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30. Dezember 2020
Allianz öffnet neues Kapitel in der Altersvorsorge

Allianz öffnet neues Kapitel in der Altersvorsorge

Die Allianz Lebensversicherung startet im Januar mit einer neuen Altersvorsorgegeneration, die mit veränderten Garantien die Balance aus Renditechancen und Sicherheit finden soll. Der Verzicht auf die 100%-ige Beitragsgarantie lässt hierzu Freiräume in der Kapitalanlage. Interview mit Dr. Thomas Wiesemann, Vorstand Maklervertrieb der Allianz Lebensversicherungs-AG.

Herr Dr. Wiesemann, den Verzicht auf die volle Beitrags­garantie kann man einen Paradigmenwechsel in der Lebensversicherung nennen, oder?

Die ökonomischen Realitäten haben sich in den letzten 18 Monaten noch einmal sehr stark verändert. Wir leben in einem Null- und Negativzinsumfeld. Die 20-jährige Euro-Swap-Rate, die misst, wie man über eine Laufzeit von 20 Jahren im Euroland sicher investieren kann, liegt mittlerweile bei einem Wert von null. Das bedeutet bei 20 Jahren Laufzeit für ein sicheres Investment null Ertrag. Letztlich geht es um die Frage, wie man in diesem Umfeld eine Altersvorsorge mit attraktiven Renditechancen gestalten kann, die gleichzeitig auch noch sicher und verlässlich ist. Unsere Antwort ist, die Vorsorgekonzepte ab 2021 mit zeitgemäßen Garantien auszustatten.

Der Kunde bekommt bei den Garantien mehr Möglichkeiten. Welche genau?

Wir werden unsere chancenorientierten Vorsorgekonzepte – das sind bei uns die KomfortDynamik, InvestFlex und die IndexSelect – mit Garantieniveaus von wahlweise 90, 80 oder 60% ausstatten. Für das Vorsorgekonzept Perspektive bieten wir ein Garantieniveau von mindestens 90%.

Sie hatten Ihre Angebote schon vor einiger Zeit auf die Niedrigzinsphase umgestellt. Gibt es da noch einmal gravierende Änderungen?

Nein. Die jetzige Maßnahme steht in einer Kontinuität unserer Produktentwicklung der letzten zehn Jahre. Wir haben schon 2007 als erster Anbieter eine Indexpolice auf den Markt gebracht. Wir haben dann im Zeitraum 2013 bis 2016 die „Perspektive“, KomfortDynamik und InvestFlex vorgestellt. Der Kern dieser Maßnahmen war immer, im Sinne unserer Kunden ausreichend Freiräume für die Kapitalanlage zu generieren. Wir befinden uns aktuell in einem Null- und Negativzinsumfeld, das heißt aber nicht, dass wir auch in einem Nullrenditeumfeld leben. Es ist auch in diesem Umfeld möglich, attraktive Renditen zu generieren.

Was ändert sich in den Kapitalanlagen?

Wir haben schon die letzten Jahre genutzt, um den Anteil der chancenorientierten Kapitalanlagen in unserem Sicherungsvermögen stetig auszubauen. Heute haben die chancenorientierten Kapitalanlagen – darunter verstehen wir Aktien, Immobilien, Infrastrukturinvestments, erneuerbare Energien sowie Unternehmens- und Schwellenländeranleihen – einen Anteil von 45% in unserem Sicherungsvermögen. Dieser Anteil lag 2010 noch bei 32%. Wir haben diesen Anteil also seit 2010 um 50% ausgebaut.

Zusätzlich haben wir bei den hybriden Konzepten dann auch die Möglichkeit, den Anteil der Fonds oder des Sondervermögens weiter auszubauen. Beispielsweise kommt KomfortDynamik mit 80% endfälliger Garantie bei einer typischen Laufzeit auf einen Anteil der chancenorientierten Anlagen von 67%. Heißt also, von Beginn an gehen 67% der getätigten Anlagen in die chancenorientierten Anlagen und gleichzeitig habe ich eine 80%-ige harte Garantie.

Neben der zeitgemäßen Garantie kommen aber noch weitere Sicherungs­elemente zum Tragen. In allen unseren Konzepten spielt das Sicherungsver­mögen eine zentrale Rolle, weil es aufgrund unserer Finanzstärke einen hohen Stabilisierungsfaktor über die Laufzeit hat. Darüber hinaus ist die weltweite Kapitalanlagekompetenz der Allianz ein weiterer Faktor, der uns erlaubt, für den Kunden attraktive Kapitalanlagen zu tätigen, beispielsweise im Bereich der alternativen Anlagen, die auch eine sehr gute Diversifikation zu den börsengehandelten Kapitalanlagen darstellen. Und last, but not least haben die Konzepte noch weitere Sicherheiten, beispielsweise eine dynamische Garantieerhöhung während der Laufzeit oder ein Ablaufmanagement vor dem Ende der Laufzeit.

In der bAV läuft die volle Beitrags­garantie weiter. Allgemein gilt die bAV als Wachstumsmarkt. Ist das nicht ein Problem?

Auch in der bAV bieten wir mit der beitragsorientierten Leistungszusage Tarife mit zeitgemäßen Garantien an. Und wir werden dort, wo der Gesetzgeber die 100% noch vorschreibt, also bei der Beitragszusage mit Mindestleistung, diese weiter anbieten. Ebenso im privaten Bereich bei der Riester-­geförderten Altersvorsorge. Aber ja, wir sprechen uns auch dafür aus, dass der Gesetzgeber bei der Riester-Rente und in der bAV Veränderungen angeht und künftig auch hier eine entsprechende Flexibilisierung gewährleistet.

Ihre Pensionskasse stellt das Neu­geschäft ein. Welche Auswirkungen hat das für die Kunden?

Für die Bestandskunden hat dies keine Auswirkungen. Die Pensionskasse bleibt bestehen. Aber ab spätestens 2022 nehmen wir keine Neuanmeldungen mehr in der Pensionskasse an. Wir setzen bei Neuanmeldungen auf die Direktver­sicherung und den Pensionsfonds, nachdem beide Wege seit Jahren verstärkt nachgefragt werden. Beide sind steuerlich genau gleichgestellt im Vergleich zur Pensionskasse, beide sind deutlich attraktiver als die Altersvorsorge in der Pensionskasse.

Warum ist der Schritt notwendig?

Weil die Pensionskasse schon in den letzten Jahren stark an Bedeutung in der Nachfrage verloren hat. Wir haben schon seit Anfang 2019 keine neuen Gruppenverträge mehr eingerichtet. Um konkrete Zahlen zu nennen: Wir hatten im vergangenen Jahr 300.000 Neuabschlüsse in der Direktversicherung in der bAV bei der Allianz Leben – und nur 5.000 Abschlüsse in der Pensionskasse.

Es gibt große Kritik an Lebensversicherungen und die Kritiker sehen die Stabilität der Versicherer in Gefahr. Wie viel Erleichterung bringen die Maßnahmen der Allianz selbst?

Wir gehen diesen Schritt aus einer Position der Stärke heraus. Wir machen ihn nicht, weil wir müssen, sondern weil wir wollen. Weil wir davon überzeugt sind, dass vor dem Hintergrund dieses Zinsumfelds mit ausschließlich sicheren Anlagen eine renditeorientierte Kapitalanlage nicht mehr dargestellt werden kann. Interessanterweise haben das die Kunden doch auch schon erkannt. Kundenbefragungen zeigen, dass etwa zwei Drittel der Menschen in Deutschland sagen, dass sie durch das Null- und Negativzinsniveau ein anderes Bewusstsein für das Sparen entwickelt haben. Sie geben an, dass sie auf Betragsgarantien unter 100% setzen, wenn dadurch eine höhere Chancenorientierung in die Kapitalanlage zustande kommt. Natürlich sind ihnen aber auch Rückhalt und Verlässlichkeit in der Altersvorsorge weiterhin wichtig. Genau hierauf zielt unser Angebot ab.

Wie gelingt den Vermittlern die Umstellung?

Die Gespräche – und ich führe zurzeit natürlich viele Gespräche mit Vertriebspartnern – sind positiv. Der Schritt wird von eigentlich allen, mit denen ich bisher gesprochen habe, nachvollzogen und die Vertriebspartner halten es auch für die richtige Entscheidung in diesem ökonomischen Umfeld. Da ist aus meiner Sicht ein großer Zuspruch da.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 12/2020, Seite 38f., und in unserem ePaper.

Bild: © Tierney – stock.adobe.com