Herr Wirth, wird 2020 ein Provisionsdeckel kommen? Und wenn ja, für Leben und für Restschuld?
Es gibt zwar einen Gesetzentwurf, der es aber noch nicht in das Kabinett geschafft hat. SPD und CDU/CSU versuchen eine Einigung dazu zu finden. Mit dem momentanen Entwurf wird das aber nichts mit der Zustimmung der Union. Das hat zuletzt der zuständige CDU-Fachpolitiker Dr. Carsten Brodesser auf dem AfW-Hauptstadtgipfel nochmals bestätigt. Mit Dr. Brodesser haben wir zum Glück einen pragmatischen, mittelstandsorientierten und Sinn hinterfragenden Politiker involviert, der auch sehr genau weiß, wovon wir hier reden. Auf SPD-Seite sieht das leider anders aus.
Ich bin aber weiter sehr optimistisch, dass der Provisionsdeckel gar nicht kommt. Gemeinsam mit dem Votum-Verband und der Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) hatte der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, die zu dem Ergebnis kamen, dass ein Provisionsdeckel in der Lebensversicherung weder mit der Verfassung noch mit dem Europarecht in Einklang zu bringen wäre. Sämtliche sonstigen Argumente gegen den Provisionsdeckel lassen sich unter die verfassungsrechtlichen Argumente subsumieren.
Anders bei der Kreditrestschuldversicherung. Dort sehen wir ein Aufsichtsversagen der BaFin und sicherlich Handlungsbedarf. Dort werden wir wohl tatsächlich Provisionsexzesse sehen. Letztlich ist das aber kein Problem der Versicherungsmakler, die wir vertreten. Das Thema hat auch nichts mit dem Lebensversicherungsreformgesetz zu tun. Leider wird das unzulässigerweise oft vermischt, auch was die veröffentlichten Zahlen zu Provisionshöhen angeht.
Die mögliche BaFin-Aufsicht für 34f-Vermittler ist ein weiteres Streitthema. Kommt es hier in den nächsten zwölf Monaten zur Entscheidung?
Politische Prognosen zu treffen, ist heute ja schon fast unseriös. Sehr viel hängt vom Fortbestand der großen Koalition ab. Aber gehen wir einmal davon aus. Ja, ich gehe davon aus, dass es zu einer Entscheidung kommt. Nur zu welcher? Wir sehen keinen nachvollziehen Grund für den Aufsichtswechsel und werden uns vehement dagegen wehren.
Es wurde hier ohne Bedarf ein sinnloses Gesetzesverfahren angestoßen, was nicht zu mehr Verbraucherschutz führt und einzig horrende Kosten fabriziert. Wir haben in den letzten zehn Jahren keinerlei relevante Schadenfälle durch freie Finanzvermittlung. Dagegen gab es diverse Produkt- oder Institutsskandale – wie Prokon, Infinus, S&K, P&R oder Deutsche Bank – im Bereich der von der BaFin beaufsichtigten Anbieter. Die BaFin wäre da gefordert gewesen, hat aber offensichtlich versagt. Die Institutsaufsicht funktioniert also schlechter als die gewerberechtliche Aufsicht der 34f-Vermittler. Aktuell sehen wir auch bei diesem Thema Unterstützung für unsere Position innerhalb der CDU/CSU.
Welche weiteren Themen werden Sie und damit natürlich auch die ganze Branche 2020 beschäftigen?
Zum 01.08.2020 tritt die überarbeitete und an MiFID II angepasste Finanzanlagenvermittlungsverordnung in Kraft. Die praktische Umsetzung, wie etwa das Taping, führt noch zu vielen Fragen.
Als weitere Kernthemen für 2020 definieren wir Nachhaltigkeit in der Finanzanlage und die diskutierte private Pflichtvorsorge über die Einrichtung eines Staatsfonds oder Ähnliches.
Was würden Sie Ende 2020 gerne über das Jahr 2020 sagen wollen?
Prima, dass es endlich mal wieder mittelstandsorientierte, nachvollziehbare, entbürokratisierende und dabei natürlich auch verbraucherschützende und nachhaltige Politik gab. So hat die Arbeit für uns und unsere Mitglieder richtig Spaß gemacht!
Bild: © AfW
Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2020, Seite 73 und in unserem ePaper.
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