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4. Dezember 2025
Aktiv trifft passiv: Smarte Strategien für neue Investmentwelt
Aktiv trifft passiv: Smarte Strategien für eine neue Investmentwelt

Aktiv trifft passiv: Smarte Strategien für neue Investmentwelt

Vom Nischenprodukt zum Marktführer: ETFs haben die Investmentwelt grundlegend verändert. Während in den USA bereits aktive ETFs boomen, steht Europa am Beginn derselben Entwicklung. Thorsten Schrieber von DJE zeigt, wie sich der Fondsmarkt wandelt – und wo Chancen für Berater liegen.

Ein Artikel von Thorsten Schrieber, Mitglied des Vorstands bei der DJE Kapital AG

In der Regel entstehen viele Neuerungen in den USA etwa ein Jahrzehnt vor ihrer Verbreitung in Europa bzw. Deutschland. Das gilt auch für zahlreiche kapitalmarktrelevante Themen. So haben sich ETFs in den USA seit den 1990er-Jahren besonders dynamisch entwickelt. Das liegt nicht nur an der Erkenntnis, dass die meisten aktiven Manager ihre zugrunde liegenden Indizes nicht schlagen. Es liegt auch an der in den USA bestehenden Steuereffizienz, die für Anleger ein wesentlicher Faktor ist.

Die Glorreichen Sieben

Die jüngste Dynamik am ETF-Markt wurde vor allem durch die Dominanz der sogenannten „Magnificent Seven“ geprägt. Diese Unternehmen beeinflussen die Entwicklung der US-Aktienindizes maßgeblich, während US-Aktien insgesamt einen großen Einfluss auf den MSCI World ausüben. In den vergangenen zehn Jahren erzielten die „Magnificent Seven“ eine durchschnittliche jährliche Rendite von rund 25%. In den zugrunde liegenden Indizes erreichten sie teilweise Gewichtungen, die aktive Fondsmanager aus Gründen der Risikostreuung nicht in dieser Form nachvollziehen konnten. Dies führte zu einer anhaltenden, relativen Schwäche vieler aktiver Manager. In den USA gelang es in den vergangenen 15 Jahren laut einer SPIVA-Studie nur rund 12% der Large-Cap-Manager, den S&P 500 zu übertreffen.

Diese Entwicklung führte dazu, dass passive Publikumsfonds – also Indexfonds und ETFs – in den USA seit Ende 2023 beim verwalteten Vermögen die aktiven Fonds überholt haben. Seit 2015 verzeichnen aktive Fonds dort nahezu kontinuierlich Abflüsse.

In Europa setzte dieser Trend etwas später ein, doch inzwischen prägen auch hier passive Produkte zunehmend das Anlageverhalten. Laut SPIVA-Daten konnten über einen Fünfjahreszeitraum rund 90% der aktiven Fondsmanager den S&P Europe 350 nicht übertreffen.

Passiv schleicht sich an

 

Aktiv trifft passiv: Smarte Strategien für eine neue Investmentwelt

 

Das längere Festhalten an aktiven Fonds in Deutschland und anderen europäischen Ländern – besonders in Italien, Spanien und Frankreich – hängt vor allem mit den etablierten Vertriebsstrukturen zusammen. Zudem spielen im Vertrieb weiterhin entsprechende Anreizsysteme eine wichtige Rolle.

In den vergangenen Jahren haben sowohl die Kostendiskussion als auch der zunehmende Performancedruck die hiesigen Märkte spürbar beeinflusst. Laut aktuellen Zahlen des Branchenverbands BVI wurden seit dem zweiten Quartal 2023 rund 90% des Nettoabsatzes in Fonds über ETFs erzielt. Bereits etwa ein Viertel des Fondsvermögens von Privatkunden entfällt heute auf ETFs.

Auf diese Entwicklung reagieren größere Vertriebsorganisationen und Beraternetzwerke wie Netfonds, Fonds Finanz und andere mit vermögensverwaltenden Konzepten, die den Zugang zur ETF-Welt mit einem aktiven Overlay verbinden. Die zugrunde liegenden Zielfonds werden dabei kostengünstig ausgewählt, während auf Ebene der Vermögensverwaltung ein Dienstleistungsentgelt anfällt.

Viele dieser Angebote sind heute vollständig digitalisiert – sowohl im Onboarding-Prozess als auch im weiteren Kunden- und Vermittlungsprozess. Damit greifen die Anbieter einen zentralen Kritikpunkt gegenüber ETFs auf: Privatanleger sollten nicht allein aus Kostengründen und ohne ausreichendes Hintergrundwissen investieren.

Warum aktive ETFs?

Ein weiterer häufig genannter Kritikpunkt ist der sogenannte „Self-fulfilling prophecy“-Effekt: Durch die automatische Nachbildung von Indizes fließt immer mehr Kapital in die größten Indexwerte, was die Marktkonzentration weiter verstärken kann. An diesem Punkt setzen die in den vergangenen Jahren neu entstandenen aktiven ETFs an. Sie basieren in der Regel ebenfalls auf einem Index, wenn auch oft nur als Referenzgröße. Bei diesen aktiven ETFs fließen auf Grundlage des jeweiligen Investmentansatzes der Anbieter Elemente eines researchbasierten Allokationsprozesses in die Einzeltitelauswahl ein.

Der Nachteil liegt in den höheren Kosten. In der Regel bewegen sich die Gesamtkostenquoten zwischen 0,3 und 0,8%, während die Kosten bei rein passiven ETFs meist zwischen 0,1 und 0,4% liegen. Dieser moderate Kostennachteil reduziert allerdings das Risiko, überproportional stark in Index-Schwergewichte zu investieren.

Zugleich vereinen aktive ETFs die wesentlichen Vorteile passiver Produkte. Sie sind kosteneffizient, transparent und jederzeit handelbar. In den USA erfreuen sich aktive ETFs bereits großer Beliebtheit: Rund 30 bis 40% der ETF-Zuflüsse entfallen dort auf diese Kategorie, während der Anteil in Europa aktuell bei etwa 5 bis 10% liegt.

Und nun?

Was bedeutet das nun für die rund 1,3 Bio. Euro, die in Deutschland in aktiven Publikumsfonds verwaltet werden?

Zunächst die gute Nachricht: Auch im ersten Halbjahr 2025 gab es positive Mittelzuflüsse in Höhe von rund 16 Mrd. Euro in aktive Strategien, vor allem im Rentenbereich. Gleichwohl muss man der statistischen Realität ins Auge sehen: Laut Erhebungen gelingt es nur rund 10% der Fondsmanager in Deutschland, ihre jeweilige Benchmark nachhaltig zu übertreffen. Das entspricht schätzungsweise 10 bis 20 Fondsmanagern. Ein Beispiel für eine Ausnahme von dieser Regel findet sich im eigenen Haus: Dr. Jens Ehrhardt gilt als Grandseigneur des deutschen Asset-Managements. Er managt den FMM-Fonds seit fast vier Jahrzehnten und hat damit den MSCI World (in Euro) über lange Zeiträume hinweg übertroffen.

Auch einige Manager größerer und kleinerer bankenunabhängiger Boutiquen – etwa Flossbach von Storch, ACATIS, Eyb & Wallwitz und andere, die häufig im Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland (VuV) organisiert sind – konnten in der Vergangenheit vergleichbare Ergebnisse erzielen.

Es geht weiter aufwärts

Dennoch müssen sich aktive Manager – ob groß oder klein – neu positionieren. Nicht nur große Häuser wie DWS mit ihrer Xtrackers-Plattform (seit 2007) oder Amundi durch die Übernahme von Lyxor im Jahr 2021 haben den Trend hin zu aktiven ETFs erkannt und den Schritt in den ETF-Bereich vollzogen. Auch spezialisierte Fondsboutiquen arbeiten daran, ihren aktiven Ansatz in ein ETF-Format zu übertragen. So brachte Shareholder Value Management bereits 2022 ein erstes Produkt dieser Art auf den Markt. Anfang 2025 folgte die DJE Kapital AG mit dem Xtrackers DJE US Equity Research UCITS ETF, der auf einem langjährig erprobten Investmentansatz basiert.

Beide Initiativen greifen die bekannten Vorteile von ETFs – Transparenz, Kostenbewusstsein und Effizienz – auf, ohne die eigenen, über Jahrzehnte entwickelten Investmentansätze aufzugeben. Darin liegt sowohl für Fondsanbieter als auch für den Vertrieb der Mehrwert, sich diesen neueren Produktformen offen zu nähern. Denn auch in Deutschland dürfte das Wachstum aktiver ETFs weiter anhalten.

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Grafik: © Clearstream (für ETFs), BVI (für sonstige offene Publikumsfonds)

 
Ein Artikel von
Thorsten Schrieber