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21. September 2019
bAV heute – Unterschiedliche Lösungen je nach Zielgruppe

bAV heute – Unterschiedliche Lösungen je nach Zielgruppe

Immer mehr Kunden wollen ihre bAV-Beiträge nicht langfristig in gering verzinste Altersvorsorgeprodukte investieren. Die Nachfrage nach rein fondsgebundenen Tarifen wächst. Jedoch ist der Verzicht auf Garantien bislang nicht konsequent gesetzlich verankert. Die Beratung zu chancenorientierten Produkten bietet Vermittlern Potenzial, doch auf Fallstricke ist zu achten.

Von Simson Heiß, Aktuar (DAV) und Prokurist der Helvetia schweizerische Lebensversicherungs-AG

Das Zinsniveau wird sich kurz- und mittelfristig nicht maßgeblich verändern. Kunden suchen deshalb zunehmend nach tatsächlich renditeorientierten Produktlösungen. Garantien stehen dabei nicht mehr grundsätzlich im Vordergrund. Viele Vermittler projizieren die Beratung mit Chancen-Risiko-Klassen auch auf ihre bAV-Beratung und erkennen, dass die meisten vermeintlich renditestarken Produktlösungen nicht über die Klassen 1 bis 3 hinauskommen. Dies verdeutlicht den Spagat zwischen Garantien und den Renditeanforderungen der Kunden. Umso mehr ist eine Identifikation von Zielgruppen sinnvoll, die nicht an renditeschwache Produkte aus den unteren Chancen-Risiko-Klassen gebunden sind, sondern im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten chancenorientierte Produkte abschließen können.

Potenzial für Vermittler

Für Vermittler stellt sich einerseits die Frage, welche Fallstricke dabei zu beachten sind und wie eine rechtssichere Umsetzung gestaltet werden kann. Andererseits eröffnet sich den Vermittlern durch die Auseinandersetzung mit diesen Themengebieten die Chance, sich mit maßgeschneiderten Produktlösungen vertrieblich kompetent zu positionieren und damit den Kunden einen großen Mehrwert anbieten zu können. Ihre Kunden erhalten die Möglichkeit, Produkte auszuwählen, deren realistische Renditen oberhalb der Inflation liegen, und auf diese Weise überhaupt den klassischen Gedanken eines ratierlichen Sparprozesses für die Altersvorsorge mit Zins- und Zinseszinsen umzusetzen.

Folgendes Beispiel verdeutlicht, warum Renditen oberhalb der Inflation in den unteren Chancen-Risiko-Klassen derzeit nicht mehr selbstverständlich sind und sich Kundenerwartungen häufig nicht erfüllen: Zahlt ein Kunde einen Monatsbeitrag in Höhe von 100 Euro, so müssten beim aktuellen Garantiezins von 0,9% und einer Laufzeit von 30 Jahren vom ersten Beitrag immerhin 76 Euro sicher angelegt werden, um durch die Verzinsung zum Ende der Laufzeit die 100 Euro Bruttobeitrag zu garantieren. Da in den ersten fünf Jahren Abschlusskosten von zum Beispiel 15 Euro vom Beitrag abzuziehen sind, bleiben gerade noch 9 Euro abzüglich der Verwaltungskosten, um sie frei anzulegen.

Nach fünf Jahren entfallen zwar die Abschlusskosten, jedoch wird die Restlaufzeit immer kürzer, sodass beispielsweise zehn Jahre vor Ablauf bereits über 91 Euro notwendig sind, um mittels des aktuellen Garantiezinses zum Ablauf auf die 100 Euro zu kommen. Auch von den nun wiederum verbleibenden 9 Euro sind noch Verwaltungskosten abzuziehen. Angesichts dieser geringen Investitionsquote erscheinen für Hochrechnungen gerne verwendete Wertentwicklungen von 5% oder 6% pro Jahr utopisch. Entsprechend zeigt die aktuelle Praxis, dass Hybridprodukte und Indexpolicen inzwischen sowohl bei den Kunden als auch bei den Versicherern aufgrund enttäuschter Erwartungen zunehmender Kritik ausgesetzt sind.

Das Garantie-Problem

Auch die Politik hat zwischenzeitlich erkannt, wie erheblich Garantien im aktuellen Zinsumfeld die Renditechancen mindern. In der betrieblichen Altersvorsorge wird dieser Erkenntnis folgend im neuen Sozialpartnermodell ausdrücklich auf Garantien verzichtet. Die Umsetzung in die Praxis scheitert derzeit allerdings an anderen Problemfeldern, die das Sozialpartnermodell ansonsten beinhaltet. In der alten bAV-Welt ist dagegen bisher noch kein konsequenter Verzicht auf Garantien gesetzlich verankert. Produktanbieter nutzen rechtliche Spielräume, um beispielsweise im Bereich der Direktversicherung in gewissen Konstellationen auf bis zu 50% der Beitragssumme abgesenkte Garantien anzubieten.

Tarife ohne Garantien

Da immer mehr Kunden ihre Beiträge zu schade sind, um sie langfristig in gering verzinste Altersvorsorgeprodukte zu investieren, besteht auch kundenseitig eine stark zunehmende Nachfrage nach rein fondsgebundenen Tarifen. Entsprechend ist Helvetia bestrebt, diesen Kundenwünschen für so viele Zielgruppen wie möglich nachzukommen. Bereits seit einigen Jahren bietet Helvetia für Schweizer Grenzgänger Direktversicherungstarife ohne Garantien an. Schweizer Grenzgänger sind aufgrund ihrer Auslandstätigkeit nicht an das Betriebsrentengesetz gebunden, haben aber per Abkommen die Möglichkeit, mit Zustimmung des Schweizer Arbeitgebers steuerfreie Beiträge in eine zweckgebundene Direktversicherung einzuzahlen.

Ebenfalls ist es für beherrschende Geschäftsführer einer GmbH und deren mitarbeitende Angehörige möglich, bei Helvetia Tarife ohne Garantien abzuschließen. Sie müssen dazu dokumentieren, dass sie ganz bewusst auf Garantien verzichtet haben und auch auf betrieblicher Ebene gezielt renditeträchtige Produkte für ihre Altersvorsorge einsetzen wollen.

Grundsätzlich besteht die Nachfrage nach solchen Produkten selbstverständlich auch bei anderen Arbeitnehmern. Helvetia nimmt insbesondere im Jahr 2019 einen starken Anstieg dieses Bedarfes und der entsprechenden Anfragen wahr. Bei genauer Betrachtung des Sachverhaltes erstaunt dies nicht: Gerade Arbeitnehmer mit geringem bis durchschnittlichem Einkommen benötigen zum Schließen ihrer Rentenlücken aufgrund der relativ geringen Beitragshöhen zumeist Renditen von mindestens 5% p. a. Dies wird ihnen durch vermehrt angebotene, inzwischen häufig online verfügbare Rentenrechner auf einfache Weise vor Augen geführt. Dieser Zielgruppe auch in der alten bAV-Welt den Zugang zu adäquaten bAV-Produkten zu verschaffen, dürfte in den nächsten Jahren ein zentrales Thema der Politik sein und erscheint unausweichlich, um einer steigenden Altersarmut entgegenzuwirken.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass bAV-Tarife ohne Garantien vielerseits gewünscht, jedoch bisher nicht konsequent gesetzlich verankert sind. Helvetia bietet deshalb – dem im aktuellen gesetzlichen Umfeld folgerichtigen Wunsch vieler Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsprechend – weiterhin einen echten Klassiktarif an: Helvetia WorkLife Direct Classic. Dieser Tarif bietet im Marktvergleich der ohnehin nicht mehr bei vielen Versicherern erhältlichen Klassiktarife ein hohes garantiertes Kapital und eine hohe garantierte Rente. Neben dieser Variante versucht Helvetia für so viele Zielgruppen wie möglich renditestarke Produkte anzubieten und rechtssicher umzusetzen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in der AssCompact 09/2019 auf Seite 42f. und in unserem ePaper.

Über Trends rund um bAV und bKV informiert das AssCompact Wissen Forum „betriebliche Versorgung“ am 24.09.2019 in Kassel. Alles Wissenswerte zur Veranstaltung finden Sie hier.

Bild oben: © peterschreiber.media – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Simson Heiß