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16. Februar 2022
Assekurata-Marktstudie: Rechnungszins runter, Inflation rauf
Interest rate financial and mortgage rates concept.

Assekurata-Marktstudie: Rechnungszins runter, Inflation rauf

Was die Absenkung des Höchstrechnungszinses zum Jahresbeginn 2022 für die Lebensversicherer, besonders die Zinszusatzreserve (ZZR), bedeutet, damit hat sich Assekurata in ihrer aktuellen Marktstudie auseinandergesetzt und dabei verschiedene Szenarien simuliert.

Die Absenkung des Rechnungszinses zum Jahresbeginn 2022 forciert die Neuausrichtung der Lebensversicherer. Zugleich wächst mit der gestiegenen Inflation die Hoffnung auf eine Leitzinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB). Eine Zinswende würde auch die Anforderungen der Zinszusatzreserve (ZZR) reduzieren, stellt die Assekuranz Rating-Agentur Assekurata in ihrer aktuellen Marktstudie zu Überschussbeteiligungen und Garantien von Lebensversicherern fest.

Erstmals seit Anfang 2017 hat der Gesetzgeber den Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung zum Jahreswechsel wieder abgesenkt. Seit dem 01.01.2022 beträgt er nur noch 0,25% nach zuvor 0,90%. Der gesunkene Höchstrechnungszins trägt dem Niedrigzinsumfeld Rechnung, schlägt sich aber nur langsam in den Büchern der Lebensversicherer nieder. Dies liegt daran, dass die deutschen Lebensversicherer noch große Bestände an höher verzinsten Altverträgen mit sich führen, insgesamt mehr als 40 Millionen Stück. Insoweit betrifft der Niedrigzins laut Assekurata die Anbieter auf zwei Ebenen: „Lebensversicherer müssen ihre Garantien im Neugeschäft neu austarieren, gleichzeitig aber ihre Leistungszusagen im Bestand finanziell absichern“, sagt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. Denn trotz der Absenkung des Höchstrechnungszinses und der längst eingeleiteten Neuausrichtung hin zu kapitaleffizienten Produkten sei die Finanzierung der Garantieverpflichtungen für viele Anbieter herausfordernd. So lag der nominelle Garantiezins im Bestand der Lebensversicherer Ende 2021 bei durchschnittlich 2,56%. Wirtschaftlich entlastend wirkt hier allerdings die ZZR, zu deren Aufbau die Branche seit 2011 verpflichtet ist. Unter Anrechnung dieser Mittel fällt die durchschnittliche Garantiezinsanforderung mit 1,43% um 113 Basispunkte geringer aus, hat Assekurata in der Studie ermittelt. In den Vorjahren war die Entlastung mit 108 (2020) bzw. 97 Basispunkten (2019) noch nicht so hoch.

Höheres Zinsniveau senkt ZZR-Zuführungsbedarf

„Der spürbare Entlastungseffekt der ZZR kommt nicht von ungefähr, sondern resultiert aus dem umfangreichen Reserveaufbau in den vergangenen Jahren“, kommentiert Heermann. Für das Bilanzjahr 2021 ermittelte Assekurata auf Basis der Studiendaten branchenweit eine ZZR-Zuführung von 10 Mrd. Euro, die somit etwas geringer ausfällt als im Vorjahr (11 Mrd. Euro). Den Grund hierfür sehen die Studienautoren im leichten Anstieg des Marktzinsniveaus im Jahresverlauf 2021, sodass der für die ZZR-Dotierung maßgebliche Referenzzins nicht so stark fiel wie in den Jahren zuvor, dennoch aber weiter auf 1,57% (Vorjahr: 1,73%) zurückging. Im Gegensatz zum Vorjahr sei diesmal keine zusätzliche Tarifgeneration nachreservierungspflichtig, die bisherigen ZZR-Tarifgenerationen seien aber weiter aufzufüllen, so Heermann. Insgesamt beläuft sich die Branchen-ZZR Ende 2021 laut Assekurata auf 97 Mrd. Euro, was etwa 10% der bilanziellen Deckungsrückstellung entspricht.

EZB hält vorerst an ultralockerer Geldpolitik fest

Die weitere Entwicklung der ZZR hängt neben der individuellen Bestandsstruktur der Versicherer maßgeblich vom allgemeinen Zinsumfeld ab. So plant die EZB nach eigenem Bekunden vorerst kein Ende ihrer Nullzinspolitik und hält an ihren Anleihenkäufen im Zuge der Covid-19-Pandemie fest. „Angesichts der signifikanten Inflation im Euroraum und dem Vorstoß der US-Notenbank Fed mehren sich allerdings die Anzeichen, dass die EZB in den kommenden Monaten von ihrer ultralockeren Geldpolitik abrücken könnte“, mutmaßt Heermann. „Ein höheres Zinsniveau würde den Lebensversicherern den ZZR-Aufbau erleichtern, sofern die Bewertungsreserven als Finanzierungsquelle dadurch nicht aufgezehrt werden. Ganz vom Tisch wäre der ZZR-Aufbau aber auch bei steigenden Zinsen noch nicht.“

Assekurata-Marktstudie: Rechnungszins runter, Inflation rauf

Dies ergibt sich aus der zugrunde liegenden Berechnungsmethodik des Referenzzinses, für den Assekurata im Rahmen der Marktstudie drei verschiedene Zukunftsszenarien simuliert hat, deren Verläufe in der Abbildung dargestellt sind.

In allen drei Szenarien fällt der Referenzzins in den kommenden fünf Geschäftsjahren weiter ab. Im Basis-Szenario, das eine Fortschreibung des aktuellen Zinsniveaus über den kompletten Prognosezeitraum unterstellt, würde der Referenzzins die rückläufige Tendenz der vergangenen Jahre fortführen und 2029 erstmals das Niveau von 0,90% unterschreiten. Damit würden auch Verträge der Rechnungszinsgeneration nachreservierungspflichtig, die bis Ende 2021 noch im Neugeschäft angeboten wurden. Im Negativ-Szenario tritt dieser Fall bereits 2026 ein, im Positiv-Szenario würde sich der Referenzzins ab 2026 bei etwa 1,25% einpendeln.

Im Basis-Szenario ist die ZZR zu großen Teilen bereits finanziert

Mit Blick auf die daraus resultierende ZZR-Dotierung rechnet Assekurata im Basis-Szenario für die kommenden beiden Jahre mit einem Zuführungsbedarf von jeweils ca. 7 Mrd. Euro. Bereits bis 2026 würde der Gesamtbestand der ZZR auf über 120 Mrd. Euro ansteigen. „Bei einem Fortlaufen des aktuellen Zinsniveaus erreicht der ZZR-Bestand dann 2028 mit einem Volumen von rund 125 Mrd. Euro seinen Höchstwert“, sagt Heermann und ergänzt: „Mit dem aktuellen ZZR-Bestand von 97 Mrd. Euro wären also bereits knapp 78 % der Wegstrecke geschafft.“ (ad)

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