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10. September 2019
„Zu viele Immobilienmakler konzentrieren sich auf Nebenkriegsschauplätze“

„Zu viele Immobilienmakler konzentrieren sich auf Nebenkriegsschauplätze“

Die Preise für deutsche Immobilien haben extrem angezogen, vor allem in den A-Städten. Das hat nicht nur für Eigentümer und Mieter, sondern auch für Investoren gravierende Folgen. Davon ist Peter Schürrer, Geschäftsführer von Schürrer & Fleischer Immobilien, überzeugt. Der Experte sieht vor allem lokale Experten wie örtliche Immobilienmakler gefragter denn je – wenn sie ihr Geschäft richtig angehen.

Herr Schürrer, die vergangenen Jahre waren von einem beispiellosen Nachfrageboom nach Immobilien geprägt. Welche Folgen hat das für potenzielle Immobilieninvestoren?

Es gibt schon seit mehreren Jahren kaum noch lukrative Angebote auf dem Immobilienmarkt. Und das wird auch in den nächsten Jahren so sein. Größere Investoren wie Banken, Stiftungen, Family Offices oder Versicherungen haben sich in der Vergangenheit auf A-Städte konzentriert, weil sie Stabilität und Sicherheit wollen. Das wird mittlerweile aber kaum noch bedient. Wenn, dann sind die Multiplikatoren so hoch und die Renditen so gering, dass es sich kaum rechnet. Bei einer Rendite von unter 3% ist die Wirtschaftlichkeit fraglich.

Was hat das für Folgen?

In Immobilien zu investieren, ist insgesamt risikolastiger geworden – zumindest, wenn man Renditen von 4 bis 8% erzielen will. Investoren sollten sich den veränderten Rahmenbedingungen anpassen und auch in C-, D- oder auch E-Standorte gehen. Dort kann es auch Stabilität und Sicherheit geben. Ob in Sachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern oder auch in Rheinland-Pfalz – an vielen Orten gibt es noch tolle Mehrfamilienhäuser, bei denen die Ertrags- und Verkehrswerte stimmen. Allerdings braucht es mehr denn je einen lokalen Experten, einen Immobilienmakler, der sich genau mit den Verhältnissen vor Ort auskennt und Investoren die nötigen Informationen liefert.

In welcher Verfassung sehen Sie den deutschen Immobilienmarkt insgesamt?

Dem deutschen Immobilienmarkt geht es sehr, sehr gut. Allerdings beschneiden die vorhandenen und angekündigten Gesetze und Verschärfungen wie Mietpreisbremse oder Mietendeckel den Markt schon sehr. Die Politik sollte sich darauf konzentrieren, dass dort, wo die Leute hinwollen – also in den Ballungszentren und Metropolen – mehr Bauland ausgewiesen wird. Wenn mehr gebaut wird, dann findet sich der Markt auch dort wieder. Neben diesen Hotspots gibt es in Deutschland aber auch genügend strukturschwache Regionen mit vielen leer stehenden Wohnungen. Zudem gibt es immer mehr Singles und alte Menschen, für die adäquate Angebote fehlen, auch das verstärkt den Trend hin zur Stadt.

Können die staatlichen Maßnahmen in Form von Mietpreisbremsen, Mietendeckel oder gar Enteignungen die Lage an den Wohnungsmärkten in den Metropolen verbessern?

Die Leute werden in der Zukunft noch mehr in der Stadt leben wollen. Weil da etwas los ist. Weil da alle hinwollen. Es wird immer mehr Singles geben und man wird in die Höhe bauen müssen. Und die Menschen werden zum Teil zwei bis drei Jobs brauchen oder richtig gut verdienen müssen, um in der Stadt leben zu können. Ein Mietendeckel kann das langfristig nicht ändern, sondern hat allenfalls kurzfristige Wirkung auf die Preise.

Was könnte etwas an der angespannten Lage ändern?

Unter anderem wie gesagt mehr Bauland. Auch eine Entschärfung der Baugesetze würde helfen. In Deutschland gibt es über 20.000 Baugesetze. Davon könnte man die Hälfte streichen. In Deutschland ist ein Dschungel aus Bundes-, Landes- und kommunalen Vorschriften entstanden. Vieles davon stammt aus der Zeit vor 30 bis 40 Jahren, als der Immobilienmarkt noch ganz anders aussah.

So wie es bei jedem Auto oder Handy nach zwei, drei Jahren ein Update gibt, müsste es das auch für die Baugesetze geben. Revolutionen wie die Digitalisierung oder die sich drastisch verändernden Arbeitswelten gehen schließlich auch am Immobilienmarkt nicht vorbei. In den Baugesetzen ist das aber überhaupt noch nicht angekommen. Mein Geschäftspartner und ich planen gerade selbst den Bau von 38 Wohnungen. Es ist ein Wahnsinn, wie lange es dauert, bis man mal überhaupt einen Termin auf den Behörden bekommt, und wie kompliziert alles ist.

Neben dem Ruf nach einem einfacheren Baurecht erlebt auch der staatliche Wohnungsbau ein Comeback. Was sagen Sie zu dem Argument, dass der Staat ein besserer Vermieter und Wohnungsbauer ist, weil er keine Investorengewinne erwirtschaftet muss?

Wer soll das auf der staatlichen Seite machen? Die staatlichen Stellen sind chronisch unterbesetzt und kennen sich lange nicht so gut aus wie professionelle Investoren. Wie sollen Behörden nun auch noch Wohnungen vermieten, wenn sie mit ihren bisherigen Aufgaben schon nicht hinterherkommen? Die Wohnanlagen, die sie nun teilweise wieder enteignen wollen, haben Bund, Länder und Kommunen in den vergangenen Jahren reihenweise an Investoren verkauft. Jetzt kommt plötzlich der große Aufschrei. Enteignungen sind Quatsch. In den Metropolen hilft nur eines: mehr und schneller bauen. Das Personal in den Bauämtern muss dringend aufgestockt werden. Dann gäbe es wieder mehr Angebot und die Preise würden sich wieder auf ein gesundes Niveau einpendeln.

Ist das Preisniveau in den deutschen Metropolen aktuell ungesund?

Ja, die Kauf- und Mietpreise sind dort aktuell zu hoch. Doch wenn die Politik bezahlbaren Wohnraum will, dann soll sie ihn für Investoren interessant machen. Im Gegenzug zu Zuschüssen und Finanzierungsförderungen könnten sie sich 10 oder 20 Jahre dazu verpflichten, zu einem bestimmten Preis leicht unterhalb des Mietspiegels zu vermieten. Das würde viel mehr bringen als staatlicher Wohnungsbau.

Sie selbst sind Teil der Investorenseite und haben sich mit mehreren anderen renommierten und inhabergeführten Immobilienunternehmen aus ganz Deutschland zum Deutschen Anlage-Immobilien Verbund (DAVE) verbündet. Warum ein solcher Zusammenschluss?

Das Netzwerk dient dem Austausch und der Zusammenarbeit, wenn ein Kunde zum Beispiel mehrere Immobilien an verschiedenen Standorten kaufen oder verkaufen will. Wie bereits erwähnt wird lokale Expertise immer wichtiger. Wir sind elf lokal etablierte Firmen, zehn davon inhabergeführt plus die Kreissparkasse in Köln. Durch den Zusammenschluss decken die Mitgliedsunternehmen wie Schürrer & Fleischer Immobilien trotz der jeweiligen lokalen Expertise Deutschland gut ab. Der Kunde hat derweil einen Ansprechpartner für den deutschen Markt.

Welche Dienste bietet DAVE an?

Analysieren, Beraten, Begleiten, Vermitteln, Verwalten und Organisieren – also im Grunde alles, was es für einen professionellen Umgang mit Immobilien braucht. Das passt auch ideal zum sich wandelnden Bild des Immobilienmaklers. Früher war er immer nur der Vermittler. Heute ist er umfassender Dienstleister. Er muss dem Kunden neben der Vermittlung immer mehr Services und Dienstleistungen anbieten oder zumindest professionelle Partner an der Hand haben, die das übernehmen. Die Kunden wollen zudem viel mehr wissen als früher. Sie sind viel aufgeklärter und schauen sich die Makler genauer an. Langjährige Erfahrung und ein seriöses Auftreten werden daher immer wichtiger. Schürrer & Fleischer ist 23 Jahre am Markt und wir sind damit eine der jüngsten Firmen des DAVE-Verbunds.

Wie schwierig ist das Maklergeschäft angesichts neuer Kundenansprüche und rechtlicher Einschnitte wie der geplanten Ausweitung des Bestellerprinzips auf Kaufgeschäfte geworden?

Zu viele Immobilienmakler konzentrieren sich auf Nebenkriegsschauplätze wie die Mietpreisbremse oder das Bestellerprinzip. Das ist kontraproduktiv. Dafür gibt es die Verbände. Wir bei Schürrer & Fleischer konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft: die Vermittlung von Kaufverträgen. Und das ist nach wie vor ein gutes Geschäft. Mit unseren Filialen sind wir flächendeckend in Südwestdeutschland tätig und an sieben Tagen in der Woche für unsere Kunden und Partner da. Das Grundprinzip ist dabei das gleiche wie eh und je: Der Kunde will immer so wenig wie möglich bezahlen und der Verkäufer immer so viel wie möglich erhalten. Da braucht es einen Mittler zwischen beiden Seiten, damit beide Seiten am Ende zu­frieden sein können. Und genau diese Funktion übernimmt ein guter Immobilienmakler.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2019, Seite 70 f. und in unserem ePaper.

Bild: © ra2 studio – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Peter Schürrer