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28. September 2018
„Von einer Plünderung kann überhaupt keine Rede sein“

„Von einer Plünderung kann überhaupt keine Rede sein“

Als Schutz vor schwierigen Zeiten haben die deutschen Bausparkassen Anfang der 90er-Jahre einen sogenannten Notfallfonds eingerichtet. Die darin befindlichen Mittel sind zuletzt massiv gesunken. Einige Experten sprechen sogar von einer gefährlichen Plünderung. AssCompact hakt nach bei Alexander Nothaft, Leiter der Kommunikation des Verbands der Privaten Bausparkassen.

Herr Nothaft, die Reserven des Notfallfonds der deutschen Bausparkassen sind seit 2014 von 2,2 Mrd. Euro auf 637 Mio. Euro geschrumpft. Warum?

Der Begriff „Notfallfonds“ ist irreführend. Der Fonds zur bauspartechnischen Absicherung ist ein besonderer Sicherheitspuffer der Bausparkassen. Genauer gesagt, ist damit ein bilanzieller Sonderposten gemeint, der von jeder Bausparkasse institutsindividuell zu bilden ist. Die darin enthaltenen Gelder dienen dem Schutz der Bauspargemeinschaft als Ganzes. Bis zur Novellierung des Bausparkassengesetzes war der Fonds nur für die Absicherung in einer Hochzinsphase ausgelegt. Dies war in keinem Fall erforderlich. Seitdem kann er auch zur Risikoabwehr in einer Niedrigzinsphase eingesetzt werden. Eine Entnahme kann nur erfolgen, wenn damit ein gesetzlich klar geregelter Zweck erfüllt wird. Darauf achtet auch die Bankenaufsicht. Konkret sichert der Fonds nun auch „die für den nachhaltigen Betrieb des Bauspargeschäfts erforderliche kollektiv bedingte Zinsspanne“ ab. Zu diesem Zweck wurden überwiegend lediglich Reservepositionen umgeschichtet. In einigen Fällen wurde der Fonds aber auch dazu genutzt, die Bausparkasse auf einem soliden Ertragspfad zu halten.

Was sagen Sie zum Vorwurf, dass der Fonds geplündert wird?

Von einer „Plünderung des Fonds“ kann überhaupt keine Rede sein. Wie erwähnt, ging es überwiegend darum, Reservepositionen umzuschichten. Vereinfacht gesprochen, wurden zum Beispiel Mittel aus dem Reservetopf Fonds zur bauspartechnischen Absicherung in Reservetöpfe für allgemeine Bankrisiken (340 f oder 340 g HBG) übergeführt, die im Unterschied zum Fonds zur bauspartechnischen Absicherung den Vorteil haben, als Eigenkapital zu zählen, mit dem grundsätzlich alle Risiken abgesichert werden können. Im Vordergrund steht die Gesamtschau der institutsspezifischen Risiken und ihre Steuerung; nicht die isolierte Steuerung des bausparspezifischen Risikos.

Wenn sich die Entwicklung in diesem Tempo fortsetzt, wären die meisten Reserven Ende dieses Jahres aufgebraucht. Wie wahrscheinlich ist ein solches Szenario?

Ich will nicht spekulieren. Da es, wie vorhin erwähnt, auf die Gesamtschau der institutsspezifischen Risiken und ihre Abdeckung durch die verschiedenen Puffer ankommt, ist dies auch nicht entscheidend. Entscheidend ist, ob ein Institut damit seine Ertragslage stabilisiert. Dies geschieht. Ende August 2017 hat die Bankenaufsicht nach dem letzten Stresstest erklärt: „Das aktuelle Niedrigzinsumfeld belastet zwar die Ertragskraft der Bausparkassen. Die Szenarioberechnungen zeigen aber, dass sich die Ertragslage bei anhaltend niedrigen oder steigenden Zinsen im Zeitablauf stabilisiert.“ Der Exekutivdirektor der BaFin, Raimund Röseler, fügte hinzu: „Wir beobachten die Bausparkassen schon seit langem sehr intensiv, ohne dass wir uns konkret Sorgen machen.“

War das Bausparen auch Thema des Wohngipfels der Bundesregierung?

Ja. Ein wichtiges Hemmnis auf dem Weg zu mehr Wohneigentum ist fehlendes Eigenkapital. Mehr Eigenkapital bedeutet weniger Schulden und eine geringere Kreditbelastung. Mit jedem neuen Eigenheim werden über Umzugsketten kleinere und preiswertere Mietwohnungen im Bestand frei. Zweckgerichtes Vorsparen heißt Eigenkapitalaufbau. Gerade für normalverdienende Haushalte an der Schwelle zum Wohneigentum ist das unverzichtbar. Es sichert kurzfristige Impulse am Wohnungsmarkt, wie sie durch das Baukindergeld ausgelöst werden, dauerhaft ab. Auf dem Wohngipfel hat die Koalition bekräftigt, dass sie die Wohnungsbauprämie verbessern will. Wir hoffen, sie bringt dieses Vorhaben 2019 auf den Weg.

Welchen Ausweg sehen die Bausparkassen aus der Zinsklemme?

Die Bausparkassen haben auf die Niedrigzinspolitik vor allem mit neuen Tarifen reagiert, die auf der Darlehensseite wettbewerbsfähig sind. Der Fokus im Neugeschäft liegt heute auf Verträgen, die auf eine spätere Baufinanzierung zielen. Damit sind wir gut aufgestellt – selbst wenn die Zinsen niedrig bleiben. In den Köpfen der Menschen ist eine Zinswende aber wieder stärker präsent, mag sie auch nur in kleineren Schritten kommen. Sie wollen nicht in eine Zinsfalle laufen. Bausparen als Zinsabsicherungsinstrument gewinnt damit an Bedeutung: ob es um spätere Bau- und Kaufvorhaben geht oder um die Vorsorge für Prolongationen in einigen Jahren. (mh)

 
Ein Artikel von
Alexander Nothaft