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25. August 2020
„Unsere Aufgabe ist, Massengeschäft schlank abzuwickeln“

„Unsere Aufgabe ist, Massengeschäft schlank abzuwickeln“

Die Haftpflichtkasse will die Service-Exzellenz gegenüber Maklern weiter verbessern, versperrt sich aber auch dem Direktvertrieb nicht. Wie das zusammenpasst, erklärt Stefan Liebig, Vertriebsvorstand der Haftpflichtkasse im Interview. Und auch um die Betriebsschließungsversicherung geht es.

Herr Liebig, seit etwas mehr als einem Jahr sind Sie Vertriebsvorstand der Haftpflichtkasse. Wie hat sich Ihr Blickwinkel – von der Vermittlerseite zur Versichererseite – geändert?

Der Blickwinkel hat sich natürlich schon verändert, weil sich ja die Aufgabenstellung geändert hat. Ich würde aber auf jeden Fall sagen, dass es hilft zu wissen, wie der Makler denkt – schließlich sind wir ein Maklerversicherer. Die Gesprächspartner schätzen das und so ergibt sich oft recht schnell ein Gedankenaustausch auf Augenhöhe. Die Haftpflichtkasse behandelt zudem alle Makler nach einheitlichen Kriterien, das ist eines der Erfolgsrezepte. In dem Moment, in dem man alle gleich behandelt, den gleichen Service bietet und mit den gleichen Konditionen ausstattet, ergibt sich eine gute Basis für langfristige Partnerschaften.

Die Haftpflichtkasse ist nicht nur Maklerversicherer, sondern auch Kompositversicherer. Die Bedeutung der Sachsparten für Maklerbüros erlebt seit ein paar Jahren ein Revival. Hält das an?

Der Trend ist ungebrochen und wird durch die aktuelle Entwicklung noch einmal verschärft. Laufende Einnahmen sind für jedes Maklerunternehmen eine wichtige Geschäftsgrundlage, selbst wenn es kleinteiliges Geschäft und damit mitunter auch aufwendiger ist. Unsere Aufgabe als reiner Kompositversicherer besteht darin, Massengeschäft – bei uns hat das Privatgeschäft einen Anteil von rund 70% – möglichst schlank mit den Maklern abzuwickeln.

Inwiefern war und ist der Bereich nun in der Covid-19-­Krise betroffen?

Wir haben relativ schnell ein Maßnahmenpaket geschnürt und dabei unbürokratisch eine unterjährige Umstellung auf monatliche Zahlungsweise ohne Zuschlag oder auch eine Beitragsstundung im Gewerbegeschäft angeboten. Das wurde teilweise angenommen, ein Massenphänomen konnten wir nicht erkennen. Aber es war ein wichtiges Signal an die Makler. Wir haben das auch nicht den Kunden direkt angeboten, sondern es über die Makler laufen lassen. In unserem Kerngeschäft – Hausrat, Haftpflicht und Unfall – haben wir bis heute kaum Auswirkungen gespürt.

Was macht die Krise mit dem Neu­geschäft? In den vergangenen Jahren hat die Haftpflichtkasse regelmäßig zugelegt.

2019 war insgesamt ein sehr erfolgreiches Jahr, sowohl was die Steigerung der Beitragseinnahmen als auch das Geschäftsergebnis angeht. Wir sind auch richtig gut in das Jahr 2020 gestartet und unser Geschäftsmodell hat sich in der Krisenzeit insgesamt als sehr robust erwiesen. Diverse Effekte, hauptsächlich im Gewerbegeschäft, werden wir aber wohl erst in einigen Monaten spüren. Unterm Strich gehen wir davon aus, dass der Bestandszubau im laufenden Geschäftsjahr moderater als geplant verlaufen wird.

Spüren Sie denn derzeit eine Ver­lagerung hin zum digitalen Abschluss?

Ja, aber das ist nicht nur coronabedingt. Die Entwicklung hat schon vorher eingesetzt. Auch auf unserer Website kann man direkt abschließen, und davon machen viele online-affine Kunden Gebrauch – mit wachsender Tendenz.

Was heißt das für Versicherungsmakler?

Ich denke, dass sich Makler gerade wegen Corona noch stärker mit Digitalisierung und Automatisierung auseinandersetzen. Man versucht intensiver, das kleinteilige Geschäft kostenarm zu verwalten, und da hilft die Automatisierung immens. Was aber den direkten Abschluss betrifft, ist es nicht die Frage, was die Haftpflichtkasse will, sondern was die Kunden wollen. Und da gibt es welche, die beraten werden möchten. Aber es wird auch diejenigen geben, die beispielsweise für eine einfache Hausratversicherung keine Beratung möchten und das lieber direkt selbst machen. Wichtig ist uns dabei, dass der Kunde unabhängig vom Zugangsweg letztlich immer das gleiche Angebot bekommt. Und natürlich ist und bleibt der Makler Kern unserer Aktivität.

Die Haftpflichtkasse ist Teil der Diskussion um die Betriebsschließungsversicherung.
Sie waren an der bayerischen Kompromisslösung beteiligt. Wie erklären Sie Maklern und Kunden, dass der Versicherungsschutz nicht zum Tragen kommt?

Unser Standpunkt ist, dass das Coronavirus über unsere Betriebsschließungsversicherung mitversichert ist und wir vertragsgemäß den Schaden regulieren, wenn im Betrieb ein versicherter Erreger aufgetreten ist und der Betrieb aus diesem Grund von der Behörde vollständig geschlossen wurde. Diese Regelung ist weiterhin gültig. Sie stand niemals zur Disposition. Wir prüfen jeden einzelnen Vertrag am konkreten Sachverhalt und entscheiden dann darüber. Wo somit ein Anspruch besteht, wird und wurde bereits ohne Wenn und Aber Versicherungsschutz gewährt – auf dieser Grundlage haben wir betroffene Firmenkunden zwischenzeitlich entschädigt.

Der Kompromiss fand zunächst ein gutes Echo, dann wurde die Kritik massiv.

Klar ist heute, dass wir neben der Kritik auch viel Zustimmung erhalten haben. Ein Großteil der Firmenkunden und viele Vermittler haben sich gegenüber dem Kulanzangebot zustimmend geäußert. Zudem haben wir es indessen ausgebaut: zum einen auf weitere bei uns versicherte Branchen; zum anderen übernehmen wir für Kunden aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe im Rahmen der Kulanz weitere 10% der jeweils versicherten Tagesentschädigung für die Dauer von 30 zusätzlichen Tagen, sofern der Kunde 60 Tage Haftzeit versichert hat.

Lassen Sie uns noch auf die Produkte sehen. Letztes Jahr gab es einen neuen Unfalltarif und einen Strafrechtsschutz-Baustein in der PHV. Gibt es Pläne für dieses Jahr?

Die beiden Produkte kommen im Markt sehr gut an. Derzeit arbeiten wir daran, ein neues Produkt für das Bauneben­gewerbe auf die Beine zu stellen. Unser Ziel ist, zur „DKM digital.persönlich“, bei der wir natürlich ebenfalls mit von der Partie sind, ein Angebot parat zu haben.

Und was tut sich in Sachen Digitalisierung?

Was die Prozesse insgesamt betrifft – zwei Drittel unseres Neugeschäfts werden dunkel verarbeitet –, sind wir bereits sehr gut aufgestellt. Schadenregulierungen erfolgen überwiegend innerhalb von 24 Stunden und unser Extranet wird von den Maklern zur digitalen Abwicklung von Geschäftsvorfällen stark frequentiert. Bei größeren Vertriebseinheiten wollen wir noch mehr Dienstleister sein und kümmern uns vermehrt um Schnittstellen. Makler schließen sich immer häufiger größeren Einheiten an, dieser Marktentwicklung wollen wir Rechnung tragen. Daneben werden wir im zweiten Halbjahr ein Online-Portal für Endkunden zur Verfügung stellen. Darin können zum Beispiel Verträge mit Papierlos-Nachlass bequem verwaltet werden. Das hilft Kunden und Maklern gleichermaßen.

Es gibt eine Tendenz, dass Geschäft zu großen Versicherern geht. Wird die Haftpflichtkasse hier den Maklerzuspruch verteidigen können?

Es wird Vermittler geben, die das für sich so beurteilen. Wir bekommen aber eher Anfragen, ob wir nicht Bestände übernehmen wollen. Eben weil Makler wissen, dass wir die schlanke Verarbeitung gerade dieses kleinteiligen Geschäfts sehr gut können. Darauf konzentrieren wir uns. Wir haben uns eine neue Strategie verordnet, die heißt „Exzellenz 2024“. Wir wollen damit unsere Markenkernwerte beim Makler erlebbar machen. Die passenden Schlagworte dazu sind „einfach, innovativ und nachhaltig“. Wir streben eine Erreichbarkeit von 99% an und wollen 90% der Anrufe fallabschließend bearbeiten. Der Makler schätzt, dass er bei uns findet, was er – vielleicht – bei anderen Versicherern vermisst. Ich denke, wir haben gute Chancen, uns in diesen Nischen im Bewusstsein eines Service-Dienstleisters angemessen weiterzuentwickeln.

Den Artikel finden Sie auch in der AssCompact 07/2020 und in unserem ePaper.

Bild: © Die Haftpflichtkasse