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29. November 2019
„Den meisten Kunden ist nicht bewusst, was über die Hausrat abgedeckt ist“

„Den meisten Kunden ist nicht bewusst, was über die Hausrat abgedeckt ist“

Fast jeder vierte Haushalt ist ohne Hausratversicherung. Oft wissen Kunden trotz Beratung nicht, was die Police absichert. Für Vermittler gilt es, Kunden umfangreich zu beraten. Wie ein umfassender Hausratschutz aussieht, erklärt Andreas Szwalkiewicz, Vorstand der GVO Gegenseitigkeit Versicherung Oldenburg VVaG.

Herr Szwalkiewicz, eine Hausratversicherung sucht man in jedem vierten Haushalt vergeblich. Sind die Kunden zu sorglos?

Viele Kunden sind zu unbesorgt, da sie die Risiken nicht bzw. nur schwer einschätzen können. Den meisten ist nicht bewusst, was alles über die Hausratversicherung abgedeckt ist, und noch viel wichtiger, welche Vermögenswerte sie neben dem neuen Smart-TV und Fahrrad in ihrem Hausrat haben. Was meinen Sie, wie viele Kunden den Gesamtwert ihrer Möbel, Teppiche, Nahrungsmittel oder Kleidung kennen? Hinzu kommt noch die Intransparenz vieler Versicherungsbedingungen. Die zahlreichen Produktlinien verschiedener Versicherer erschweren ebenfalls die Vergleichbarkeit sowohl untereinander als auch auf dem Markt. Daher sehe ich es als eine der Hauptaufgaben für uns und unsere Vermittler, Kunden umfangreich zu beraten, um dem steigenden und individuellen Bedarf gerecht zu werden.

Warum ist eine solche Absicherung denn so wichtig?

Der fehlende oder unzureichende Versicherungsschutz kann existenzbedrohende Auswirkungen haben. Durch Feuer und Rauch-/Rußeinwirkungen werden häufig größere Schäden verursacht. Gleiches gilt bei austretendem Leitungswasser, das Möbel und technische Geräte zerstören kann. Die Einbruchstatistik des GDV zeigt zwar, dass die Anzahl der Einbrüche im Jahr 2017 im Gegensatz zum Vorjahr um 20% gesunken ist, jedoch bleibt das Niveau der Einbruchzahlen bundesweit sehr hoch. So schlagen demnach Einbrecher über 100.000 Mal im Jahr zu. Hinzu kommt, dass die Schadenhöhen in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen sind, da heutzutage die Haushalte über eine Vielzahl technischer Geräte wie Tablets, Laptops, Mähroboter, Thermomix etc. verfügen. Auch spielt der Klimawandel eine große Rolle, da unter anderem die Sturmereignisse, Gewitter sowie Elementarereignisse immer stärker werden.

Welche Leistungen sollte eine Hausratpolice umfassen?

Neben dem Grundschutz, der schon durch die GDV-Musterbedingungen definiert wird, ist eine der wichtigsten Klauseln heutzutage der Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit. Ergänzend zu der Klausel verzichten wir in unseren Produktlinien TOP-VIT und TOP-VIT Plus zusätzlich auf den Einwand bei grob fahrlässigen Verletzungen von behördlichen und gesetzlichen Sicherheitsvorschriften bis zur Versicherungssumme. Darüber hinaus sind besonders Policen zu empfehlen, bei denen die Besserstellungsklausel vereinbart gilt. So haben Kunden und Vermittler die Garantie, dass mindestens die Leistungen des Vorvertrages gelten.

Die vielen Verbesserungen unserer Produkte gelten automatisch ab Vertragsabschluss im Rahmen der beitragsfreien Konditionsdifferenzdeckung. Zuletzt beinhaltet unser Tarif TOP-VIT Plus die Bestleistungsgarantie, wodurch der Kunde seinen Versicherungsschutz auf das höchste in Deutschland erhältliche Niveau hebt. Dies ist natürlich auch für den Vermittler aus Haftungsgesichtspunkten interessant. Nicht zu vergessen sind die mitversicherten Kostenpositionen (z. B. Aufräum- und Abbruchkosten), die in Altverträgen oftmals begrenzt sind, sowie die bei der GVO schon seit Längerem eingeführte Innovationsklausel.

Oft ist Kunden unklar, für welche Schäden der Hausratversicherer aufkommt. Was sind denn die größten Irrtümer?

Zu den häufigsten Irrtümern zählt der Verschleiß oder die Abnutzung von Geräten ohne Eintritt eines versicherten Schadenereignisses. Auch ist vielen Kunden nicht klar, dass in der Hausratversicherung eine Neuwertentschädigung gilt. Zudem ist oftmals nicht bewusst, dass eine korrekte Angabe der Versicherungssumme wichtig ist, um Abzüge im Schadenfall durch eine bestehende Unterversicherung zu vermeiden. Hierfür bieten wir ein Hausratprodukt nach dem Wohnflächenmodell an, um für den Kunden bzw. Vermittler die Bestimmung der Versicherungssumme zu vereinfachen. Dabei gilt grundsätzlich eine pauschale Entschädigungsgrenze von 250.000 Euro als vereinbart.

Vor Kurzem hat die GVO ihre Hausratversicherung erweitert. Was sind die wichtigsten Neuerungen?

Zu den wichtigsten Neuerungen zählt die Erweiterung auf vier Produktlinien (VIT, VITeco, TOP-VIT, TOP-VIT Plus). So bieten wir den Kunden die Möglichkeit, individuell nach eigenen Bedürfnissen das passende Produkt zu wählen. Auch für die Makler stellt die Differenzierung der Produktlinien einen Mehrwert dar, indem wir für jede Klientel passende Produkte entwickelt haben – vom preisorientierten bis hin zum leistungsorientierten Kunden. So stehen die Produktlinien TOP-VIT und TOP-VIT Plus mit dem Einschluss der unbenannten Gefahren bis zur Versicherungssumme quasi einer All-Risk-Deckung gleich. Außerdem wurden die Beitragssätze attraktiver gestaltet und die Tarifzoneneinteilung verbessert.

Inhaltlich haben wir die Entschädigungsgrenzen vieler Klauseln verbessert. Die Deckungen insgesamt wurden um neue Klauseln erweitert. So gelten der Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit, die Bedingungsdifferenzdeckung, Aufräum- und Abbruchkosten bis zur Versicherungssumme sowie der einfache Diebstahl auf dem Versicherungsgrundstück bereits ab VITeco als mitversichert.

Und wie ist bislang die Resonanz seitens der Makler und der Kunden?

Da der Maklervertrieb zu unseren wichtigsten Vertriebskanälen zählt und wir persönliche Ansprechpartner in den Abteilungen Betrieb, Schaden und Buchhaltung haben, bekommen wir sehr schnell direktes Feedback. Umso mehr freut es uns, dass die neue Hausratversicherung so hervorragend vom Markt angenommen wird. Insbesondere die leistungsstarken Produkte TOP-VIT und TOP-VIT Plus werden vermehrt angefragt. Auch aufgrund der geringen Prämienunterschiede der beiden Produkte wählen die Makler aus Haftungsgründen größtenteils den TOP-VIT Plus-Tarif, da hier auch die Bestleistungsgarantie enthalten ist.

Für die Kunden haben wir einen Online-Rechner auf unserer Homepage eingerichtet, worüber die Hausratversicherung sehr transparent und einfach mit direkter Leistungsübersicht zu berechnen ist. Zudem haben wir bei der Überarbeitung unserer Bedingungen zunehmend darauf geachtet, dass die Formulierungen und der Aufbau kundenfreundlich sind.

Der Wettbewerb ist gerade auch im Bereich Hausratversicherung groß. Was ist Ihre Strategie, um sich als mittelständischer Versicherer gegen die Konkurrenz zu behaupten?

Durch unsere Schnelligkeit (flache Hierarchien und kurze Entscheidungswege), Flexibilität (z. B. schnelle und unkomplizierte Schadenregulierung) und die Persönlichkeit vom Azubi über den Sachbearbeiter bis zum Vorstand. Als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit verstehen wir das Gegenseitigkeitsprinzip als wichtigen Grundsatz, und das unabhängig schon seit 1870. Aufgrund dieser Rechtsform ist jeder Kunde gleichzeitig Mitglied des Vereins. Dadurch agiert ein VVaG anders als beispielsweise eine Aktiengesellschaft. Das gemeinsame Ziel ist die gegenseitige Absicherung und nicht die Gewinnmaximierung.

In den letzten Jahren konnten wir uns von einem regional begrenzten Marktteilnehmer zu einem respektierten Unternehmen auf dem gesamten deutschen Markt entwickeln. Dabei wird auf die Balance zwischen Tradition und Innovation geachtet. Jeder Vertriebskanal hat seine persönlichen Ansprechpartner. Auch hier ist die Resonanz durchweg positiv. Wir verzichten auf den Einsatz eines Callcenters. Bei uns können, sollen und dürfen insbesondere die Makler auch mit dem Vorstand kommunizieren. Auch ich begleite meine Kollegen gerne auf Messen, da die Nähe zu unseren Vermittlern von großer Bedeutung für uns ist.

Können Sie uns abschließend noch einen Ausblick geben, wo der Trend im Bereich Hausratversicherung hingeht?

Zukünftig wird es weitere Klauseln und Leistungseinschlüsse geben, analog einer All-Risk-Deckung. Das Preisniveau wird aufgrund der vielen Mitbewerber am Markt vermutlich weiter sinken. Auf der anderen Seite gehen wir davon aus, dass es innovative Produkte mit Ausschnittsdeckungen für bestimmte Risiken geben wird, ähnlich einem Baukastenprinzip für Versicherungsverträge. Hierbei sind einzelne Risiken auch separat und kurzfristig versicherbar. Insbesondere beim Thema Digitalisierung (Smart Home, Cyberrisiken) erwarten wir neue Erkenntnisse, die neben den schon jetzt eingeschlossenen Schäden durch Phishing und Datenrettungskosten zu Erweiterungen des Versicherungsschutzes führen können.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 11/2019 auf Seite 52f. und in unserem ePaper.

Bild oben: © marog-pixcells – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Andreas Szwalkiewicz