Lösung (SaaS) zur Kapitalaufnahme und Vermittlung von Finanzanlagen. Damit unterscheiden wir uns von herkömmlichen Crowdinvesting-Plattformen, die meist selbst die Finanzierungsprodukte anbieten. CrowdDesk ist hingegen das System hinter der Plattform. Wir selbst bieten nichts an, sondern bringen Anleger und Vermittler sowie Unternehmen auf der Suche nach Finan­zierungen zusammen.

Das funktioniert aber nur, wenn man viele Unternehmen wie auch Kunden von der Plattform überzeugt. Wie sieht es diesbezüglich bei CrowdDesk aus?

Vom Start-up bis zum Konzern nutzen viele Unternehmen unsere Software, um über digitale Finanzinstrumente Kapital bei der Crowd einzuwerben. Die Projektvielfalt ist entsprechend groß. Für sie ist das ein alternativer Weg der Kapita­lbeschaffung. Neben den bereits erwähnten Banken nutzen auch andere Finanzunternehmen un­sere Produkte, etwa Emissionshäuser oder 34f-­Finanzanlagenvermittler. Sie digitalisieren ihr Geschäftsmodell mit uns und erweitern es um digitale Vertriebskanäle.

Wie ist CrowdDesk der Aufbau eines solchen Kundennetzwerks gelungen?

Wir können mit unserer Software praktisch jedes Finanzinstrument digital abbilden. Das macht es für viele klassische Unternehmen, die Kapitalbedarf haben, und viele Finanzunternehmen, deren Geschäft die Kapitalvermittlung ist, interessant, mit uns zusammenzu­arbeiten. Zudem hat auch Corona dazu beigetragen, dass sich immer mehr Unternehmen mit alternativen Finanzierungsmöglichkeiten beschäftigen und den digitalen Weg gehen wollen.

Welche Rolle spielt die Person des Finanzberaters und -vermittlers bei CrowdDesk?

Eine sehr wichtige Rolle. Finanzberatern und -vermittlern wollen wir eine Möglichkeit bieten, den analogen Vertriebskanal um einen digitalen Weg zu erweitern. Corona hat gezeigt, dass der analoge Weg in Zukunft vielleicht nicht immer so einfach umzusetzen ist. Mit uns können Finanzvermittler ihre Kunden vollständig digital ansprechen – mit eigener Website, einer digitalen Dokumentenverwaltung und einem vollständig rechtssicheren und digitalen Zeichnungsprozess. Zudem passieren keine leichtfertigen Fehler mehr wie etwa fehlende Unterschriften auf den Unterlagen.

Mit CrowdDesk NEXT haben Sie in diesem Jahr einen neuen Dienst gestartet. Was bietet er?

CrowdDesk NEXT ist ein Marktplatz für digitale Finanzprodukte. Auf ihn stellen Unternehmen prospektierte wie auch unprospektierte Emissionen ein. Diese Angebote stehen all unseren Partnern mit 34f-Lizenz zur Verfügung. Sie erhalten so Zugriff auf eine Vielzahl von digitalen Emissionen für ihren Finanzvertrieb. Dabei kann sogar die eigene Website eingebunden werden. Auf ihr können Vermittler ausgewählte Emissionen zur Online-Zeichnung anbieten. Alternativ besteht die Möglichkeit, über das CrowdDesk-System eine kostenfreie Standard-Website zu erstellen. Nun müssen nur noch die Kunden über die neuen Finanzprodukte informiert werden, zum Beispiel über E-Mails oder über die sozialen Netzwerke.

Allerdings herrscht nicht nur bei Unternehmen, sondern auch bei Beratern oft noch Skepsis gegenüber neuen und digitalen Finanzierungsangeboten …

Das ist richtig. Bisher nutzen nur wenige Finanzvermittler digitale Instrumente beim Vertrieb von Finanzprodukten, was besonders in der aktuellen Situation gravierende Folgen haben kann. Dabei ermöglichen unsere Lösungen wie der CrowdDesk PRO Agent Finanzvermittlern nicht nur, ihren Kunden deutlich mehr Produkte anzubieten. Sie schaffen auch mehr Rechtssicherheit, denn der Online-Zeichnungsprozess erfüllt alle rechtlichen Anforderungen. Regulatorische Anforderungen sind automatisch hinterlegt, sodass diesbezüglich keinerlei Fehler unterlaufen können. Das ist gerade in Zeiten zunehmender und ständig wechselnder Regulierung ein wichtiges Thema. Die vollständig digitale Zeichnungsstrecke ist zudem unabhängig von Ort und Zeit. Durch sie erhalten Finanzvermittler einen zusätzlichen Vertriebskanal für ihre Finanzprodukte – und das ohne regionale oder zeitliche Begrenzung. Physischer Kundenkontakt ist nicht mehr zwingend notwendig. Das hat gerade durch die Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen. Und gerade im Herbst und Winter ist nicht ausgeschlossen, dass die Kontaktbeschränkungen wieder verschärft werden. Durch die digitale Abwicklung sinken auch die administrativen Kosten und der Verwaltungsaufwand. All das ist weitgehend ohne technische Vorkenntnisse möglich, da die Software webbasiert und intuitiv und leicht zu handhaben ist. Und durch die Zeit­ersparnis können Berater und Vermittler sich wieder mehr auf die Kunden konzen­trieren und so die Qualität in Beratung und Vermittlung wesentlich verbessern.

Wie herausfordernd war es, diese Prozesse regulatorisch sauber umzusetzen?

Das war natürlich viel Arbeit. Dennoch war es die Mühe wert. Gerade bei Investitionen in Sachwerte finden auch heute noch viele Prozesse händisch statt. Das bedeutet enormen Aufwand, nicht nur für die Kunden und Vermittler, sondern auch für die Gesellschaften. Und wie angesprochen auch Probleme mit der Rechtssicherheit. Mithilfe von CrowdDesk ist der gesamte Zeichnungsprozess zu 100% digital. Davon profitieren am Ende alle Seiten. Auch deshalb konnten wir im Sommer unter anderem die BVT Holding, Ökorenta und Habona Invest davon überzeugen, ihren Finanzvertrieb mithilfe von CrowdDesk zu digitalisieren. Gerade Sachwerte erfreuen sich in der Krise immer größerer Beliebtheit. Finanzvermittler scheuen aber aufgrund des Aufwands noch immer oft vor ihnen zurück. Das ist schade, denn so geben sie einen attraktiven Markt aus der Hand. Die Gesellschaften wiederum verlieren wichtige Teile ihres Vertriebsnetzwerks, wenn sie ihre Prozesse nicht digitalisieren.

Können auch Vermittler ohne 34f-Lizenz wie zum Beispiel Versicherungsvermittler bei CrowdDesk teilhaben?

Einige unserer Kunden binden bereits aktiv Versicherungsvermittler als Tippgeber in die Ansprache neuer Inves­torenzielgruppen ein. Dabei beschränkt sich die Tätigkeit der Versicherungsvermittler regelmäßig auf die Ansprache ihres Netzwerks und den Hinweis auf das Angebot der Plattformbetreiber. Die Versicherungsvermittler partizi­pieren dabei als sogenannte Affiliatepartner an den durch die Kontaktherstellung resultierenden Umsätzen. Ein einfaches Geschäftsmodell, jedoch effektiv und lukrativ, wenn man selbst nicht als Finanzanlagenvermittler/-berater auftreten möchte. Im Bereich des Online-Handels ist die Rolle des Affiliatepartners längst etabliert und bei der Kundenansprache kaum wegzudenken.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 11/2020, Seite 60f., und in unserem ePaper.

Bild: © SurfupVector – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Jamal El Mallouki