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19. Dezember 2017
„Wir als freie Vermittler müssen hellwach sein, dass wir nicht zwischen die Mühlen geraten“

„Wir als freie Vermittler müssen hellwach sein, dass wir nicht zwischen die Mühlen geraten“

Warum das Lebenszykluskonzept aufgeht, was das Jahr 2018 für die Branche bringt und weshalb sich die freien Vermittler richtig positionieren müssen, darüber spricht Franz-Josef Rosemeyer, Vorstand der A.S.I Wirtschaftsberatung, im AssCompact Interview.

Die A.S.I. Philosophie lautet: Anders sein durch Ideen. Was ist anders bei A.S.I. und was sind Ihre Ideen?

Die Ideen hängen häufig von den Kundenwünschen ab, auf die wir spezifisch eingehen. Wir denken dabei nicht nur an den Status Quo, sondern auch an die Perspektive; nicht nur bei der Altersvorsorge, sondern auch bei der Risikoabsicherung und der Vermögensbildung. Nach wie vor ist der Vertriebsansatz der Branche häufig sehr produktorientiert. Bei uns ist das nicht so.

Wir konzentrieren uns bei der Beratung auf bestimmte Berufsgruppen – Ärzte und Zahnärzte, Ingenieure, Wirtschaftswissenschaftler und Lehrer. Dabei richten wir uns in der Neukundengewinnung zunächst überwiegend an Berufsanfänger. In dieser Phase gibt es vier objektive existenzielle Risiken: Krankheit, Berufsunfähigkeit, Haftung und Tod. Für den Absolventen, der gerade ins Berufsleben eingestiegen ist, liegt der Beratungsschwerpunkt damit logischerweise im Bereich der Versicherungen. Die Themen verändern sich aber im Lauf der Zeit und gehen in Geldanlage- und/oder Finanzierungsthemen über. Das Thema Altersvorsorge begleitet die Beratung allerdings ein Leben lang.

Sie begleiten die jungen Akademiker ihr Leben lang durch alle Lebensphasen?

Ja, sicher. Und wir orientieren uns dabei am Lebenszyklus. Jede Phase bietet ihre Besonderheiten, die wir abdecken müssen. Im Februar 2019 werden wir als Unternehmen 50 Jahre alt, entsprechend haben wir auch immer mehr ältere Mandanten. Vor einigen Jahren haben wir daher auch das Thema Ruhestandsplanung mit aufgenommen, das wir zu einem Kernelement unserer Beratung gemacht haben. Viele Kunden im Alter von 55 und älter fühlen sich von ihrer Bank, ihrem Vermögens- oder Versicherungsberater alleingelassen. Wir wollen auch hier eine ganzheitliche Bedarfsberatung bieten, die alle Themen abdeckt, die den Privatkunden in dieser Lebensphase interessieren. Heute können wir mit Fug und Recht sagen, dass unser Lebenszykluskonzept aufgeht. Wir haben Kunden in allen Altersklassen.

In der Vergangenheit waren Sie zehn Mal in Folge unter den Top-Arbeitgebern in Deutschland und haben dafür vom CRF Institute den Nachhaltigkeits-Award bekommen. Was ist Ihr Geheimnis?

Eine ehemalige Kollegin hat es einmal so ausgedrückt: Euren Ansatz lernt man nicht mehr, wenn man schon zehn Jahre in der Branche ist. Diesen Ansatz muss man mit der Muttermilch aufsaugen, sprich als Berufsanfänger. Es ist ja nachweisbar: Wenn man den ganzheitlich orientierten Lebenszyklusansatz konsequent verfolgt, wird man dabei auch überdurchschnittlich gut verdienen. Man muss aber auch konsequent daran arbeiten. Man darf nicht auf das schnelle Geld aus sein und den Lebenszyklus des Kunden ignorieren.

Was wird die Zukunft bringen?

Wie 2018 verläuft, wird aus meiner Sicht nicht nur für uns als Unternehmen sondern auch für die gesamte Branche sehr stark davon abhängen, ob und wie wir geordnet in die neuen regulatorischen Bedingungen übergeleitet werden, Stichworte: IDD, MiFID II, Investmentsteuergesetz. Ab dem nächsten Jahr müssen die Berater im Rahmen der Vermittlung von Vorsorgeprodukten fondsbasierter Altersvorsorgelösungen eine sogenannte „Geeignetheitsprüfung“ ablegen. Das findet heute im Rahmen des 34f schon statt, ist aber aktuell nicht Gegenstand der 34d-Ausbildung. Unsere Berater verfügen über eine 34f-Zulassung. Neu hinzukommende Mitarbeiter legen innerhalb der ersten zwölf Monate die IHK-Prüfung nach § 34f ab. Unsere Mandanten können sich also darauf verlassen, auf einen Berater zu stoßen, der auch den neuen gesetzlichen Anforderungen fachlich und qualitativ gerecht wird.

Im Moment wird ja über die Verschiebung der IDD diskutiert…

Es geht ja nur um eine Verschiebung von einigen Monaten. Meiner Meinung nach täte dies der gesamten Branche aber gut, weil wir dann einen geordneten Übergang in die „neue Welt“ hätten. Insgesamt bin ich sehr positiv ausgerichtet. Nächstes Jahr kommt zusätzlich das Thema LVRG-Evaluierung. Wenn wir damit durch sind, 2019 die regulatorischen Prozesse hinter uns gebracht haben, im Vergütungsbereich geordnete Systeme haben und zu einer Beratungsroutine gelangt sind, dann können wir uns auch wieder auf wertschöpfende Themen konzentrieren. Allerdings brennt mir das Thema LVRG/Vergütungsregelung im Moment schon auf der Seele.

Inwiefern?

Die Diskussionen, die zwischen Politik und Versicherungswirtschaft geführt werden, gehen einerseits die Vergütungsstrukturen an, auf der anderen Seite betreffen sie die Bildung der Zinszusatzreserve, die die Gesellschaften verständlicherweise belastet. Es gibt hier offensichtlich eine „Wenn Ihr uns das gebt, geben wir Euch das“-Haltung. Dann wird für die Versicherungswirtschaft möglicherweise die Bildung der Zinszusatzreserve geglättet – und die Versicherungswirtschaft kommt der Politik entgegen, indem sie anbietet, die Courtagen zu reduzieren. Das ist aber ein Geschäft zulasten Dritter: Derjenige, der es ausbaden muss, ist vor allen Dingen der unabhängige Vermittler. Wenn wir auf der Vermittlerseite die Daumenschrauben immer enger anlegen, müssen wir uns bei – auch durch die Regulatorik verursachtem – deutlich gestiegenem Kostendruck über ausbleibenden Nachwuchs nicht wundern. Wir als freie Vermittler müssen hellwach sein, dass wir hier nicht zwischen die Mühlen geraten. Wir müssen uns richtig positionieren, sonst haben wir mit der Nachwuchsgewinnung und der Ausbildung ein echtes Problem.

Wie sähe eine richtige Positionierung Ihrer Meinung nach aus?

Wir müssen vor allem deutlich machen, welchen Stellenwert die produktabhängige und objektive Beratung für die Verbraucher hat, dass diese Beratungsleistung aber nur bei auskömmlichen Einnahmen gewährleistet werden kann. Wir haben zwar Verständnis dafür, dass eine Courtage, so wie sie heute gezahlt wird, natürlich bestimmte Auswirkungen auf die Kapitalbildung innerhalb des Vertrages hat. Wir dürfen aber durchaus auch darauf verweisen, dass die Produkte mit Verträgen, in denen der Garantiezins im Sicherungsvermögen der Gesellschaft die maßgebliche Rolle spielt, für jüngere Leute heute wohl eher die weniger geeigneten sind und die fondsbasierten eine wesentlich höhere Eignung haben. Man darf dann also durchaus auch über differenzierte Courtagesysteme nachdenken.

Der fondsbasierte Produktansatz mit (Teil-)garantien ist sehr viel komplexer als die konventionelle Versicherung. Das heißt also, dass der Beratungsaufwand, den man betreiben muss, sehr viel höher ist. Allein dadurch wäre eine differenzierte Vergütung durchaus gerechtfertigt.

„Laufende Abschlussvergütung“ ist meines Erachtens außerdem ein Widerspruch in sich. Der Vermittler kann keine Verantwortung dafür übernehmen, dass Veränderungen in den Lebensumständen des Kunden zu Anpassungsnotwendigkeiten seiner Altersvorsorge führen, die möglicherweise nach Jahrzehnten der Vertragslaufzeit noch eine Belastung des Vermittlers nach sich ziehen. Wir müssen als unabhängige Vermittler darauf hinweisen, dass es eine ganze Reihe von Punkten gibt, für die wir eine vernünftige Lösung finden müssen, mit der alle – Kunden, Produktgeber, Regulatoren und Vermittler – umgehen können. (ad)

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wilfried Strassnig am 20. Dezember 2017 - 10:37

Provision ist das ganz normale Einkommen des Vermittlers. Das sind wenige Prozente des gesamten Vertrages. Die Regeln werden in erster Linie von Beamten gestaltet, die es einfach nicht in Ihren Kopf kriegen, dass gerade der Makler an der Seite des Kunden-und nicht gegen dessen Interesse- steht und auch noch für das Beste Produkt haftet. Mehr als die Hälfte verdient dabei weniger als der Innendienst. Meines Wissens werden gerade Beamte zu 100% aus Steuergeldern verprovisioniert, was in der Altersversorgung jeden Beamten zum Mittelstand erhebt. Aber wenn selbst einfachste Logiken w.o.a. nicht verstanden werden, ist wohl-im Bierland Deutschland-Hopfen und Malz verloren....