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28. April 2021
Auf dem Weg in die Top 20 der Versicherungsmakler

Auf dem Weg in die Top 20 der Versicherungsmakler

Die Grafenberg Gruppe setzt auf Wachstum und will ihre Expansion mit Zukäufen fortsetzen. Die Maklergruppe treibt die digitale Transformation voran, hat ein BU-Portal gekauft und konkrete Vorstellungen, was Digitalisierung im Industriegeschäft bedeutet, wie Jan Klimaschka, Head of Sales and Marketing, erläutert.

Herr Klimaschka, mittelständische Versicherungsmakler werden gerade von Investoren als lukratives Investment entdeckt. Wie beurteilen Sie die Entwicklungen am Markt?

Der Versicherungsmarkt ist seit jeher ein aktiver Verdrängungsmarkt. Wachstum kann in einem nahezu gesättigten Markt durch offensive Vertriebsarbeit, Innovationen, starke Positionierung oder Fusionen und Übernahmen, sogenannte M&A-Transaktionen, erfolgen. Der Reiz an den Übernahmen mittelständischer Makler, die im gleichen Tätigkeitsfeld agieren, liegt sicher darin begründet, dass sich die technische Infrastruktur auf einem gleichwertigen Stand befindet und die Kunden mit dem bestehenden Know-how weiter betreut werden können. Mit Übernahmen lassen sich jedoch auch Märkte erschließen, die vom übernehmenden Unternehmen vorher nicht bespielt wurden oder nicht bespielt werden konnten.

Auch innerhalb der Branche kommt es zu Übernahmen bzw. Verkäufen. Positioniert sich die Grafenberg Gruppe weiter als Bestands- bzw. Unternehmens­aufkäufer?

Für Grafenberg ist eine starke Positionierung am Markt wichtig, die es uns ermöglicht, auch ein anorganisches Wachstum fortzusetzen. Uns geht es nicht primär um Marktanteile, sondern um die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von innen heraus. Mit einer starken Versicherungsmaklergruppe gelingt es uns, Positionierungen zu festigen und gleichzeitig massiv in unsere IT-Infrastrukturen zu investieren, um auch für mittelständische Kunden das Beratungserlebnis in der Versicherungswelt neu zu definieren.

Neben all den Wachstumsplänen gilt zu beachten, dass eine Übernahme strukturiert, gut bedacht sein und Mehrwerte schaffen muss – für beide Maklerhäuser wie auch für jeden einzelnen Kunden.

Welche Herausforderungen gibt es dabei?

Jede theoretische Planung für eine Übernahme kann noch so gut sein: Der Livebetrieb ändert einen Großteil jeder hypothetischen Planung, sodass sich zeigt, wie agil ein Unternehmen auf unplanbare Herausforderungen reagieren kann.

Die größten Herausforderungen im Rahmen von Übernahmen sind in der Regel die schlagartig gestiegenen administrativen Aufgaben. Der administrative Mehraufwand rührt auch aus der Integration von Prozess- und IT-Landschaften. Maklerunternehmen sind individuell und tragen die teils jahrzehnte­langen Handschriften ihrer Geschäftsführer. So ist es kaum verwunderlich, dass Mitarbeiter langsam an die neuen Prozesse herangeführt werden müssen und die IT-Landschaft ebenfalls eine Integration braucht.

Die digitale Transformation haben Sie für Ihr Unternehmen angestoßen. Wie weit sehen Sie sich schon auf dem Weg?

Wir investieren jedes Jahr einen sechsstelligen Betrag in die Digitalisierung unserer Maklergruppe. Jegliches Handeln resultiert aus der Kreation einer einmaligen User Experience wie auch der Erleichterung des Arbeitsalltags unserer Kolleginnen und Kollegen. Es gibt viele Marktteilnehmer, die auf Investorengelder zurückgreifen können und damit ein deutlich höheres Budget in die Digitalisierung investieren können als ein Cashflow-finanziertes Unternehmen wie unseres.

Sie haben auch ein Internetportal gekauft, und zwar im Bereich der BU. Mit welcher Absicht erfolgte der Kauf?

Grafenberg bedient nicht nur Industrie- und Gewerbekunden, sondern auch Privatkunden und besitzt gleichzeitig eine lange Tradition in der Biometrieabsicherung. Mit dem vorhandenen Expertenwissen in diesem Segment strebten wir nach einer Lösung, die uns auch in diesem Bereich einen Vorsprung sichert. Für uns hat es oberste Priorität, unseren Vertrieb zu kanalisieren und unabhängig auszubauen.

Nach mehreren Gesprächen mit diversen Anbietern haben wir uns schlussendlich entschieden, die BU-Experten-Website berufsunfaehigkeitsversicherung-test-vergleich.com zu übernehmen.

Wie sieht es denn mit der Digitalisierung im Firmenkundenbereich aus? Die Wirtschaft fordert von Versicherern und Maklern neue Prozesse.

Wenn ich an die Digitalisierung des Industrie- und Gewerbebereiches denke, bedeutet Digitalisierung im 21. Jahrhundert für mich nicht das Vorhandensein digitaler Akten, digitaler Kundenordner per App, Algorithmen, Chatbots oder Ähnliches, sondern vielmehr den intelligenten Einsatz digitaler Unterstützung im Kundenverkehr sowie in der Schadenverhütung, Sensorik und einer vorausschauenden Instandhaltung. Für unsere Gewerbe- und Industriekunden möchten wir in der Zukunft KI-basierte Lösungen für die Effizienzsteigerung von Besichtigungen und Inspektionen anbieten. Konkret geht es um Techniken zur Inspektion von Windkraft- und Biogasanlagen. In beiden Bereichen sollen Drohnen zum Einsatz kommen, die auch Schaden­analysen durchführen können.

In der intelligenten Schadenverhütung von morgen geht es um die Schaden- und Störungserkennung, bevor die Gefahren entstanden sind. Hier helfen diverse Überwachungsmöglichkeiten mit Frühindikatoren, welche auf Big Data beruhen. Der Einsatz solcher KI-Überwachungssysteme lässt sich in einer Vielzahl an Branchen einsetzen, besonders dort, wo Feuerrisiken sich häufen.

Nun gehen Wachstum und auch digitale Transformation nicht immer reibungslos vonstatten. Vorhin hatten wir schon teilweise die Herausforderungen angesprochen. Was ging denn so richtig schief?

Ich erinnere mich gut an ein Szenario, welches unsere Zukunftsaktivitäten vor gut zwei Jahren nachhaltig geprägt hat. Eine Unternehmens- und Marketingagentur hatte die Geschäftsleitung dermaßen begeistert, dass wir deren Ratschlägen blind folgten und unsere Marketingaktivitäten auf zwei Kanäle reduzierten, die neben dem Hono­rar ebenfalls kostspielige Investitionen mit sich zogen. Nach drei unerfolgreichen Monaten zogen wir die Reißleine und nehmen seitdem die digitalen sowie strategischen Marketingaktivitäten selbst in die Hand.

Was lernt man aus diesen Fehlern für die Zukunft?

Mittlerweile haben wir für die Ausrichtung und Digitalisierung ein eigenes Board eingerichtet, welches die Bandbreite an Mitarbeitern aus der gesamten Grafenberg Gruppe darstellt. Vom Auszubildenden bis hin zur Geschäftsleitung bringt jeder seine Ideen ein, hinterfragt unseren aktuellen Stand kritisch und entwickelt gemeinsam die Zukunft.

Macht Ihnen die aktuelle Wirtschaftsentwicklung Sorge?

Am Anfang der Pandemie waren wir – wie sicherlich viele – etwas beunruhigt, da der Verlauf und die direkten Auswirkungen nicht vorstellbar waren. Wir nahmen die globale Krise zum Anlass, unser Geschäftsmodell weiter zu schärfen und besonders in der Krise in eine sichere Zukunft zu investieren. Mittlerweile blicken wir auf ein prosperierendes Jahr 2020 und umso positiver auf das neue Jahr 2021.

Und mit Blick auf die nächsten Jahre: Wo sehen Sie die Grafenberg Gruppe?

Die ersten Anzeichen deuten auf ein sehr erfolgversprechendes Jahr 2021 hin. Gleichzeitig haben wir uns auch für die nächsten Jahre einiges vorgenommen. So möchten wir unsere Expansionspläne weiter fortsetzen und weitere Niederlassungen mittels Übernahmen im südlichen und westlichen Teil Deutschlands gründen. Unser „GB digitalization competence program“ soll unseren Kunden ein neues Service- und Einkaufserlebnis im vollen Umfang liefern und damit Standards setzen. Das gemeinschaftliche Ziel und unser täglicher Antrieb innerhalb der Grafenberg Gruppe ist es, mittelfristig in die Top 20 der größten Versicherungsmakler Deutschlands aufzusteigen.

Das Interview mit Jan Klimaschka, Head of Sales and Marketing bei der Grafenberg AG, lesen Sie auch in AssCompact 04/2021, Seite 72 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Murrstock – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Jan Klimaschka