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12. Juli 2023
Berufshaftpflicht: Studie sieht Wandel von Haftungsrisiken

Berufshaftpflicht: Studie sieht Wandel von Haftungsrisiken

Technologischer Wandel oder eine verschärfte Regulierung verändern gegenwärtig das Risikoumfeld für Freiberufler und Selbstständige. Was bedeutet das daher für die Berufshaftpflicht? Eine Studie des Industrieversicherers AGCS hat sich mit den Trends der Haftungsrisiken dieser Berufsgruppe beschäftigt. Ergebnis: Cyber und Gebäude hoch, KI noch vergleichsweise gering.

Im Bereich der Berufshaftpflicht sind einige Berufsgruppen je nach Risiko und Art ihrer Tätigkeit stärker gefährdet als andere. Doch mit technologischem Wandel oder einer verschärften Regulierung verändern sich die Risikolandschaften für freiberuflich bzw. selbstständig Tätige. Architekten und Ingenieure könnten etwa bei Bau- und Brandschutzmängeln stärker in den Fokus geraten. Und der Einsatz von KI-Tools durch Anwälte bei der Vorbereitung von Kundenfällen könnte zu fehlerhaften Schriftsätzen führen.

Haftungsrisiken bei Cyber und Gebäude besonders hoch

Eine aktuelle Studie des global tätigen Industrieversicherers Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) hat nun diejenigen Trends identifiziert, die das künftige Risikoumfeld in der Berufshaftpflicht bestimmen werden. Bewertungskriterien waren dabei die erwarteten Auswirkungen, potenzielle Schadensursachen und Möglichkeiten der Risikominderung.

Laut AGCS-Studie werden Haftungsrisiken bei Freiberuflern und Selbstständigen infolge von Cyberangriffen oder durch die Gefährdung der Gebäudesicherheit derzeit am höchsten eingestuft. Konkret erwarten die Analysten bei diesen beiden Risiken in Zukunft eine deutliche Auswirkung auf Dienstleister und einen vergleichsweise schweren Schadenverlauf. So könnten sich etwa in Großbritannien, aber auch weltweit, verlängerte Haftungsfristen für Bau- und Brandschutzmängel neue Rechtsansprüche gegen Hersteller und Zulieferer nach sich ziehen. Damit einher ginge zudem ein potenzieller Dominoeffekt auf alle an einem Bauprojekt beteiligten Fachleute wie Architekten, Ingenieure, Planungs- und Bauunternehmen.

Cyber: Achtung vor „Hacker-for-Hire“

Bei Cyberangriffen wiederum seien laut AGCS Dienstleister besonders gefährdet, weil sie geschützte Kundendaten oder geistiges Eigentum besäßen oder verarbeiteten. Cyber-Schadenursachen, die für alle Berufsgruppen gelten, sind Phishing- und Spoofing-Betrug, Lieferkettenrisiken Dritter, Ransomware oder Malware, das Fehlen ausreichender Systeme sowie Kontrollmöglichkeiten und auch Datenverlust. Der Bericht warnt in diesem Zusammenhang auch vor nicht unmittelbar damit einhergehenden Risiken wie dem Eingreifen von Datenschutzbehörden, was wiederum beträchtliche Geldstrafen zur Folge haben könnte.

Eine besonders gefährliche Rolle spielen außerdem sogenannte „Hacker-for-Hire“. Dabei handelt es sich um Cyber-Söldner, die beauftragt werden können, eine eigene Beteiligung an einem Cyberangriff zu vertuschen. Diese Kriminellen hätten es der Studie zufolge zunehmend auf Anwaltskanzleien abgesehen, um illegal an vertrauliche oder geschützte Daten zu gelangen, die vor Gericht eine Rolle spielen könnten.

Sanktionsgesetzgebung und Inflation beeinflussen Risiken

Auf Rang 3 der untersuchten Risikotrends stehen geopolitische, wirtschaftliche und marktbezogene Unwägbarkeiten. Hier erwarten die AGCS-Analysten im Gegensatz zu Cyber und Gebäudesicherheit in den kommenden Jahren eher moderate Auswirkungen und mittelschwere Schäden. Dennoch könnten sich für Dienstleister Risiken aus der sich schnell entwickelnden Sanktionsgesetzgebung infolge des Russland-Ukraine-Krieges ergeben. Bau- und Planungsfachleute wiederum könnten von Ansprüchen durch Lieferkettenstörungen und verzögerten Projekten betroffen sein.

Die anhaltend hohe Inflationsdynamik erzeugt dem Bericht zufolge wiederum insolvenzbezogene Risiken für Wirtschaftsprüfer und Insolvenzverwalter, Ansprüche von Kreditgebern gegenüber Anwälten und Gutachtern sowie Ansprüche aus der Sorgfaltspflicht gegenüber Anwälten und Buchhaltern.

Was passiert bei KI-Anwendungen?

Am unteren Ende der AGCS-Risikoskala steht dagegen noch der Einsatz neuer Technologien wie KI-Tools. Entsprechend erwartet der Bericht hier lediglich geringe Schäden. Dennoch sollten die Gefahren nicht unterschätzt werden, meint Diego Assef, Leiter der Global Practice Group, Professional Indemnity (PI) Claims bei AGCS: „KI hat zwar das Potenzial, Risiken zu verringern, doch mit der rasanten Entwicklung der technologischen Lösungen steigen die potenziellen Schadenfaktoren. Dazu gehören Fragen des Datenschutzes, des Urheberrechts und der Wahrung der Vertraulichkeit bei der Inanspruchnahme von Dienstleistern.“

Bei Großschäden sind Anwälte am stärksten betroffen

Zu den künftig besonders betroffenen Berufsgruppen gehören übrigens Unternehmensberater, Wirtschaftsprüfer, Buchhalter, Architekten, Ingenieure, Anwälte und PR-Berater. So seien laut AGCS-Angaben bei Großschäden (Schäden über eine Million Euro) Anwälte am stärksten betroffen (30%), gefolgt von Baufachleuten (27%). „Obwohl sich die Risiken unterscheiden, sind diese Berufe mit zivilrechtlichen Haftungsrisiken konfrontiert, die nicht ignoriert werden sollten“, erklärt Assef. Die Risiken erstreckten sich von Anschuldigungen wegen Fahrlässigkeit, nicht entdeckten Betrugsversuchen oder Unterlassungstatbeständen, über Falschdarstellungen bis hin zu unbeabsichtigten Vertragsverletzungen oder Verletzungen geistigen Eigentums. (as)

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