In den letzten Jahren hat sich ein regelrechter „Run“ auf Maklerbestände entwickelt. Auch kleinere Makler treten zunehmend häufig als Käufer von Maklerbeständen auf. Und das in dem guten Glauben, unternehmerisch eine sinnvolle Handlung zu vollziehen. Das kann es in vielen Fällen auch sein – und dann rechnet sich die Investition in einen zusätzlichen Maklerbestand auch doppelt und manchmal auch dreifach:
Kauft ein Makler einen anderen Makler im Rahmen einer Unternehmensnachfolge, dann führt das in der Regel dazu, dass die Umsatzbasis der beiden Maklerunternehmen – also des kaufenden Maklers und des übernommenen Maklerunternehmens – erhalten bleiben. Der übernehmende Makler, der bisher sein Einkommen aus nur einem Maklerunternehmen bezogen hat, bezieht von jetzt ab sein Einkommen aus zweien.
Wir haben beim Resultate Institut vor Kurzem beispielsweise ein Projekt begleitet, bei dem ein Makler mit ca. 500.000 Euro Jahresumsatz das Unternehmen eines Seniormaklers mit ca. 280.000 Euro Jahresumsatz übernommen hat. Das übernommene Maklerunternehmen hatte es bei der Bewertung auf ca. 440.000 Euro gebracht, das übernehmende hatten wir grob überschlagen unter Anwendung des modifizierten Ertragswertverfahrens mit ca. 480.000 Euro bewertet. Dass die Unternehmenswerte sich gar nicht so stark unterschieden haben, lag in der Tatsache begründet, dass das kaufende Maklerunternehmen seine Umsätze teurer erkaufen musste, weil es dafür mehr und besser ausgebildetes Personal benötigt hat.
Synergiepotenziale nutzen
Für den kaufenden Makler hat sich die Übernahme des kleineren Maklers doppelt gelohnt: Er konnte nicht nur die Umsatz- und Ertragsbasis beider Unternehmen erhalten, sondern er konnte durch das Zusammenlegen der beiden Unternehmen erhebliche Synergiepotenziale heben. Aus zweien wurde ein Standort und die Mitarbeiterzahl konnte reduziert werden. Der Finanzmittelüberschuss beider Unternehmen zusammen nach Steuern stieg um fast 80.000 Euro.
Im Grunde lohnt sich der Deal für den Käufer nicht nur doppelt, sondern dreifach, denn der steigende Finanzmittelüberschuss führt auch zu einem drastisch gestiegenen Unternehmenswert, der sich um zusätzliche 450.000 Euro erhöhte. Ein „unsichtbarer“ Vermögenszuwachs, den der Käufer nicht oder erst bei einem späteren Verkauf zu einem niedrigen Steuersatz versteuern muss.
Bestandskauf lohnt nicht immer
Das Geschäft hat sich also für den Käufer absolut gelohnt. Das ist allerdings nicht immer so. Muss ein Käufer beispielsweise den ausscheidenden Seniormakler durch einen neuen Mitarbeiter ersetzen, kann er oder sie den Umsatz nicht in voller Höhe halten und kann er auch sonst keine Synergiepotenziale heben, sinkt durch den Kauf möglicherweise sogar der Unternehmenswert insgesamt. Dann hat der Käufer des Bestands „mit Zitronen gehandelt“ und sogar Kapital vernichtet. Wer Bestände kauft, weil angeblich alle anderen auch Bestände kaufen, handelt also nicht automatisch sinnvoll und wirtschaftlich.
Über den Autor
Andreas W. Grimm ist Gründer des Resultate Institut und beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung. Gemeinsam mit AssCompact hat er den Bestandsmarktplatz initiiert.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 06/2023, S. 86, und in unserem ePaper.
Bild: © adragan – stock.adobe.com
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