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12. Juli 2019
„Viele unterschätzen, wie zeitintensiv der Verkauf einer Immobilie ist“

„Viele unterschätzen, wie zeitintensiv der Verkauf einer Immobilie ist“

Transparenz ist im Immobilienmarkt oft Mangelware. Gerade im Umzugsmarkt und im Immobilienhandel gibt es viele Unklarheiten. Die Online-Plattform Hausfrage.de will das ändern. In der Baufinanzierung wird, wie der Plattformgründer Valentin Drießen im AssCompact Interview erklärt, der klassische Bankberater in einigen Jahren ausgestorben sein.

Herr Drießen, Hausfrage.de will mehr Transparenz in den Immobilienmarkt bringen. Ist er bisher intransparent?

Er ist nicht intransparent, aber der gesamte Immobilienmarkt ist breit gefächert, und das macht die Sache sehr unübersichtlich. Umzug, Wohnungssuche, Hausbau, Finanzierung oder auch Immobilienverkauf – Themen, bei denen es häufig um viel Geld geht. Ein Haus bauen oder kaufen werden die allermeisten von uns höchstens einmal in ihrem Leben. Da möchte man sicherstellen, sich wirklich umfassend informiert zu haben und das beste Angebot zu finden. Genau da setzen wir von Hausfrage.de an. Wir sind dort präsent, wo es um große Projekte rund um das Haus geht.

Welche Bereiche sind besonders intransparent?

Gerade im Umzugsmarkt und im Immobilienhandel gibt es viele Unklarheiten. Von Umziehenden erreichen uns immer wieder die gleichen Fragen: Lohnt sich ein Umzugsunternehmen? Was kostet das überhaupt? Und wie erkenne ich, ob ich ein seriöses Unternehmen gefunden habe oder ob ich ab­gezockt werde? Kaum ein Umzugsanbieter gibt seine Preise öffentlich an – das ist oft auch gar nicht umsetzbar, denn hier geht es um eine individuelle Dienstleistung, deren Preis sehr von den Details abhängt. Hohe Preisunterschiede sind somit quasi vorprogrammiert. Da hilft oft nur ein Vergleich.

Und beim Immobilienhandel?

Im Immobilienmarkt sieht die Lage ähnlich aus: Die vielen Facetten eines Immobilienverkaufs und regelmäßige Gesetzesänderungen machen den Markt schwer durchschaubar. Die leider immer noch vereinzelten schwarzen Schafe der Branche – etwa unter den Maklern – tun ihr Übriges.

Käufer und Verkäufer stellen sich dabei meist ähnliche Fragen: Kann ich mein Haus selber verkaufen oder brauche ich einen Makler? Kann ich einem Online-Makler vertrauen? Wer muss die Provision zahlen? Welche Vertragsdetails sind wichtig? Und wie findet man einen geeigneten Käufer bzw. die passende Immobilie? Diese Unklarheiten sind auch nicht verwunderlich: Zum Beispiel gibt es zur Maklerprovision weiterhin keine klare gesetzliche Vorgabe, sondern lediglich „marktübliche Regelungen“, von denen aber nur allzu häufig frei nach Angebot und Nachfrage abgewichen wird.

Wie sehen Sie das geplante Bestellerprinzip beim Immobilienverkauf?

Ein großer Vorteil der Einführung des Bestellerprinzips ist die gewonnene Klarheit beim Prozess des Immobilienverkaufes. Käufer müssen zukünftig nicht mehr über die Höhe der Courtage verhandeln und sparen sich die Kosten für den Makler. Allerdings sollte ein Makler ein unabhängiger Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer sein. Doch kommt das Bestellerprinzip, ist der Makler nur noch für den Verkäufer tätig. Damit gibt er seine unvoreingenommene Vermittlerposition auf.

Darüber hinaus ist eine wirkliche finanzielle Entlastung der Käufer nicht zwingend die Folge. Es ist zu befürchten, dass Verkäufer die Kosten für die Courtage einfach auf den Kaufpreis aufschlagen. Das kann im Endeffekt sogar zu höheren Kosten für den Käufer führen, da ein höherer Kaufpreis auch die Grunderwerbsteuer erhöht. Ich glaube deshalb nicht, dass das Bestellerprinzip die erhoffte Entlastung für den angespannten Immobilienmarkt bringt, zumindest nicht in dem Ausmaß, wie es seitens der Befürworter gerne behauptet wird.

Ist der Verzicht auf einen Immobilienprofi eine sinnvolle Alternative für Immobilienverkäufer?

Eine Alternative ist es – das setzt allerdings voraus, dass man sich intensiv mit rechtlichen Themen, vertraglichen Besonderheiten und der Vermarktung der eigenen Immobilie auseinandersetzt. Viele unterschätzen, wie zeitintensiv der Verkauf einer Immobilie ist. In halbwegs beliebten Wohnregionen ist es häufig kein großes Problem, Kaufinteressenten zu finden. Doch dies ist nur der erste Schritt eines Immobilienverkaufs.

Wie präsentiere ich meine Immobilie am besten? Wie sichere ich die Liquidität des Kaufinteressenten? Ist der Kaufvertrag rechtssicher? Was ist, wenn der Kaufinteressent in letzter Minute nachverhandeln möchte? Seriöse Makler sind gleichzeitig Immobilien- und Verkaufsprofis. Sie wissen, worauf es beim Verkauf ankommt, wo Stolpersteine lauern und was den potenziellen Käufern besonders wichtig ist.

Werden sich digitale Angebote auch in der Baufinanzierung immer stärker durchsetzen?

Absolut – das ist heute nur noch eine Frage des Vertrauens. Schauen wir uns einmal parallel den Online-Handel an: Verbraucher wünschen sich am liebsten eine „Same Hour Delivery“, wie sie schon in den USA existiert. Wettbewerb belebt das Geschäft – und Online-Anbieter sind gezwungen, schneller, transparenter und kundenorientierter zu arbeiten. Die Baufinanzierung ist von diesem Trend nicht ausgeschlossen.

Der Online-Sektor wächst und mit ihm auch das gesellschaftliche Vertrauen. Mit der Kreditanfrage in die Bank hinein- und mit der abgeschlossenen Baufinanzierung wieder rausgehen – das war einmal. Der klassische Bankberater wird in einigen Jahren ausgestorben sein. Dieses Modell ist heute einfach nicht mehr zeitgemäß.

Ist die Hausfinanzierung nicht zu komplex für digitale Vertriebswege?

Keine Frage, eine Baufinanzierung ist ein komplexes Thema. Digitale Vertriebswege und das klassische Filialbankangebot lassen sich heute durchaus noch kombinieren. Im Vordergrund steht aber immer: Was will der Nutzer eigentlich? Und hier registrieren wir deutlich: Es soll schnell gehen und die wichtigen Informationen sollen unkompliziert und einfach zugänglich sein. Bis sämtliche Schritte einer Baufinanzierung bis hin zum Vertragsabschluss digitalisiert sind, wird sicher noch etwas Zeit vergehen. Langfristig gesehen werden wir diesen Punkt aber erreichen.

Hat die klassische Hausbank vor diesem Hintergrund noch eine Chance in der Baufinanzierung?

Ich bin nicht gegen die Hausbank, ich bin für die Digitalisierung – denn am Ende kommt auch über einen Online-Anbieter das Geld oft von einer regionalen Bank. Die Entwicklung ist deutlich: Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Wir sehen es am Lieferdienst, den man jetzt oft nur noch per App bucht. Auswertungen zeigen, dass sich unsere Nutzer die Ergebnisse der Finanzierungsanfrage oft direkt auf der Dankeseite unserer Plattform wünschen. Das ist noch nicht möglich, aber oft nur eine Frage der Technik.

In Bezug auf die Hausbank sind wir ganz schnell bei einer Generationenfrage. Wir registrieren auf unserer Plattform, dass sich besonders junge Menschen im Internet über das Thema Baufinanzierung informieren. Unsere Kernzielgruppe sind angehende Bauherren und Immobilienkäufer im Alter von 26 bis 34. Man muss sich bewusst machen, dass diese Generation oft gar keinen Bezug mehr zur klassischen Hausbank mit einer Filiale um die Ecke hat. Online-Banking ist längst Normalität geworden, warum sollte dies bei der Baufinanzierung aufhören?

Haus- und Filialbanken laufen Gefahr, diese Entwicklung zu verschlafen. Statt auf den Verbraucher zuzugehen, entfernen sie sich immer weiter. Ein Beispiel sind Kontoführungsgebühren: Viele Online-Anbieter verzichten mittlerweile komplett darauf und bieten trotzdem gebührenfreies Geldabheben und Überweisen an. Wenn die Hausbanken derartige Gebühren erheben, stehen natürliche wirtschaftliche Entscheidungen dahinter. Doch diese gehen zulasten des Vertrauens ihrer Kunden.

Das Interview lesen Sie auch in der AssCompact 07/2019, Seite 70 f. und in unserem ePaper.

Bilder: © RobbinLee – stock.adobe.com; hausfrage.de

 
Ein Artikel von
Valentin Drießen