Von Toni Kuhn, AssCompact
Der Weg zu Kallmeiers Büro führt in ein Neubauwohngebiet in der Oberpfälzer Kleinstadt Sulzbach-Rosenberg. Es befindet sich in einem Anbau ihres Hauses. Ein Durchgang führt in die Küche der Familie, im Garten liegt Spielzeug für die Kinder bereit. Kallmeier sitzt im Anzug am Schreibtisch und telefoniert. Es ist noch kein Jahr her, dass sie Geschäftsführerin der Morgenroth Versicherungsmakler GmbH wurde. Doch im Unternehmen ist sie schon länger tätig. Noch länger reicht die Geschichte des Maklerhauses zurück.
Vom Maklerunternehmen zum Bankvertrieb zum Maklerunternehmen
1998 verkaufte der Gründer und damalige Inhaber Udo Morgenroth das Unternehmen nach 25 Jahren an die SchmidtBank. Kallmeiers Vater Peter Dirnhofer war damals deren Geschäftsführer für den Bereich Versicherungen. Als die SchmidtBank 2001 aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten übernommen wurde, stand das Maklerunternehmen wieder zum Kauf. Dirnhofer entschied, das Unternehmen zusammen mit dem kompletten Personal zu übernehmen.
Die ersten Jahre war er damit beschäftigt, das Unternehmen als freier Makler zu restrukturieren. Durch den Bankenvertrieb waren mittlerweile sehr viele Niederlassungen entstanden. „Das eigene Controlling fehlte noch“, erklärt Kallmeier. Um gerade die Bereiche Controlling und Personalwesen zu unterstützen, holte Dirnhofer im Jahre 2007 schließlich seine Tochter Alexandra Kallmeier in die Firma. „Für mich war das eine sehr schwere Entscheidung“, berichtet Kallmeier rückblickend. „Es ist etwas ganz anderes, ein eigenes Unternehmen mit zu führen. Ich hatte einen sehr guten Job bei einer Hauptverwaltung einer Versicherungsgesellschaft mit sehr vielen Möglichkeiten.“ Dort war sie für den Bereich Aus- und Weiterbildung tätig, der ihr sehr viel Spaß machte. Als Dozentin reiste sie dabei durch ganz Deutschland. Nebenbei studierte sie an der Fernuniversität Hagen Betriebswirtschaftslehre.
Ihren Weg in die Branche hatte sie anfangs bei einer Bank als Auszubildende und später als Trainee gefunden. Anschließend hatte sie durch ihre Arbeit bei dem Versicherer viel mit Außendienstlern zu tun und dabei früh gelernt, sich als junge Frau in der Arbeit mit überwiegend Männern durchzusetzen.
Als Kallmeier zu Morgenroth ging, waren ihre ersten Aufgaben, sich um die Umstrukturierung des Unternehmens vor allem im Hinblick auf das Personal zu kümmern. Dies nahm sie als große Herausforderung wahr: „Wir mussten einfach vertriebsorientierter arbeiten, denn wir hatten keine Bank mehr, durch die das Unternehmen unterstützt wurde“, erklärt die Maklerin. Um sich in den Vertrieb einzuarbeiten, begann Kallmeier parallel Kunden zu betreuen. Nur so konnte sie auf einer Augenhöhe mit den Außendienstlern sprechen und Mitarbeitergespräche sinnvoll führen.
Morgenroth zählte damals 20 Mitarbeiter. Eine Niederlassung in Nürnberg wurde geschlossen. Die Hauptgeschäftsstelle in Bamberg zog später nach Hallstadt um. Der Schwerpunkt des Unternehmens liegt traditionell auf dem Gewerbegeschäft. Im Sachbereich sind es davon rund 70%. Aus Zeiten der SchmidtBank hat Morgenroth aber auch viele Privatkunden. „Durch das Schaltergeschäft zu Zeiten der SchmidtBank sind diese sehr verstreut, was für uns eine Herausforderung darstellt“, erklärt Kallmeier.
Eine klare Struktur schaffen und ein gutes Team bilden
Seit Oktober 2011 ist Kallmeier Geschäftsführerin bei Morgenroth. Ihre Hauptaufgabe ist dabei nach wie vor alles rund um das Personal. Gemeinsam mit ihrem Hallstädter Gesellschafter-Geschäftsführerkollegen Uwe Pflaum betreut sie das Gewerbegeschäft. Dirnhofer ist Spezialist für die Personenversicherung. Ein weitere Aufgabe, der sich Kallmeier innerhalb der Geschäftsführung besonders angenommen hat, ist das Controlling. Hier arbeitet sie mit ihrem Vater Hand in Hand. Besonders zu Zeiten der Umstrukturierung kam ihr die Tatsache, dass Morgenroth ein sachlastiger Makler ist, dabei zugute. „Mein Job war es zu sehen, wie wir hier weiterarbeiten können. Dazu braucht man ein klares System und dafür wiederum ein gutes Team“, berichtet Kallmeier über die Vorgehensweise. Dabei war und ist ihr Kollege Pflaum für sie von zentraler Bedeutung: „Er ist schon seit langer Zeit bei Morgenroth und kennt das Unternehmen und die Kunden sehr gut.“ Die drei Geschäftsführer werden von sieben Mitarbeiter/innen im Innendienst unterstützt.
„Man muss sich auf das Personal verlassen können und sich Zeit nehmen für die Mitarbeiter“
Dadurch, dass Kallmeier sich entschied, Geschäftsführerin zu werden, wurde bereits zusammen mit Uwe Pflaum die nächste Generation im Unternehmen sichergestellt. Über ihre eigene Nachfolge macht sich die Maklerin noch keine Gedanken: „Wir haben ein ganz anderes Problem. Im sachlastigen Gewerbebereich könnte es zum Beispiel schwierig werden, sollte die Honorarberatung kommen.“ Die Möglichkeit, nochmal etwas anderes zu tun oder tun zu müssen, ist für Kallmeier kein Thema: „Ich will gar nicht so weit denken. Man versucht alles zu tun, um seine Kunden zufrieden zu stellen und das Unternehmen zu entwickeln. Aber man weiß nie, was kommt. Als älterer Mensch muss man da natürlich anders agieren. Aber ich bin ja noch jung“, sagt sie und lacht.
Kallmeier gibt hinsichtlich der Nachfolgefrage zu bedenken, dass es einige Zeit dauert, bis man sich in ein Unternehmen eingearbeitet hat, insbesondere wenn man Geschäftsführer werden soll. Bei ihr hat es vier Jahre gedauert, bis sie die wichtigsten Abläufe ausreichend kannte, um diese Position auszufüllen. Auch das eigene Netzwerk auszubauen, dauert seine Zeit. Für Kallmeier ist es elementar, dass man sich auf das Personal verlassen kann und dass die Menschen zusammen- halten. „Man muss immer mal schauen, was man tun kann, um den Mitarbeitern ein gutes Gefühl zu geben. Und es ist wichtig, sich die Zeit zu nehmen und nachzufragen, damit sich Mitarbeiter gegebenenfalls mitteilen können.“
Frühstück ist Familienzeit
Der zweite Bürostandort in Sulzbach-Rosenberg existiert erst seit 2009. Das Büro dort ist mit dem Wohnhaus von Kallmeier verbunden. „Ich bin noch heute sehr viel unterwegs, daher brauche ich die Buchhaltung vor Ort und eine gewisse Nähe im Innendienst“, begründet die Maklerin die Entscheidung. Das Büro nebenan zu haben, erleichtert es Kallmeier und ihrem Mann, Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bringen. „Der Tag zieht sich dadurch auseinander“, so Kallmeier. „Man muss dann elementar wichtige Punkte setzen. Frühstück ist zum Beispiel immer Familienzeit. Ein klar strukturierter Zeitplan ist das Allerwichtigste.“ Dies hat für sie noch einen weiteren Grund: „Ich bin ganz klar der Meinung: Nur ausgeglichen kann man auch gute Beratung machen. Wenn man sich abhetzt, kann man meist kein ordentliches Gespräch führen.“
Während ihrer Bürotage schätzt sie die räumliche Nähe zu den Kindern. „Das eigene Gewissen ist dabei auch oft ein Problem. Hier muss ich mir sagen, ich habe die Entscheidung getroffen und jetzt ziehe ich sie durch.“ Sie arbeitet vieles auch abends ab, wenn die Kinder im Bett sind. Ohne die Nähe zum Büro wäre das nicht möglich.
Engagment für Aus- und Weiterbildung zur Weiterentwicklung der Branche
Das Thema Aus- und Weiterbildung liegt ihr noch heute sehr am Herzen. Sie arbeitet für das Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft Nordbayern-Thüringen – vor allem an Samstagen. Dort unterrichtet sie in den verschiedenen Ausbildungsgängen der Versicherungsbranche. Außerdem sitzt sie in den Prüfungsausschüssen der IHK. Diese Zeit ist ihr wichtig: „Ich kann das nicht loslassen, weil ich für mich weiß, dass mich diese andere Art der Arbeit ausgleicht.“ Auch Kallmeiers Idealismus spielt dabei eine Rolle: „Ich bin der Überzeugung, dass wir es schaffen, die Versicherungsbranche weiterzuentwickeln. Und da müssen wir bei der Basis anfangen und das ist die Ausbildung. Man muss den jungen Menschen klarmachen, wo sie sich in der Versicherungsbranche finden können und wo sie ihre Stärken haben.“
Das Schlimmste ist, laut der Maklerin, wenn man sich im Vertrieb nicht positioniert fühlt. „Dann siegt die Unsicherheit und damit die Arroganz, die man benötigt, um die Unsicherheit zu überspielen“, lautet ihre Meinung. „Und das schadet der Beratung und der Branche.“ Kallmeier ist überzeugt, dass man etwas riskieren muss, wenn man will, dass junge Menschen das Team bereichern. „Man muss das Vertrauen haben, dass man den Richtigen finden kann“, so die Maklerin.
Bei ihren Schulungen profitiert Kallmeier sehr von ihren eigenen Erfahrungen aus der täglichen Praxis. „Wenn die Auszubildenden merken, dass man aus seiner eigenen realistischen Welt erzählt, dann sind sie voll dabei“, sagt sie. Aus diesem Grund verfasste sie gemeinsam mit einem Kollegen ein Ausbildungswerk zur Kfz-Versicherung.
Frauen in der Branche stärken durch das VDVM Frauennetzwerk
Und dennoch: Kallmeiers Engagement hört hier noch nicht auf. Vor circa einem Jahr gründete sie zusammen mit Adelheid Marscheider und Ulrike Hauptmann das VDVM Frauennetzwerk. Aus Kallmeiers eigener Historie als junge Ausbilderin wird klar, dass das Thema Frauen in der Versicherungsbranche sie seit Langem beschäftigt. „Unsere erste Veranstaltung im Frühjahr war ein großer Erfolg. Der nächste Schritt ist jetzt die DKM und unsere Kooperation mit der Women Speaker Foundation.“ Über die eigene Internetseite sollen laut Kallmeier Webinare speziell für Frauen angeboten werden. Die Maklerin ist auch im Gespräch mit einer Berufsschule, um den Nachwuchs in Form von Erfahrungsberichten frühzeitig für den Vertrieb anzusprechen.
Ihre Diplomarbeit an der Fernuni schrieb sie übrigens zum Thema Bilanzierung des Personalvermögens. „Das Problem ist, dass Dienstleistungsunternehmen keine Werte in Maschinen oder Ähnlichem haben. Unser Wert ist der Mensch. Die Frage ist: Wie erhöhe ich mein Personalvermögen und das des einzelnen Mitarbeiters? Hierbei werden Frauen eine immer wichtigere Rolle spielen“, ist Kallmeier überzeugt.
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