In den vergangenen Jahren haben sich die Gerichte immer wieder mit der Frage auseinandersetzen müssen, wann eine Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung (PKV) ausreichend begründet ist. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Urteil die Rechtsprechung in diesem Bereich um einen weiteren Aspekt ergänzt. Demnach ist eine Prämienanpassungsklausel in der PKV, nach welcher der Versicherer die Beiträge bei einer Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Leistungen um weniger als 10% überprüfen und anpassen kann, aber nicht muss, wirksam.
Vorinstanzen gaben dem PKV-Versicherten recht
Im vorgelegten Fall war der Kläger bei dem beklagten Versicherer privat kranken- und pflegeversichert, einschließlich einer Krankentagegeldversicherung. Laut abgeschlossenem Versicherungsvertrag könnten sich Leistungen zum Beispiel wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Daher vergleiche der Versicherer zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten, heißt es in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen.
Laut gesetzlichen Vorschriften ist vorgesehen, dass der Versicherer die PKV-Tarife anzupassen hat, wenn von einer längerfristigen Abweichung der erforderlichen Leistungen vom kalkulierten Umfang um mehr als 10% auszugehen ist. Nach dem Vertrag im vorgelegten Einzelfall war das aber auch schon ab einer Abweichung von mehr als 5% möglich, jedoch nicht zwingend. Daher hielt der PKV-Versicherte die Beitragserhöhungen für unrechtmäßig und bekam von den Vorinstanzen recht. Der PKV-Versicherer hingegen sah sich im Recht und legte beim BGH Revision gegen das Urteil der Vorinstanz ein.
BGH: PKV-Versicherter wird nicht unangemessen benachteiligt
Der BGH gab schließlich der Revision des Versicherers statt. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Klausel nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweiche. Vielmehr erlaube es das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), einen zusätzlichen niedrigeren Schwellenwert in den Versicherungsbedingungen festzusetzen – auch um größere Prämiensprünge zu vermeiden.
Außerdem benachteilige die Klausel Versicherte auch nicht unangemessen. Sie erlaube dem Versicherer, die Prämien in beide Richtungen anzupassen – also sowohl zu erhöhen als auch zu senken -, ohne den Versicherer dazu zu verpflichten. In diesem Sinne dient diese Berechtigung zur Prämienanpassung nicht der Durchsetzung eigener Interessen des Versicherers zu Lasten des Versicherungsnehmers, sondern auch den Belangen der Versichertengemeinschaft sowie zu einer Verstetigung der Prämienanpassungen, so der BGH.
Die Richter am BGH verwiesen den Fall daher zurück an das Oberlandesgericht Rostock, das den Fall neu verhandeln muss. (as)
BGH, Urteil vom 12.07.2023 – Az. IV ZR 347/22
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