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29. Februar 2024
Baugenehmigungen 2023 auf niedrigstem Stand seit elf Jahren
Industrial construction crane with a sunrise in the background.

Baugenehmigungen 2023 auf niedrigstem Stand seit elf Jahren

Im vergangenen Jahr wurde in Deutschland der Bau von 260.100 Wohnungen genehmigt. Laut Statistischem Bundesamt sind das 26,6% weniger als 2022 und so wenige wie seit 2012 nicht. Verbände der Immobilienbranche weisen erneut auf den Ernst der Lage hin und appellieren an die Politik.

Die Zahl genehmigter Wohnungen ist im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um 94.100 auf 260.100 Wohnungen gesunken. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand vorläufiger Ergebnisse weiter mittelt, waren das 26,6% weniger als im Jahr 2022. Der Wert markiert den niedrigsten Stand seit dem Jahr 2012, als der Bau von 241.100 Wohnungen genehmigt wurde.

Die Zahlen beinhalten sowohl die Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch in bestehenden Gebäuden. Wie die Statistiker anmerken, stellt die Zahl der Baugenehmigungen einen wichtigen Frühindikator für die zukünftige Bauaktivität dar, da Baugenehmigungen geplante Bauvorhaben darstellen. Zum Rückgang der Bauvorhaben im Jahr 2023 dürften dem Statistischen Bundesamt zufolge unter anderem gestiegene Baukosten sowie verschlechterte Finanzierungsbedingungen beigetragen haben.

Entwicklung das ganze Jahr über negativ

Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen war 2023 durchweg in allen Monaten niedriger als im jeweiligen Vorjahresmonat. Besonders stark waren die Rückgänge mit Veränderungsraten von über 30% in den Monaten April, Juli und August. Aber auch im Dezember 2023 ist die Zahl mit -35,1% gegenüber Dezember 2022 stark gesunken.

Neubau: Weniger Privatpersonen stellten Bauanträge

Im vergangenen Jahr wurden in neu zu errichtenden Wohngebäuden 214.000 Wohnungen genehmigt. Das waren 29,7% Neubauwohnungen weniger als 2022. Rund 93% der Bauanträge für Wohnungen in Neubauten kommen hierzulande von Firmen und Privatpersonen, wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt. Im Jahr 2023 gingen 20,3% weniger Anträge von Unternehmen ein. Von Privatpersonen wurden 81.300 Baugenehmigungen gestellt und somit 42,2% weniger als im Jahr zuvor.

Deutlich weniger Genehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser

Blickt man auf die Gebäudearten, so weisen vor allem Einfamilienhäuser mit -39,1% und Zweifamilienhäuser mit -48,3% besonders starke Rückgänge auf. Die Zahl der Genehmigungen für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, die überwiegend von Unternehmen gebaut werden, ist um rund ein Viertel gesunken.

Auch weniger Bauvorhaben bei Nichtwohngebäuden

Wie die Zahlen des Statistischen Bundesamts weiter zeigen, hat auch die Zahl der Baugenehmigungen bei Nichtwohngebäuden im Jahr 2023 stark abgenommen. Nichtwohngebäude sind beispielsweise Fabrikgebäude und Lagerhallen, Büro- und Verwaltungsgebäude oder landwirtschaftliche Betriebsgebäude. Den zentralen Indikator zur Messung der Bauaktivität bildet hier der umbaute Raum. So verringerte sich bei den genehmigten Nichtwohngebäuden der umbaute Raum im Vergleich zum Jahr 2022 um 15,7% auf 199,5 Mio. m3. Das war der niedrigste Wert seit 2015.

GdW: Regierung muss beim Wohnungsbau „endlich Gas geben“

Verbände der Bau- und Immobilienbranche weisen abermals auf den Ernst der Lage beim Wohnungsbau hin und appellieren an die Politik. So sagt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW: „Der massive Einbruch bei den Baugenehmigungen im Jahr 2023 spricht eine eindeutige Sprache: Wir befinden uns in einer tiefen Wohnungsbaukrise.“ Die bislang von der Regierung eingeleiteten Maßnahmen seien zu wenig und würden zu langsam wirken. „Das zarte Pflänzchen der zusätzlichen Milliarde an Förderung für klimafreundlichen Neubau ist zwar ein guter erster Schritt, wird aber erst mittelfristig wirken und reicht insgesamt nicht aus. Deshalb muss die Regierung beim Wohnungsbau endlich Gas geben“, so Gedaschko weiter. Er fordert ein groß angelegtes Zinsförderprogramm für bezahlbaren Wohnungsbau.

BFW: „Krise nur durch konsequentes Handeln abzubremsen“

Der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen ruft angesichts der abermals gesunkenen Baugenehmigungszahlen alle Beteiligten in Bund und Ländern zu verantwortungsvollem Handeln auf. „Die Katastrophenszenarien aus dem vergangenen Jahr sind von der Wirklichkeit noch übertroffen worden. Wir wussten, was auf uns zukommt und dann kam es doch noch viel schlimmer“, unterstreicht BFW-Präsident Dirk Salewski. Nach dem kompletten Förderstopp Anfang 2022 habe sich die Situation immer weiter verschlechtert. „Auch aus den erteilten Baugenehmigungen werden häufig keine Baustellen mehr“, so Salewski weiter.

Er appelliert wie viele Branchenvertreter unter anderem, dass Bauen günstiger und damit bezahlbarer werden müsse. „Was wir sofort benötigen, sind die versprochenen steuerlichen Entlastungen, mit denen verlässlich kalkuliert werden kann, und eine auskömmliche KfW-Förderung für einen realistischen, einfachen Standard“, sagt der BFW-Präsident. Die Branche warte seit Oktober auf die degressive AfA (Absetzung durch Abnutzung).

ZiA verweist auf Wachstumschancengesetz

Auch Dr. Andreas Mattner, der Präsident des Zentralen Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA), verweist auf das Wachstumschancengesetz, das die befristete Wiedereinführung der degressiven AfA für den Wohnungsneubau vorsieht.

Der Bundestag hatte das Wachstumschancengesetz im November beschlossen. Der Bundesrat hatte dem Vorhaben aber nicht zugestimmt. Im Februar war das Wachstumschancengesetz Thema im Vermittlungsausschuss, der am 21.02.2024 etliche Änderungen vorgeschlagen hat, die vom Bundestag am 23.02.2024 bestätigt wurden. Nun steht das Gesetz am 22.03.2024 wieder im Bundesrat auf der Agenda.

Die Entscheidung zum Wachstumschancengesetz im Bundesrat sei „die nächste Gelegenheit der politisch Verantwortlichen zu zeigen, dass sie die Signale verstanden haben“, erklärt ZIA-Präsident Dr. Mattner. Es sei „absolut unverzichtbar“, dass die vom Bund gewünschten steuerlichen Anreize mit der degressiven AfA kommen. Die Länder dürften sich diesem Push für Wohnungsbau nicht verweigern, so Mattner. Auch ein temporärer Verzicht auf die Grunderwerbsteuer und auf kommunale Abschöpfungen beim Wohnungsbau wären dem ZiA-Präsidenten zufolge nun Schritte, die grundlegende Veränderung bringen würden. (tik)

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