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20. Januar 2021
bAV in Krisenzeiten – Das erwartet die ERGO

bAV in Krisenzeiten – Das erwartet die ERGO

In der Corona-Krise bewegt sich auch der Vertrieb betrieblicher Altersversorgung in schwierigem Fahrwasser. Was sich die ERGO vom bAV-Geschäft 2021 erwartet und ob die 100%-ige Beitragsgarantie schon angezählt ist, dazu hat AssCompact nachgefragt bei den ERGO-Vorständen Jan Niebuhr und Markus Krawczak.

Herr Niebuhr, aufgrund der Corona-Krise ist damit zu rechnen, dass etlichen Firmen die Luft ausgehen wird. Nimmt dies nun wiederum der betriebliche Altersversorgung (bAV) den Wind aus den Segeln?

Jan Niebuhr: Die Pandemie trifft einige Branchen wie die Gastronomie, Kultureinrichtungen und die Automobilzulieferung besonders hart. Darüber sind wir uns bewusst. In dieser schwierigen Zeit haben wir unseren Kunden und Vertriebspartnern mit adressatengerechten Informationsschreiben und praxisorientierten FAQs rund um Kurzarbeit und die Auswirkungen auf die betriebliche Altersversorgung mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Es ist insofern verständlich, dass die bAV aktuell bei vielen Betrieben nicht ganz oben auf der To-do-Liste steht. Einen rückläufigen Trend sehen wir jedoch nicht. Im Gegenteil, wir stellen nach wie vor ein großes Interesse an unseren Produkten fest. Schließlich wird das Thema bAV die Unternehmen auch in Zukunft weiter beschäftigen. Denken Sie nur daran, dass die Rückstellungen für Pensionszusagen im aktuellen Niedrigzinsumfeld stets weiter steigen. Hier sind Lösungen wie Auslagerungsmodelle durchaus gefragt.

Was erwarten Sie also für die bAV – konkret auch für das künftige Neugeschäft?

Jan Niebuhr: Im letzten Jahr verzeichneten wir trotz Pandemie ein stabiles bAV-Neugeschäft. Das stimmt uns zunächst einmal optimistisch, was die Zukunft angeht.

Markus Krawczak: Es gibt ja auch Unternehmen und Branchen, die von Corona nur am Rande betroffen sind und in Teilen sogar profitieren. Denken Sie nur an den IT- und Logistik-Sektor. Gerade hier sind wir als ERGO sehr gut vernetzt und haben in den vergangenen Jahren unsere Kundenbeziehungen ausgebaut. Für dieses Jahr erwarten wir eine Erholung der Wirtschaft insgesamt. Dann wird auch die bAV im Neugeschäft profitieren – Bedarf und Interesse sind schließlich weiterhin akut und Nachholeffekte werden sich einstellen.

Herr Krawczak, gerade kleine und mittelständische Gewerbetreibende sind eine interessante Zielgruppe für Vermittler. Doch wie lassen sich Arbeitgeber mit Mitarbeitern in Kurzarbeit nun für das Thema Betriebsrente erwärmen?

Markus Krawczak: Arbeitgeber, deren Mitarbeiter in Kurzarbeit sind, werden in der aktuellen Situation sicher nur schwer davon zu überzeugen sein, eine bAV abzuschließen. Und das ist auch mehr als verständlich. Aber Unternehmen, die bereits eine bAV für ihre Belegschaften installiert haben, beschäftigt die Frage: Was passiert mit der vorhandenen bAV? Hier haben wir unsere Vertriebspartner mit den nötigen Informationen versorgt und gleichzeitig Möglichkeiten aufgezeigt, den Unternehmen zu helfen. Darin liegt aktuell unser Fokus.

Wie sieht diese Unterstützung konkret aus?

Markus Krawczak: Wir haben bereits zu Beginn der Pandemie und der einsetzenden Kurzarbeit für die Makler umfangreiche Informationen und Materialien zur Verfügung gestellt, um die Kunden bestmöglich durch diese schwierige Zeit zu begleiten. Auch zielgerichtete Überbrückungslösungen für nachvollziehbare Zahlungsschwierigkeiten bieten wir an. Bei Bedarf bieten wir Maklern auch Unterstützung bei der Kundenberatung „vor Ort“ an.

Umfragen zufolge sorgte die Corona-Krise für Bedenken, was die Sicherheit der Betriebsrenten angeht, befeuert durch Meldungen von Pensionskassen in finanzieller Schieflage. Gilt es für Vermittler und Versicherer in diesem Punkt noch mehr Aufklärungsarbeit zu leisten?

Jan Niebuhr: Das Vertrauen in eine sichere Betriebsrente ist eine wesentliche Basis für die bAV. Um dies zu gewährleisten gibt es ein umfangreiches Netz aus Sicherungsmechanismen wie die Protektor AG und den Pensions-Sicherungs-Verein aG (PSV). Der Einbezug von bestimmten Pensionskassen, die bisher weder durch Protektor noch durch den PSV gesichert waren, ist aus meiner Sicht folgerichtig.

Markus Krawczak: Aus vertrieblicher Sicht spielen diese häufig unternehmenseigenen Pensionskassen typischerweise eine untergeordnete Rolle. Trotzdem haben wir unsere Vertriebe über die neuen Sicherungsregeln für diese Kassen informiert.

Wie man hört, gibt es auch bei der ERGO Überlegungen, sich von der Beitragsgarantie in der Lebensversicherung zu verabschieden. Was bedeutet dies für bAV-Lösungen mit 100%-iger Beitragsgarantie?

Jan Niebuhr: In diesem Jahr werden wir auch weiterhin die volle Bruttobeitragsgarantie anbieten. Das bietet hervorragende Chancen, insbesondere bei sicherheitsorientierten Arbeitgebern und deren Mitarbeitern. Sollte es in Zukunft zu einer Senkung des Höchstrechnungszinses kommen, wie vom DAV vorgeschlagen, wird dies Auswirkungen auf die gesamte Lebensversicherungsbranche haben, wovon natürlich auch wir bei ERGO betroffen wären. In der betrieblichen Altersversorgung gibt es aus diesem Grund bereits Initiativen zur Absenkung des Garantieniveaus für die beitragsorientierte Mindestzusage.

Weniger Garantien dürften für das das bereits angesprochene angekratzte Vertrauen in die bAV nicht unbedingt förderlich sein. Und die Beratung dürfte es erschweren.

Jan Niebuhr: Wie gesagt, bis auf Weiteres gibt es bei uns weiterhin die einhundertprozentige Beitragsgarantie. Und das sehen wir in der Tat auch als vertrauensbildende Maßnahme für Makler und Kunden. Wir halten es aber auch für sachgerecht, über ein ausgewogenes Verhältnis von Garantien und Partizipationschancen die Akzeptanz in betriebliche Versorgungslösungen langfristig zu stärken.

Zudem heißt es ja auch, das Sozialpartnermodell komme unter anderem wegen fehlender Sicherheit so zäh voran. Wie ist Ihre Einschätzung?

Jan Niebuhr: Dass im Rahmen des Sozialpartnermodells keine klassischen Garantien gegeben werden dürfen, ist sicherlich ungewohnt bei einer bAV und lässt eine gewisse Zurückhaltung erklären. Ein weiterer Punkt dürfte jedoch sein, dass die reine Beitragszusage zwingend einen Tarifvertrag voraussetzt. Die Betriebspartner alleine können ein Sozialpartnermodell nicht einführen. Dies erschwert insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen den Zugang zu einem Sozialpartnermodell, da diese regelmäßig auf die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften angewiesen bzw. häufig gar nicht tarifgebunden sind.

Lassen Sie uns noch einen Blick auf das Thema Prozesse und Verwaltung werfen.
Corona hat sich als Digitalisierungsmotor für die Branche entwickelt. Lassen sich mit digitalen Prozessen Hürden in Betrieben, eine bAV anzubieten, denn tatsächlich senken?

Jan Niebuhr: Ja. Sicher ist es so, dass die bAV – auch in größeren Versorgungswerken – noch vielfach eher traditionell beraten und verwaltet wird. Aber wir sind mitten in einer deutlichen digitalen Umorientierung. Hier sind vor allem mittelständische Betriebe häufig Vorreiter – die Pandemie leistet hier natürlich ihren Beitrag. Digitale Beratung und Antragstellungen ebenso wie ein unkomplizierter Austausch zwischen Firma, Makler und Versicherer werden honoriert und sind längst mehr als ein Hygienefaktor. Deshalb intensiviert ERGO sehr bewusst die Investition in die Digitalisierung und Vereinfachung von bAV-Prozessen.

Herr Krawczak, in einem Interview mit AssCompact vor etwas über einem Jahr haben Sie angekündigt, die digitalen Schnittstellen in der bAV weiter ausbauen zu wollen. Wie ist denn hier der Stand?

Markus Krawczak: Hier sind wir komplett im Plan. Die angekündigten Anbindungen in xbAV und smart!bAV sind produktiv und können von unseren Partnern genutzt werden. Mit weiteren Dienstleistern stehen wir im Austausch. Die angekündigten Prozessvereinfachungen werden aktuell umgesetzt und stehen 2021 zur Verfügung. Einen Sprung werden wir auch bei den BiPRO-Normen in diesem Jahr machen. Wir rechnen relativ zeitnah mit spürbaren Verbesserungen für unsere Partner.

Ende 2019 haben wir Sie außerdem nach Ihrem Wunschfazit gefragt, wenn wir uns nach zwölf Monaten wieder sprechen würden. Sie sagten damals, sie wollten auf dem Weg hin zur Top-Alternative zu bekannten Maklerversicherungen ein gutes Stück vorangekommen sein. Wie weit sind Sie also gekommen? Und auf welche Strategie setzen Sie für dieses Jahr?

Markus Krawczak: Wir wollten bis Ende 2020 ein gutes Stück vorankommen – das haben wir geschafft. Mit der Einführung unserer neuen Tarifierungssoftware in Leben sowie der neuen und hervorragend im Markt positionierten BU haben wir eine klare Botschaft hinterlassen. Die Rückmeldungen sowie die Ergebnisse zeigen, dass der Markt uns Vertrauen schenkt. Darauf werden wir 2021 aufbauen. Fragen Sie mich also gerne in zwölf Monaten wieder.

Jan Niebuhr ist Mitglied des Vorstands der ERGO Vorsorge Lebensversicherung AG, verantwortlich für betriebliche Altersversorgung, sowie Vorsitzender des Vorstands der ERGO Pensionsfonds AG und Markus Krawczak ist Mitglied des Vorstands ERGO Vorsorge Lebensversicherung AG, verantwortlich für Maklervertrieb Leben.