Interview mit Stefanie Schlick, Vorstandsvorsitzende der Sparkassen-Versicherung Sachsen
Frau Schlick, Digitalisierung hat zur Folge, dass es noch nie so viele Wege gab, Kunden zu erreichen wie jetzt. Gleichzeitig haben Kunden mehr Auswahl als je zuvor. Welche Bedeutung misst die Sparkassen-Versicherung Sachsen angesichts dieser Entwicklung der Diversifizierung ihrer Vertriebswege bei?
Spätestens mit der Corona-Krise hat sich das Beratungs- und Abschlussverhalten bei Vermittlern und Kunden grundlegend verändert. Heute stehen persönliche, hybride und volldigitale Kommunikationskanäle gleichwertig nebeneinander. Unsere Aufgabe ist es, mit unseren Produkten genau dort präsent zu sein, wo die Nachfrage des Kunden entsteht. Deshalb arbeiten wir an echter Omnikanalfähigkeit in Produkt und Prozess, welche immer am Bedarf von Kunden und Vermittlern ausgerichtet ist. Die Vielfalt der Vertriebswege ist für uns dabei Chance und Auftrag zugleich. Unser Kern liegt traditionell im Sparkassen- und Agenturvertrieb, den wir gezielt mit digitalen Tools stärken. Zugleich setzen wir auf ein kontrolliertes Wachstum im Maklervertrieb. Gerade im Gewerbegeschäft und in der betrieblichen Altersvorsorge haben wir uns als verlässlicher Partner mittelständischer Maklerhäuser und Pools etabliert – diese Beziehungen bauen wir weiter aus. Entscheidend ist für uns, Kundinnen und Kunden dort abzuholen, wo sie Beratung erwarten: digital effizient, persönlich und verbindlich.
Ihr Unternehmen setzt aktuell auf den Maklervertrieb. Welche Vorteile bietet das?
In allererster Linie versprechen wir uns eine deutlich höhere Reichweite in der Wahrnehmung der Sparkassen-Versicherung Sachsen als leistungsfähiger Versicherer. Gleichzeitig diversifizieren wir mit dem Maklergeschäft unser Vertriebs- und unser Risikoportfolio. Insbesondere im Segment der gewerblichen Versicherungen ist ein dynamisches Wachstum im Maklermarkt zu erkennen, an welchem wir mit unserem Maklervertrieb zusätzlich zu unserem Stammvertriebsweg partizipieren wollen.
Welchen Stellenwert haben dabei die regionalen Strukturen Ihres Unternehmens?
Unser USP ist die Erlebbarkeit von persönlicher Betreuung vor Ort, welche gepaart mit dem vorhandenen hohen Sachverstand und betrieblichem Know-how Vorteile für die Versicherungskunden und Makler gleichermaßen bieten. Dies zeigt sich insbesondere im Schadenfall, wenn Kunden und Vertriebspartner zurecht eine schnelle und unkomplizierte Schadenregulierung erwarten. Zuverlässigkeit und hohe Professionalität gelten natürlich gleichermaßen für die Zusammenarbeit mit überregional tätigen Maklern und Assekuradeuren. Diese ermöglichen uns eine zusätzliche Risikozeichnung außerhalb unseres sonst auf den Freistaat Sachsen beschränkten Geschäftsgebietes.
Auch Plattformen spielen im Vertrieb eine immer größere Rolle. Sie kooperieren derzeit mit Thinksurance. Welche Erfahrungen macht das Unternehmen mit dem Pilotprojekt?
Aktuell befinden wir uns in der finalen Implementierungsphase unserer Betriebshaftpflichtversicherung, welche das erste Produktangebot der Sparkassen-Versicherung Sachsen auf der Plattform sein wird. In dieser Phase nutzen wir die Partnerschaft mit Thinksurance, um Erfahrungswissen zu sammeln. Plattformen stehen direkt im Markt und kennen Trends, Wettbewerber und Kundenbedürfnisse. Unter Einbezug des prozessualen Know-hows von Thinksurance versprechen wir uns wichtige Impulse, um unsere eigenen Prozesse zu optimieren und das Produktportfolio sukzessive auszubauen.
Und wie ist das Feedback der Makler?
Für eine belastbare Standortbestimmung ist es aktuell noch zu früh. Ein erstes Ergebnis erwarten wir uns nach Ende der Pilotphase. Wir können aber schon jetzt konstatieren, dass die angelaufene Etablierung technischer Lösungsansätze für die Angebotserstellung durch die Vertriebspartner sehr positiv aufgenommen wird.
Digitalisierung und persönliche Beratung und Betreuung zu vereinen ist nicht immer einfach. Doch vor allem die strategische Zielgruppe der jungen Kunden erwartet, dass dieser Spagat gelingt. Wie gehen Sie damit um?
Gerade junge Kundinnen und Kunden wollen digitale Schnelligkeit und zugleich die Sicherheit einer persönlichen Beratung. Natürlich gibt es Versicherungen, die einfach verständlich und mit wenigen Klicks online abschließbar sind. Aber es gibt eben auch die beratungsintensiven Produkte, welche im Rahmen unserer Ausrichtung als Universalanbieter zu unserem Angebot gehören. Daher ist unser Ansatz: Digitale Services übernehmen Routine und schaffen Effizienz. Wenn es um langfristige Entscheidungen, wie Vorsorge oder Absicherung geht, setzen wir auf die persönliche Beratung. Der Omnikanal-Ansatz, digital im Alltag und persönlich in den entscheidenden Momenten, bietet insbesondere die von jungen Menschen favorisierte Möglichkeit, bei Bedarf auf persönliche Expertise zurückzugreifen.
Zuletzt noch ein Blick auf die aktuellen Branchenentwicklungen. Wie blickt Ihr Unternehmen auf das derzeitige Fusionsgeschehen in der Branche?
Die gesamte Branche befindet sich in einem Transformationsprozess, welcher Antworten insbesondere in der ökonomischen, technologischen und regulatorischen Sicht geben soll. Fusionen gelten daher als logischer Weg, um Skaleneffekte zu heben, regulatorische Lasten zu teilen oder technologisch Schritt zu halten. Gleichzeitig genießen gerade die öffentlichen Regional-Versicherer großes Vertrauen bei ihren Kunden und Vertriebspartnern und punkten mit persönlicher Erreichbarkeit, „familiärer“ Kultur und enger Verbundenheit. Wir als mittelständischer Versicherer stehen für regionale Verwurzelung, persönliche Kundenbeziehungen und erlebbares gesellschaftliches Engagement und das versprechen wir auch für die Zukunft.
Aus dem im Maklerbereich zu beobachtenden Konsolidierungsgeschehen ergeben sich auch für uns Versicherer steigende Anforderungen, denn die Konzentration bewirkt zweifelsfrei eine Stärkung der Position auf Seiten der Makler. Wenn wir als Versicherungsunternehmen am Maklermarkt partizipieren wollen, müssen wir stärker denn je in Prozesse und Support, die IT und eine intensive Betreuung investieren.
Die Notwendigkeit zur höheren Kosteneffizienz spielt bei vielen Fusionen eine Rolle. Wie gehen Sie als öffentlicher Versicherer mit dem Kostendruck, den ja so viele in der Branche spüren, um?
Die Notwendigkeit zur Kosteneffizienz ist erst mal nichts Neues. Jedoch verschärft sich die Situation – wie insgesamt in der deutschen Wirtschaft – durch Kostensteigerungen oder auch höherem Aufwand für die Erfüllung regulatorischer Vorgaben. Wenn wir dann nicht auf der Einnahmenseite mindestens genauso stark wachsen, entsteht der Kostendruck.
Ehrlicherweise ist dieser Kostendruck – wie jede Herausforderung – auch ein Katalysator für Optimierung, Weiterentwicklung und Innovation. Wir haben z.B. unser Projektportfoliomanagement weiterentwickelt, sodass wir die vorhandenen Mittel noch gezielter in die richtigen Themen investieren, die wir im Rahmen des Strategieprogramms definieren. So wollen wir erreichen, dass uns die Transformation unter maximaler Kosteneffizienz und einem engen Kosten-Controlling trotzdem gelingen kann und wir letztlich durch eine Steigerung unserer Einnahmen den Kostendruck verringern, die Kostenquoten senken und im Ziel auch mehr investieren können. Wesentlicher Stellhebel ist die weitere Automatisierung der Prozesse und der verstärkte Einsatz von KI, um unsere Mitarbeitenden an den richtigen Stellen und mit höchster Wirksamkeit einsetzen zu können.
Bild: © Stefanie Schlick, Sparkassen-Versicherung Sachsen
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