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19. Februar 2020
BAG: Schadensersatz für freiwillig geleistete Informationen

BAG: Schadensersatz für freiwillig geleistete Informationen

Ein Arbeitgeber, der eine freiwillige Informationsveranstaltung abhält, um über eine bAV aufzuklären, muss dafür sorgen, dass die Informationen vollständig und korrekt sind. Andernfalls muss er laut einem aktuellen Urteil des BAG Schadensersatz leisten.

Wenn man von einem Fachmann zu bAV-Lösungen beraten wird, erwartet man normalerweise, dass er die geltende Rechtsprechung zum Thema korrekt wiedergibt. Bei einem bis 2014 tätigen Arbeitnehmer, der mittlerweile in Rente ging, führte eine unrichtige Auskunft zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, die letztendlich vom Bundesarbeitsgericht (BAG) geklärt werden musste.

Freiwillige Informationsveranstaltung

Der Mann war bei einem Unternehmen beschäftigt, das einen Rahmenvertrag mit einer Pensionskasse zur bAV abgeschlossen hatte. Im April 2003 fand hierzu im Rahmen einer Betriebsversammlung eine Informationsveranstaltung statt, in der von einem Fachberater der örtlichen Sparkasse Chancen und Möglichkeiten der Entgeltumwandlung als Vorsorge bereitgestellt wurden.

Auszahlung als Einmalbetrag

Im September 2003 schloss der Mann, basierend auf den bei der Informationsveranstaltung zur Verfügung gestellten Informationen eine Entgeltumwandlungsvereinbarung mit Kapitalwahlrecht ab. Anfang 2015 ließ er sich seine Pensionskassenrente schließlich als Einmalbetrag auszahlen.

Seit 2003 beitragspflichtig

Aufgrund einer Gesetzesänderung des § 229 SGB im Jahre 2003 musste der Kläger jedoch für diesen Einmalkapitalbetrag Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichten. Darüber hatte ihn der Fachberater der Sparkasse jedoch nicht aufgeklärt. Auch nachträglich wurde er von seinem Arbeitgeber nicht über diese Änderung informiert.

Schadensersatzforderung an den Arbeitgeber

Mit einer Klage begehrte er von seinem ehemaligen Arbeitgeber, dass dieser ihm Schadensersatz in Form der Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge für die Falschberatung leisten müsse. Wenn er richtig informiert worden wäre, hätte er eine andere Ausgestaltung der Altersvorsorge gewählt, so der Kläger.

Prozessverlauf

Vor dem Arbeitsgericht wurde die Klage des Mannes abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht gab ihm im Berufungsverfahren jedoch recht. Da das Unternehmen in Revision vor dem BAG ging, musste der Fall höchstrichterlich geklärt werden.

Aufklärungspflicht über Gesetzesänderungen fraglich

Das BAG gab der Klage des Mannes statt. Es sei zwar nicht abschließend zu klären, ob der Arbeitgeber eine Verpflichtung hatte, den Mann über Gesetzesänderungen in der Zeit zwischen der Informationsveranstaltung und dem Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung aufzuklären, aber die ursprüngliche Information müsse richtig und vollständig sein.

Auch freiwillige Auskunft muss vollständig und richtig sein

Nach Ansicht des Gerichts sei dies jedoch nicht gegeben. Zwar waren alle zur Verfügung gestellten Informationen korrekt, aber über die Beitragspflicht zu Sozialversicherungen wurde während der Betriebsversammlung nicht informiert. Somit sei die Aufklärung des Arbeitgebers unvollständig gewesen. Dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet war, diese Informationen zur Verfügung zu stellen, sieht das Gericht als unerheblich an. Auch freiwillig erteilte Auskünfte des Arbeitgebers müssten richtig sein. (tku)

BAG, Urteil vom 18.02.2020, Az.: 3 AZR 206-18

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