AssCompact suche
Home
Investment
13. März 2023
„Wir lehnen einen Staatsfonds in der privaten Altersvorsorge ab“

2 / 3

„Wir lehnen einen Staatsfonds in der privaten Altersvorsorge ab“

Auf EU-Ebene wird noch ein wichtiges Thema für Ihre Branche erneut diskutiert: ein Provisionsverbot für Wertpapiere. Das finden Sie sicherlich nicht gut.

Stimmt. Ein Verbot von Provisionen nur für Wertpapiere ist nicht akzeptabel. Es verzerrt den Wettbewerb zwischen Wertpapieren und Versicherungen und schadet den Verbrauchern. Wir wollen, dass das Nebeneinander von Provisions- und Honorarberatung erhalten bleibt. Vor allem für Kleinanleger hat die Provisionsberatung Vorteile: Wer viel anlegt, zahlt viel, und wer wenig anlegt, zahlt wenig. Zudem bleibt die Beratung kostenfrei, wenn der Sparer nichts kauft.

Wären Sparer denn bereit, für eine Finanzberatung ein gesondertes Honorar zu bezahlen?

Nur wenige. Nach einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Kantar könnte sich das nur jeder sechste Deutsche vorstellen. Ein Provisionsverbot würde zu einer Beratungslücke bei Kleinanlegern führen. Viele Verbraucher würden weniger oder keine Beratung mehr in Anspruch nehmen. Das hätte zur Folge, dass sie sich – entgegen dem erklärten Ziel der EU-Gesetzgeber – von den Kapitalmärkten abwenden. Sie würden keine Finanzprodukte mehr kaufen oder dies ohne Beratung tun – mit entsprechend höherem Risiko.

Viele Fürsprecher eines Provisionsverbots verweisen in dieser Debatte gerne auf England oder die Niederlande, wo es keine Provisionen mehr gibt. Überzeugen Sie diese Vergleiche?

Nein. In England, wo Provisionen seit zehn Jahren verboten sind, gibt es eine Beratungslücke. Die englische Finanzaufsicht FCA hat belegt, dass Sparer mit kleineren Anlagebeträgen faktisch von der Beratung ausgeschlossen sind und die Beratungskosten bei komplexeren Sachverhalten wie der Altersvorsorge unverhältnismäßig hoch sein können. Der Beratungsmarkt hat sich an Vermögen mit mindestens höheren fünfstelligen Pfundbeträgen ausgerichtet. Ähnliches gilt für die Niederlande. Dort sind Provisionen ebenfalls verboten, jedoch ist der Bedarf an privater Vorsorge und damit Anlageberatung aufgrund der starken betrieblichen Altersvorsorge gering.

 
Ein Interview mit
Thomas Richter