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17. Juni 2022
Aktiv oder passiv? Auf die Kosten kommt es an

Aktiv oder passiv? Auf die Kosten kommt es an

Die Frage „Aktiv oder Index?“ wird in Bezug auf den geeigneten Anlagestil meist recht dogmatisch diskutiert. Oft gibt es nur ein Entweder-oder, Besser oder Schlechter. Die Antwort fällt aber nicht eindeutig aus. Warum die anfallenden Kosten die entscheidende Rolle spielen, erläutert Moritz Schüßler von Vanguard.

Ein Artikel von Moritz Schüßler, CFA, Sales Executive bei Vanguard

Indexfonds sind in der Regel so konzipiert, dass sie die Rendite eines Index oder einer Benchmark möglichst genau abbilden. Dabei sind die jeweiligen Assets entweder exakt so gewichtet wie im zugrunde liegenden Marktbarometer (physisch replizierend) oder die Indexperformance wird durch ein Tauschgeschäft abgebildet, bei dem zwei Vertragspartner miteinander vereinbaren, vorab definierte Zahlungsströme auszutauschen (swapbasierte oder synthetische Abbildung).

Aktive Fonds haben demgegenüber in der Regel (gilt zum Teil nicht für Absolut-Return-Fonds) das An­lage­ziel, eine bestimmte Benchmark zu übertreffen und für ihre Besitzer dadurch „Alpha“ zu generieren. Dazu beobachten und analysieren die verantwortlichen Portfoliomanager Markttrends, Veränderungen der Wirtschaft und der politischen Landschaft sowie eine ganze Reihe weiterer externer und unternehmensbezogener Faktoren, die sich auf bestimmte Aktien, Anleihen oder andere Vermögenswerte auswirken können. Anhand dieser Daten wird die Asset-Auswahl vor­genommen und der Zeitpunkt für Käufe und Verkäufe bestimmt. Befürworter aktiver Managementansätze behaupten, dass diese Vorgehensweise im Vergleich zur einfachen Nachbildung eines Index im Mittel zu höheren Renditen führt. Schon bei der Lancierung des weltweit ersten Indexfonds für Privatanleger, des Vanguard 500 im Jahr 1976, bezeichnete die Fachpresse diesen Schritt als „Torheit“, nicht ahnend, dass daraus später ein Bestseller werden sollte.

Ein Nullsummenspiel, das keines ist

 Das wichtigste Argument für Indexfonds- bzw. ETFs ist das sogenannte „Nullsummenspiel“. Die dahinterstehende Theorie besagt, dass der Markt zu einem bestimmten Zeitpunkt aus den kumulierten Renditen aller Anleger besteht und dass die Gesamtmarktrendite gleich der nach Vermögenswerten gewichteten Rendite aller Marktteilnehmer ist. Für jede Position, die besser als der Markt abschneidet, muss es eine Position geben, die um den gleichen Betrag schlechter abschneidet – sodass die Überschussrendite aller investierten Vermögenswerte insgesamt Null ergibt.

 Tatsächlich entstehen dem Anleger jedoch Kosten für die Teilnahme am Markt (Verwaltungsgebühren, Geld-Brief-Spannen, Handelsprovisionen, Steuern usw.), die bei dieser Theorie vernachlässigt werden. In der Realität bleiben die meisten Fonds – Indexfonds und aktiv gemanagte Fonds – langfristig deshalb auch hinter ihrer Benchmark zurück. Das zeigen empirische Kapitalmarktuntersuchungen zu diesem Thema immer wieder. Negative Überschussrenditen kommen häufiger vor als positive, sofern fusionierte und liquidierte Sondervermögen mitberücksichtigt werden.

Da Indexfonds keine großen Analysten-, Research- und Managementteams benötigen, weisen sie auf den meisten Märkten allerdings einen deutlichen Kostenvorteil gegenüber ihren aktiv verwalteten Pendants auf. Den gilt es von einem aktiven Management erst einmal aufzuholen. Dies ist (wenn überhaupt) nur bei fundierten Fachkenntnissen, kombiniert mit Geschick und Geduld sowie einer verhältnismäßig geringen Kostendifferenz über die Zeit hinweg möglich. Aus diesem Grund entscheiden sich viele Anleger für eine ausschließliche Investition in kostengünstige, breit diversifizierte Indexfonds.

Überschussrenditen nur mit aktivem Management möglich

Anders könnte es für risikofreudigere Anleger aussehen. Ihnen wird im Ausgleich für die Akzeptanz größerer Unsicherheit bei aktiv gemanagten Fonds das Potenzial für eine Outperformance geboten. Diese Überlegung geht jedoch nur auf, wenn die „Managementleistung“ die zusätzlich anfallenden Gebühren übersteigt. Im Laufe der Jahre wurden einige grundlegende Merkmale erfolgreicher aktiver Manager identifiziert, die eine qualifizierte Auswahl und Überwachung ermöglichen. Dennoch gilt auch hier, immer wieder einen kritischen Blick auf die Kostenquote zu werfen. Ein hinreichend großes Volumen an Assets under Management ist an dieser Stelle von Vorteil.

 Grundsätzlich ist die Wahrscheinlichkeit, mit aktivem Management Überrenditen zu erzielen, umso höher, je größer die Ineffizienzen sind, die ein Markt aufweist. Durch intensives Research und fundierte Fachkenntnisse ist es bei Aktienwerten aus der zweiten und dritten Reihe eher möglich, eine Outperformance zu erzielen, als bei den großen Blue Chips. In verschiedenen Anleihesegmenten wie zum Beispiel Corporate Bonds (Unternehmensanleihen) fällt die Generierung von Alpha oft leichter als im Aktienbereich.

Fazit und Ausblick

Genau genommen geht es in der Diskussion um den geeigneten Anlagestil also nicht um „aktiv versus Index“, sondern um „teuer versus preiswert“. Aufgrund ihrer meist sehr niedrigen Kostenquote stellen breit streuende Indexfonds für die Mehrzahl der Anleger sicherlich die geeignetere Variante dar. Dabei ist darauf zu achten, dass entsprechend der persönlichen Risikoneigung sämtliche Anlageklassen, Segmente und Regionen abgedeckt werden (Schaffung eines global diversifizierten Multi-Asset-Portfolios). Lediglich für Investoren, die bereit und dazu in der Lage sind, höhere Risiken in Kauf zu nehmen, bietet sich die Ergänzung ihrer Kerninvestments auf Indexbasis um aktiv gemanagte Investmentfonds an.

Zweifellos wird sich die Debatte über aktiv versus passiv fortsetzen. Vor allem in volatilen Märkten – die uns auch in der zweiten Jahreshälfte 2022 begleiten werden – wird der Ruf nach aktivem Management regelmäßig lauter. Aktives Handeln wird zwar weiterhin wichtig sein, Anleger sollten aber keinesfalls glauben, dass stark schwankende Märkte diesem Anlagestil besonders zugutekämen. Das Einzige, was die Leistung und damit auch den Nutzen aktiver Fonds stärken kann, ist ein besseres Angebot und niedrigere Gebühren – so wie es im Indexgeschäft im Laufe der Jahre zu beobachten war.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 06/2022, S. 50 f., und in unserem ePaper.

Bild: © watoson – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Moritz Schüßler

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wilfried Stras… am 29. Juni 2022 - 08:16

Beispiel € 200,00 mtl. 40  Jahre mit 8% berechnet+ Kostenabzug von 1%, 2%, 3% und 6% (Garantie?).

Auf einen Blick ist alles für alle erkennbar.