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28. September 2022
bAV: Aktuare warnen vor Ungleichbehandlung

bAV: Aktuare warnen vor Ungleichbehandlung

Während die Betriebsrenten und bAV-Anwartschaften älterer Beschäftigter inflationsgeschützt sind, ist dies bei der jüngeren Generation nicht der Fall. Aktuare haben nun vor einem Anwachsen der Versorgungslücke gewarnt. Doch wie könnte die Lösung der Ungleichbehandlung aussehen?

Angesichts der galoppierenden Inflation in Deutschland haben die Aktuare vom Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e. V. (IVS) – ein Institut unter dem Dach der Deutschen Aktuarvereinigung e. V. (DAV) – vor einer Benachteiligung der jungen Generationen in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) gewarnt. Die Hauptursache: Während laufende Betriebsrenten und die Anwartschaften älterer Beschäftigter (über 50-Jähriger) von Gesetzes wegen zumeist gut gegen eine inflationsbedingte Geldentwertung geschützt sind, ist dies bei Anwartschaften der jüngeren Bevölkerung häufig nämlich nicht mehr der Fall. Die Aktuare befürchten daher auch in der bAV das Aufkommen eines weiteren Generationenkonflikts wie beim Thema Rente und Altersversorgung.

Laufende Betriebsrenten zumeist gut gegen Inflationsdruck geschützt

Grundsätzlich seien Arbeitgeber per Gesetz dazu verpflichtet, spätestens alle drei Jahre die Höhe der laufenden Betriebsrenten zu prüfen und nach billigem Ermessen anzuheben, erläuterten nun die Aktuare im Rahmen eines Pressegesprächs. Werden Renten an den Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) oder die Nettolohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen angepasst, entfällt diese Prüfungspflicht. Für Zusagen, die nach 1998 erteilt wurden, besteht zudem die Möglichkeit, der Anpassungsprüfungspflicht zu entgehen, wenn die laufenden Renten jedes Jahr um 1% angehoben werden. In der Praxis unterliegen laut IVS geschätzt 70% der laufenden Betriebsrenten der VPI-Anpassungsregelung und sind insofern inflationsgeschützt.

Kein vergleichbarer Inflationsschutz für Anwartschaften auf bAV

Allerdings: Ein vergleichbarer Inflationsschutz besteht für Anwartschaften auf bAV unter der jüngeren Bevölkerung nicht. Endgehaltsabhängige Systeme, die einen gewissen Inflationsschutz durch die Entgeltdynamisierung gewähren, kommen in der Praxis kaum noch vor. Stattdessen dominieren bAV-Modelle in Form einer beitragsorientierten Leistungszusage, bei denen der Beitrag gehaltsabhängig festgelegt ist. Diese bAV-Modelle bieten aber allenfalls einen eingeschränkten Inflationsschutz über die Gehaltsentwicklung, die sich noch dazu nur auf zukünftige Anwartschaftszuwächse auswirkt.

Durch hohe Inflation droht Verlust der Absicherung

Durch die hohe Inflation werden die jungen Generationen nun aber von drei Seiten in die Zange genommen: Die in der Vergangenheit erworbenen Anwartschaften und Ansprüche würden real entwertet. Gleichzeitig nehme auch der Druck zu, zugunsten finanzieller Spielräume die Einzahlungen zu kürzen. Und schließlich müssten bei unvollständigem Inflationsausgleich auf das Gehalt Kaufkraftverluste hingenommen werden, die die Fähigkeit zur privaten Vorsorge zusätzlich begrenzten. Das gute Versorgungsniveau der heutigen Rentner sei daher für die jüngeren bAV-Anwärter faktisch nicht mehr erreichbar, resümiert man daher beim IVS. Und diese Versorgungslücke werde noch dazu erst in 20 oder 30 Jahren sichtbar werden. Laut den Aktuaren vom IVS besteht also Handlungsbedarf in der bAV.

Aktuare fordern Nachhaltigkeitsmechanismus

Vor diesem Hintergrund hat das IVS die Einführung eines sogenannten „Nachhaltigkeitsmechanismus“ gefordert. Ziel solle sein, die begrenzten Mittel in der bAV im Sinne eines Generationenausgleichs gerechter zu verteilen. Denkbar wäre die Ergänzung der gesetzlichen Anpassungsverpflichtung um eine Option für den Arbeitgeber zur Begrenzung der Anpassungshöhe – etwa durch die Einführung einer Anpassungsbemessungsgrenze für laufende Renten. „Konkret würden die laufenden Renten dann nur noch bis zu einem bestimmten Betrag, zum Beispiel 1/6 der monatlichen Bezugsgröße nach dem Vierten Sozialgesetzbuch an den VPI angepasst, wohingegen die Anpassung für darüber hinausgehende Rententeile deutlich reduziert werden könnte“, schildert Stefan Oecking, stellvertretender Vorsitzender des IVS.

Umverteilung gelingt nur mit Commitment der Arbeitgeber

Allerdings gelänge die Umverteilung nur, wenn sich die Arbeitgeber im Gegenzug dazu verpflichten würden, die dadurch eingesparten Mittel zur Finanzierung zusätzlicher bAV für die jüngere Generation einzusetzen. Das könnte nach Vorschlag der Aktuare zum Beispiel durch kollektivrechtliche Regelungen im Rahmen der Mitbestimmungspflicht durch eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag geschehen. Die Erklärung, wie das bei schwindender Tarifbindung und kaum vorhandenen Betriebsvereinbarungen erfolgen solle, blieben die Aktuare den anwesenden Pressevertretern dann allerdings schuldig. (as)

Bild: © Mucahiddin – stock.adobe.com